Trauer am Arbeitsplatz: Wie sieht der richtige Umgang aus?

    Wenn Kollegen trauern:Mit Trauer am Arbeitsplatz richtig umgehen

    von Nora Mahmoud
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    Bei einem Trauerfall helfen Angehörige und Freunde durch die belastende Zeit. Doch am Arbeitsplatz fühlen sich Betroffene oft allein gelassen. Was tun, damit Trauer kein Tabu wird.

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    Trauer ist ein Thema, das jeden treffen kann. Neben besonderen Lebensereignissen sind es in der Regel Todesfälle, die große Trauer auslösen. Wer hat nicht schon erfahren, wie schmerzlich es ist, einen geliebten Menschen, nahen Angehörigen oder guten Freund zu verlieren.
    Tod und Trauer bedeuten für viele einen tiefen Einschnitt im Leben. Trauerbegleiter Uli Munck weiß:

    Eine gesunde Trauerkultur kann Trauernden enorm helfen, mit ihren Gefühlen und ihrem Schmerz klarzukommen.

    Uli Munck, Trauerbegleiter

    Klare Kommunikation mit Trauernden wichtig

    Er selbst hat vor zehn Jahren seinen Sohn verloren. Eine klare Kommunikation mit dem Trauernden über die seelische Krise, echte Anteilnahme, Wertschätzung und Respekt auch im beruflichen Umfeld seien in dieser belastenden Zeit wichtig.
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    Trauer ist sehr individuell und unterscheidet sich in Qualität, Intensität, Verlauf und Dauer. Was Trauer mit Menschen macht, ist daher nicht vorhersehbar. Zudem unterscheiden sich ihre Bedürfnisse.

    Nicht nur das Privatleben, auch das berufliche Umfeld ist davon betroffen. Es gibt Trauernde, die morgens kaum aus dem Bett kommen und nicht in der Lage sind, wie gewohnt weiterzuarbeiten. Andere stürzen sich in die Arbeit und versuchen, den Verlust und Schmerz zu verdrängen.

    Jeder Trauernde muss für sich herausfinden, wie er den Verlust am besten verarbeiten kann und wie lange er dafür braucht. Bei der Verarbeitung der Trauer spielt das soziale Umfeld eine entscheidende Rolle.

    Trauer und Tod nicht ignorieren

    Munck weiß aus eigener Erfahrung, dass es Kollegen oft schwer fällt, auf den Trauernden zuzugehen. Die Angst ist groß, etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Die Folge: Betroffene fühlen sich in ihrer Trauer nicht gesehen, von Kollegen gemieden oder im Stich gelassen. "Mein Chef hat mich nie gefragt, wie es mir geht. Kollegen sind mir aus dem Weg gegangen. Das verletzt", sagt Munck.
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    Für Betroffene ist es aber eine zusätzliche Belastung, wenn es keine Rahmenbedingungen in Unternehmen gibt, die das Trauern zulassen. Dazu gehört zum Beispiel ein Ansprechpartner, der auf den Trauernden zugeht.

    Häufig sind Unternehmen und deren Mitarbeiter überfordert, wenn Trauer und Tod plötzlich den Arbeitsalltag überschatten.

    Uli Munck, Trauerbegleiter

    Er hat mit vielen Trauernden über ihre Erfahrungen gesprochen. Die meisten erleben Trauer als Tabuthema im Betrieb. "Es gibt kein Patentrezept für Unternehmen, das Wichtigste aber ist, auf den Trauernden zuzugehen", erklärt der Trauerbegleiter.

    • Schulungen zum Thema Krisen und Sterben in Anspruch nehmen.
    • Unterstützung von außen holen, z.B. von ausgebildeten Trauerbegleitern oder Psychotherapeuten.
    • Präventiv ein betriebliches Notfallmanagement für den Umgang mit Trauernden aufbauen.
    • Richtlinien für betriebsinternes Trauermanagement festlegen: Wer kondoliert? Wer sucht den Kontakt zum Trauernden?

    Arbeitgeber hat Fürsorgepflicht

    Wenn Mitarbeiter trauern, sind Unternehmen in ihrer Fürsorgepflicht gefordert. Es gibt Trauernde, die mit ihren Vorgesetzten und Kollegen über den Verlust reden möchten. Andere wollen nicht, dass ständig jemand in der Bürotür steht und nach dem Befinden fragt.
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    Im Gespräch mit dem Trauernden sollten solche und andere wichtige Fragen geklärt werden, etwa: Was können wir für dich tun? Brauchst du reduzierte Arbeitszeiten oder eine längere Auszeit? Dürfen wir eine Trauerbegleitung im Betrieb für dich organisieren?
    Grundsätzlich sollten alle im Unternehmen eine wertschätzende und mitfühlende Haltung einnehmen. Diese kommt zum Ausdruck, indem man persönlich und individuell kommuniziert und sich auch Gedanken um organisatorische Dinge macht, etwa wer dem Trauernden kondoliert oder ob jemand aus dem Betrieb auf die Beerdigung kommt.
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    Trauer nicht übergehen

    Gar nicht zu fragen, wie es dem Mitarbeiter geht oder die Trauer zu übergehen, ist unangebracht. Unternehmen riskieren damit, dass die Loyalität des Mitarbeiters schwindet. Langfristig verlassen sie dann auch eher den Betrieb. Einigen Betroffenen fällt es außerdem ohne Unterstützung schwer, ihrem Arbeitsalltag nachzugehen. Sie fallen in der Folge länger aus.

    Trauer am Arbeitsplatz kann jeden Mitarbeiter in einem Unternehmen betreffen. Betriebe sollten Trauer nicht tabuisieren. Führungskräfte oder Personalverantwortliche sollten zeitnah das Gespräch mit dem trauernden Mitarbeiter suchen und individuelle Bedürfnisse abklären.

    Mitarbeiter honorieren es, wenn Unternehmen in einer Krisensituation für sie da sind. Dadurch wird die Mitarbeiterverbindung nachhaltig gestärkt. Eine gesunde Trauerkultur kann dazu führen, dass die betroffenen Mitarbeiter arbeitsfähig bleiben. Somit profitieren Unternehmen auch in finanzieller Hinsicht.

    Wichtig ist eine klare Kommunikation zu den Bedürfnissen des Trauernden mit Kollegen und Vorgesetzten. Außerdem das Erarbeiten von individuellen Lösungen, z.B. Homeoffice statt Großraumbüro, kürzere Arbeitszeiten oder andere Aufgabengebiete in der Trauerphase. Außerdem kann eine professionelle Begleitung etwa durch einen Psychotherapeuten den Trauernden, das Team und die Führungskräfte entlasten.

    Sonderurlaub bei Todesfall

    Für Angestellte und Beamte sind freie Tage bei einem Todesfall gesetzlich verankert. Verstirbt der Ehe- oder Lebenspartner, das Kind oder die Eltern, stehen dem Trauernden zwei Tage Sonderurlaub zu. Häufig lassen sich Betroffene darüber hinaus vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.
    Firmen können auf freiwilliger Basis mehrere Tage unbezahlten Sonderurlaub gewähren. Zudem können sie Trauernde eine Zeit lang aus Bewertungssystemen wie Leistungsbeurteilungen, Boni und Prämien bei Kundenakquise herausnehmen.

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