Regelungen für Ernstfall treffen:Vorsorgevollmacht: Wer entscheidet für mich?
von Sven-Hendrik Hahn
15.01.2023 | 09:20
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Ist man nach einem Unfall nicht mehr in der Lage über medizinische Behandlungen zu bestimmen, schafft eine Vorsorgevollmacht Sicherheit. Seit 1. Januar 2023 gibt es neue Regeln.
Partner entscheiden vieles gemeinsam. Man wünscht sich oft auch, dass der andere im Notfall wichtige Entscheidungen trifft, wenn man nicht mehr für sich sprechen kann. Doch das ist keineswegs so, warnt Simone Weidner von der Stiftung Warentest:
Wer niemanden beauftragt hat, wer keine Vorsorgevollmacht erteilt hat, muss damit rechnen, dass der Staat im Ernstfall einspringt.
Simone Weidner, Juristin
Das bedeute, dass unter Umständen von einem Betreuungsgericht ein Betreuer eingesetzt werde: "Beispielsweise wenn es um das Beenden oder Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen geht."
Vorsorgevollmacht regelt Behandlungen, Bankgeschäfte und mehr
Mit einer schriftlichen Vorsorgevollmacht bestimmt man, wer für einen handeln darf, wenn man es selbst nicht mehr kann. Sie ist ein einfaches Schriftstück mit weitreichenden Folgen. Denn die oder der Bevollmächtigte entscheidet je nach Ausgestaltung über medizinische Behandlungen, Bankgeschäfte oder auch über Themen wie Hausverkauf und Umzug in ein Pflegeheim.
Dafür braucht diese Person einen schriftlichen Auftrag, die Vorsorgevollmacht. Sie ergänzt die Patientenverfügung, in der dargelegt ist, welche Behandlung oder Nichtbehandlung man sich beispielsweise bei einem Hirntod wünscht. In der Vorsorgevollmacht wird eine Person benannt, die diesen Willen umsetzt und weitere Maßnahmen ergreift.
Klare Zuständigkeiten bei mehreren Bevollmächtigten
Für Juristin und Buchautorin Weidner ist die Wahl der Bevollmächtigten enorm wichtig. Das können auch mehrere Personen sein: "Zwei erwachsene Kinder, wo der Sohn Arzt ist und die Tochter Bankerin, dann ist es sehr sinnvoll, den Sohn mit der Gesundheitssorge zu bevollmächtigen und die Tochter mit den Finanzangelegenheiten", so die Expertin. Aber die Bereiche müssen klar getrennt sein:
Sonst kann es dazu führen, dass es dann, wenn es um lebenserhaltende, verlängernde Maßnahmen geht, auch zum Streit kommen kann.
Simone Weidner, Stiftung Warentest
Neuregelung 2023: das Notvertretungsrecht
Bisher waren Verheiratete nicht automatisch Bevollmächtigte des Ehepartners. Das ist seit Anfang des Jahres anders - teilweise: Es gibt ein Notvertretungsrecht. Damit dürfen nämlich Verheiratete und eingetragene Lebenspartner in einer medizinischen Notsituation gesundheitliche Entscheidungen treffen.
Aber: Das gilt nur für sechs Monate und ausschließlich für gesundheitliche Bereiche. Den Zugriff auf Geldgeschäfte oder sonstige Bereiche umfasst das nicht! Daher der Tipp von Simone Weidner: In jedem Fall eine Vorsorgevollmacht ausfüllen. Zumal nicht zwangsläufig der Ehepartner der beste Bevollmächtigte sein müsse:
Man kann sich durchaus mal überlegen: Ist meine Ehepartnerin, mein Ehepartner die richtige Person, um mit Ärzten lebenswichtige Entscheidungen zu treffen?
Simone Weidner, Stiftung Warentest
"Traue ich das meinen Kindern zu? Oder ist es vielleicht meine Cousine, die in solchen Angelegenheiten kompetent ist, oder ein Freund?", so Weidner weiter. Verantwortung kann unter Umständen eine Belastung sein.
Vorsorgeregister und Vorlagen für Vorsorgevollmachten
Um bei der Vorsorgevollmacht Fehler zu vermeiden, sollte man sich an Mustern aus dem Internet orientieren. Das Bundesjustizministerium liefert eine Vorlage, ebenso die Stiftung Warentest, Betreuungsvereine oder auch die Verbraucherzentralen. Anwälte und Notare können beraten, das ist aber mit Kosten verbunden.
Wichtig: Die Vertrauenspersonen sollten wissen, wo die Vorsorgevollmacht liegt, bzw. eine Kopie haben. Man kann sie auch beim Zentralen Vorsorgeregister anmelden.
Das kostet ab 20 Euro, aber dann erfahren Kliniken und Ärzte sofort, dass es eine Vorsorgevollmacht oder auch eine Patientenverfügung gibt. Mit diesen Maßnahmen ist sichergestellt, dass nur Menschen, die einem nahestehen, existentielle Entscheidungen treffen.
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