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Mäzen Martin Kind im Fokus:Investorenstreit: Sollbruchstelle Hannover 96
von Christian Otto
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Braucht der deutsche Profifußball mehr Investoren? Bei Hannover 96 sorgt diese Frage für tiefe Gräben. Geldgeber Martin Kind hat chronischen Zoff mit den eigenen Fans.
Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96
Quelle: dpa
Anfeindungen sind seine ständigen Begleiter. "Ich kenne das seit 20 Jahren", sagt Martin Kind gelassen. Als Funktionär und Investor hat er beharrlich versucht, den einst maroden Sportverein Hannover 96 in eine solvente Fußballfirma zu verwandeln. Vom harten Kern der Fans wird er dafür verflucht. Weil Kind darauf stur reagiert, wird er regelmäßig angefeindet.
In Hannover hat ein Streitthema Routine, das wegen des geplanten Investoreneinstiegs bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) gerade alle großen Stadien erreicht. Wer wie Kind mehr Einfluss für Geldgeber einfordert, wird zum Fan-Buhmann. Im Stadion des Hamburger SV haben 96-Fans zuletzt ein Plakat hochgehalten, das das Konterfei von Kind in einem Fadenkreuz zeigte. Der Geschmähte erstattet deshalb Anzeige. Er fühlt sich bedroht.
Sorge vor Spitzenspiel gegen Fürth
Im Dezember 2023 hatte die Mehrheit der deutschen Klubs aus Liga eins und zwei dafür votiert, dass Investoren bei der DFL willkommen sein sollen. Kind schweigt sich seitdem dazu aus, wie er als Vertreter von Hannover 96 abgestimmt hat. Ihm wird unterstellt, er habe den Wunsch des Stammvereins ignoriert und mit Ja gestimmt.
Der deutsche Profifußball ebnet den Weg für den Einstieg eines Investors: Trotz Fan-Widerstand brachte eine Abstimmung der Erst- und Zweitligisten die nötige Zweidrittelmehrheit.11.12.2023 | 2:26 min
Auch deshalb ist mit weiteren Protesten zu rechnen, wenn Hannover 96 am Freitag (Anpfiff 18:30 Uhr) die SpVgg Greuther Fürth zum Zweitliga-Spitzenspiel empfängt. Kind und Hannover 96 sind zur Sollbruchstelle des deutschen Profifußballs aufgestiegen.
Drohung an eigene Fans
Bundesweit bringen Fans derzeit ihren Ärger zum Ausdruck, werfen Gegenstände auf das Spielfeld und provozieren Spielunterbrechungen. Bei Hannover 96 hat Kind nun ankündigen lassen, gegen Störenfriede schärfer vorzugehen. "Wir müssen und werden unsere Sicherheitsstrukturen überprüfen und verändern", heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Das von Kind verantwortete Schreiben liest sich wie eine Drohung an die eigenen Fans.
Selbst erfahrene Juristen haben Mühe, das bei Hannover 96 entstandene Firmengeflecht zu bewerten. Dass Martin Kind seit seinem Einstieg 1997 bei den Niedersachsen an allen wesentlichen Entscheidungen beteiligt war, sorgte für Erfolge und jede Menge Ärger.
Die DFL hat Kind – offenbar aus Angst vor einer Klage gegen die 50+1-Regel – das sogenannte Hannover-Modell genehmigt. Es sorgt bei grundlegenden Entscheidungen für eine Pattsituation zwischen Kapital- und Vereinsseite. Genau das ist eigentlich unzulässig.
Was bei Hannover 96 seit Jahren schwelt, lässt sich kaum noch auflösen. Kind bleibt seinem Kurs treu und lässt wenig Fettnäpfchen aus. Seine Kritiker verstehen sich als Bewahrer und vergreifen sich oft im Ton. Im 96-Stadion ist die Atmosphäre seit Jahren belastet bis vergiftet.
Angesichts der Anfeindungen und Provokationen im Stadion will Kind bei Hannover 96 härter durchgreifen lassen. Er stellt für die neue Saison ein verändertes Sicherheitskonzept in Aussicht – mit dem klaren Ziel, gegen Störenfriede resoluter vorgehen zu können.
Das rüde Miteinander zwischen Kind als Kapitalseite, dem mit ihm streitenden Stammverein und den aufbegehrenden Fans steht seit geraumer Zeit unter bundesweiter Beobachtung. Die Kritiker des 79-Jährigen sehen es als erwiesen an, dass bei Hannover 96 die sogenannte 50+1-Regel ausgehebelt wird. Sie begrenzt den Einfluss von Investoren. In Hannover verhindert bei wichtigen Abstimmungen aber eine Pattsituation, dass der Stammverein das letzte Wort hat.
Machtkampf vor Gericht
Was den Kurs von Kind schützt, ist ein von der DFL genehmigtes Hannover-Modell. Es sichert seinen Einfluss auf alles Maßgebliche und steht juristisch auf dünnem Eis. Der Stammverein von Hannover 96 hat vergeblich versucht, Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH absetzen zu lassen. Die Entmachtung scheiterte vor Gericht. Wie sich die streitenden Parteien jemals wieder annähern wollen, bleibt unklar.
Mit jeder Saison, in der Kind bei Hannover 96 genauso viel zu sagen hat wie der Stammverein, macht sich die DFL angreifbar. Sie erteilt einem Verein regelmäßig die Lizenz für den Spielbetrieb, ohne dass dieser ihr Regelwerk beherzigt. Warum eigentlich sollten sportlich abgestiegene Zweitligisten ihren Klassenerhalt nicht vor Gericht einklagen - mit dem Hinweis, dass bei Hannover 96 grundlegende Spielregeln des deutschen Profifußballs nicht eingehalten werden? Solche Risiken in eigener Sache nimmt Kind in Kauf.
DFL gerät unter Druck
Viele Fans, die im Stadion laut aufbegehren, wünschen sich mehr Dialog und Transparenz. Die DFL gerät in der Frage, ob ihre nicht-öffentliche Abstimmung über den Einstieg von Investoren zeitgemäß war, immer mehr unter Druck. Kind sieht keinen Raum für Kompromisse. Der Vorgang ist aus seiner Sicht formaljuristisch abgeschlossen. Es sind nüchterne Einschätzungen wie diese, die ihn als Fußball-Macher so unnahbar wirken lassen.
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