Fußball: TSG Hoffenheim am Scheideweg

    Fußball - Bundesliga:TSG Hoffenheim am Scheideweg

    von Ralf Lorenzen
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    Die TSG Hoffenheim steckt nicht nur im Abstiegskampf. Diskussionen gibt es auch über die Rolle von Dietmar Hopp. Die Stimmenmehrheit hat er abgegeben, wie viel Macht bleibt ihm?

    Fußball: Dietmar Hopp (1899 Hoffenheim).
    Ohne Dietmar Hopp stünde die TSG Hoffenheim nicht da, wo sie ist. Doch wird das Engagement des Mäzens zum Problem? Sportjournalist Manu Thiele analysiert die Situation bei 1899.27.04.2023 | 14:23 min
    Bei vielen gegnerischen Fußball-Fans ist Dietmar Hopp die Reizfigur Nummer 1. Im Frühjahr 2020 führten beleidigende Plakate gegen den Mehrheitsgesellschafter der TSG Hoffenheim in Dortmund fast zum Spielabbruch. Für die Kritiker gilt die TSG als Inbegriff eines "Plastikklubs", der ohne das Geld seines Mäzens nie in den Profi-Fußball gekommen wäre.

    Protestbrief von Hoffenheimer Fans

    Seit einiger Zeit bekommt Hopp auch Gegenwind aus den eigene Fanreihen. In einem offenen Brief wirft ihm die Gruppe "Youngboyz 07" vor, zu viel Einfluss zu nehmen und damit im Endeffekt die aktuelle sportliche Krise mit verursacht zu haben.
    So sei bei der Zusammensetzung der Geschäftsführung "Fachkompetenz und die Nähe zu Mannschaft und Fans durch Nähe zum Gesellschafter" ersetzt worden. Bereits im Sommer 2021 war nach der Abberufung des bei den Fans beliebten Geschäftsführers Peter Görlich auf einem Transparent zu lesen: "Wer den Sonnenkönig kritisiert, wird schnellstmöglich aussortiert".

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    Die sportliche Situation hat sich seit Erscheinen des Briefs im Februar zwar verbessert, die Abstiegsgefahr ist für den Tabellen-Vierzehnten nach der 1:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln aber noch akut. Und auch die Einflussnahme von Hopp wird weiter beargwöhnt.

    Einflussnahme bleibt intransparent

    "Er kennt sich vielleicht im Management gut aus, im Software-Bereich, - aber doch nicht, wenn es um Personalentscheidungen im Fußball geht", sagt Podcaster David Riess (Hoffefunk) im aktuellen Bolzplatz von Manu Thiele über Hopp.
    22.04.2023, Baden-Württemberg, Sinsheim: Fußball: Bundesliga, TSG 1899 Hoffenheim - 1. FC Köln, 29. Spieltag, PreZero Arena. Kölns Jonas Hector jubelt über das Tor zum 0:3.
    Die TSG Hoffenheim hat gegen den 1. FC Köln einen empfindlichen Dämpfer im Abstiegskampf kassiert. Das Team von Trainer Steffen Baumgart setzte sich mit 3:1 in Sinsheim durch.24.04.2023 | 7:37 min
    Wie viel Macht der 82-Jährige aus seinem Investment von 350 Millionen Euro und seiner historischen Bedeutung für den Klub heute tatsächlich noch ableitet, ist unklar. "Wir wissen mittlerweile relativ sicher, dass er seine Meinung äußert, aber wie sehr er darauf besteht, ist völlig unklar", sagt Riess. Es täte Dietmar Hopps Ansehen im Kraichgau nicht gut, dass das "ein bisschen intransparent" sei.

    Kaufen und verkaufen

    Formal verliert Hopp gerade sogar die Macht, über die Geschäftsführung bestimmen zu können. Nach Intervention des Bundeskartellamtes an den Ausnahmeregelungen einiger Klubs von der 50-plus-1-Regel hat Hopp seine Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung ohne Entschädigung an den Stammverein freiwillig zurückgegeben.
    Lange Zeit funktionierte das Konzept, mit dem sich die TSG Hoffenheim in den letzten Jahren auf eigene Füße gestellt hat. "Wir werden immer auf Transfer-Erlöse angewiesen sein", sagte Hopp vor ein paar Jahren.

    Dazu gehört dann zwangsläufig, dass gute Spieler den Verein auch wieder verlassen.

    Dietmar Hopp

    "Das ist unser Konzept, und wir brauchen eben Spieler wie Roberto Firmino, Kevin Volland oder Niklas Süle, die wir entdecken oder ausbilden und dann verkaufen."

    Enge Bindung zur Berateragentur

    Ein Großteil der Hoffenheim-Transfers wurde mit der Berateragentur Rogon von Roger Wittmann abgewickelt, einem Freund und Geschäftspartner von Hopp. "Dieses enge Verhältnis ist schon schwierig, weil teilweise über die Köpfe der Verantwortlichen hinweg Spieler verpflichtet werden und auch wieder verkauft werden", sagt "kicker"-Redakteur Michael Pfeifer im Bolzplatz.
    15.04.2023, München: Dayot Upamecano, Thomas Müller, Ryan Gravenberch, Jamal Musiala und Joshua Kimmich (alle FC Bayern München) stehen nach dem Spiel gegen TSG Hoffenheim auf dem Platz
    Der FC Bayern hat im Kampf um den Titel weitere Punkte liegen lassen. Der Rekordmeister kam zuhause gegen die über weite Strecken gleichwertige TSG Hoffenheim nur zu einem 1:1.17.04.2023 | 9:52 min
    Erst recht rückte das Verhältnis in den Blickpunkt, als Stürmer Georginio Rutter angeblich auf Betreiben von Rogon für 40 Millionen Euro Ablöse an Leeds United verkauft wurde. Zur Zerreißprobe im Klub kam es dann, als Wittmann nach der Trennung von Trainer André Breitenreiter versucht haben soll, einen eigenen Kandidaten zum Nachfolger zu machen.

    Wenn da der Kandidat Wittmanns durchgekommen wäre, hätte es einen großen Knall geben können, ich weiß nicht, wer da alles hingeworfen hätte.

    Michael Pfeifer, "kicker"-Redakteur

    Trainer wurde dann das Eigengewächs Pellegrino Matarazzo, der den Klub aus der gröbsten Gefahr herausführte. Aber selbst, wenn die Kraichgauer den Abstieg verhindern sollten, bleibt die Frage offen, in welche Richtung sich das fragile Konstrukt der TSG Hoffenheim weiterentwickelt.

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