Kaum Spannung in der Vorrunde: Warten auf den ersten WM-Coup

    Kaum Spannung in der Vorrunde:Warten auf den ersten WM-Coup

    von Frank Hellmann, Sydney
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    Überraschungen halten sich bei der Frauenfußball-WM mit 32 Teams bisher in Grenzen. Sieben Außenseiter und Neulinge sind schon raus. Underdog Jamaika muss noch gegen Brasilien ran.

    Trainer Lorne Donaldson und seine Spielerinnen nach dem Spiel gegen Frankreich.
    Trainer Lorne Donaldson und seine Spielerinnen wollen bei der WM für Furore sorgen.
    Quelle: AFP

    Für Lorne Donaldson ist die Angelegenheit ziemlich klar. Dass seine Spielerinnen aus Jamaika wie schon bei der WM 2019 in Frankreich wieder bei einer Endrunde mitspielen, sei ein Segen für die "Reggae Girlz". Und für den Fußball.

    Fröhliche Fußballerinnen aus der Karibik

    Tatsächlich ist die aus der Karibik nach Australien transportierte Fröhlichkeit ansteckend. Die Fußballerinnen aus der Karibik könnten gegen Brasilien am Mittwoch (12 Uhr MESZ/sportschau.de-Livestream) tatsächlich einen WM-Favoriten aus dem Turnier kegeln.
    "Meine Spielerinnen entwickeln sich", betont Donaldson, "weil einige die Chance bekommen haben, in den Topligen zu spielen." Fast die Hälfte seines Kaders steht in den USA oder England unter Vertrag, Topstürmerin Khadija Shaw zum Beispiel bei Manchester City. Für den Nationalcoach schließt sich die Lücke gerade.

    Kleine Länder haben verstanden: Wir haben nicht die Ressourcen wie die großen Nationen, aber bei den Trainern und beim Staff tun wir mehr.

    Lorne Donaldson

    Kleine Stellschrauben mit großer Wirkung.

    Trainer Renard: Fußball wächst zusammen

    Frankreichs neuer Nationaltrainer Hervé Renard findet, dass der Fußball "immer näher zusammenrückt". Der Mann muss es wissen: Er hatte Saudi-Arabien bei der Männer-WM in Katar zur Sensation gegen Argentinien gecoacht, und Lionel Messi damit vielleicht den Ansporn zum Titelgewinn gegeben. Jenes Turnier bot bekanntlich in der Gruppenphase Spannung ohne Ende. Die deutsche Nationalelf war ein Leidtragender der Dramatik mit dem Aus am letzten Spieltag.
    Doch für die Frauen-WM kommt solche Spannung nur bedingt auf Wiedervorlage. Costa-Rica, Sambia, Irland, Vietnam, Panama, Neuseeland und die Philippinen sind als erste Teams ausgeschieden. Also die Außenseiter und Neulinge. Dass am Montag mit Olympiasieger Kanada (0:4 gegen Gastgeber Australien) einer der Mitfavoriten nach der Vorrunde die Segel streichen musste, blieb die Ausnahme. Die arrivierten Nationen sind im Achtelfinale fast unter sich.
    "Das ist in diesem Jahr schon nochmal ein Step, den einige Länder gemacht haben", hat Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) festgestellt.

    Egal ob im Männer- oder im Frauenfußball, es gibt keine Großen mehr.

    Joti Chatzialexiou

    Dennoch sind die Topnationen "in der Kognition, in der Spielgeschwindigkeit überragend".

    Chatzialexiou: Debütanten überfordert in der Offensive

    Vor allem Japan, Spanien, USA, aber auch Schweden fallen ihm als Titelfavoriten als erstes ein. Ein Geheimfavorit ist für ihn Brasilien: "Sie sind inzwischen sehr weit weg von einer Abhängigkeit von Marta. Brasilien wird mit Sicherheit auch ein Wörtchen mitreden, was den WM-Titel angeht."
    Grundsätzlich findet Chatzialexiou die Aufstockung von 24 Teams auf 32 richtig: "Die Spiele waren immer sehr, sehr eng auf einem sehr guten Niveau." Es sei erkennbar, "dass auch kleinere Nationen athletischer geworden sind, dass sie sich sehr stark verbessert haben". Doch die Debütanten sind meist gut geordnet in der Defensive, aber oft überfordert in der Offensive. Manch einer scheint froh, nicht den Ball besitzen zu müssen.

    Silvia Neid war bei der Erweiterung skeptisch

    Die beim DFB für Trendscouting zuständige Silvia Neid hatte zuvor die Erweiterung skeptisch beäugt: "Das ist aus meiner Sicht ein bisschen zu früh. Aber das haben wir auch schon gesagt, als von 16 auf 24 Teams aufgestockt wurde." Es ist wie so oft eine Frage der Perspektive: Die Entwicklung durch ein WM-Erlebnis fördern - oder lieber warten?

    FIFA-Präsident Gianni Infantino hat analog zu den Männern auch für die Frauen die "beste und größte WM aller Zeiten" ausgerufen. Übers Niveau hat er bislang nicht viel gesagt. Vielleicht ist es dafür auch noch zu früh. Erst am Wochenende wird es für die großen Frauenfußball-Nationen richtig ernst. Dann werden die Achtelfinals ausgespielt.
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