Respekt für Schiris: Was Fußball vom Rugby lernen kann

    Respekt für Schiedsrichter:Was Fußball vom Rugby lernen kann

    von Ralf Lorenzen
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    Die Diskussion über die zunehmende Gewalt gegen Schiedsrichter im Amateurfußball führt zum Blick auf andere Sportarten: Dort werden Schiedsrichter durch die Bank mehr respektiert.

    Kalyn Ponga und Phoenix Crossland diskutieren mit Schiedsrichter Peter Gough.
    Immer schön Abstand halten zum Schiri beim Rugby
    Quelle: imago

    "Mit jedem Spiel werden die Entscheidungen knapper und die Atmosphäre hitziger! Und dennoch - irgendwie liegt ein unglaublicher Geist des Fairplays über den Begegnungen." So hieß es Anfang des Jahres auf der Website des DFB über die letzte Weltmeisterschaft. Dass es dabei nicht um die Fußball-WM in Katar, sondern um die Handball-WM in Polen und Schweden ging, wurde von Satz zu Satz deutlicher.

    Keine Nickeligkeiten in der Mixed Zone

    "Nach dem Spiel klatschen sich alle Spieler*innen ab und umarmen sich - auch, wenn sie sich zuvor auf dem Feld keinen Zentimeter geschenkt haben", heißt es weiter.

    Da ist kein Raum für respektlose und unsportliche Nickeligkeiten in der Mixed Zone, wie sie beispielsweise Lionel Messi bei der WM gegen den Niederländer Wout Weghorst gezeigt hat.

    DFB-Bericht zur Handball-WM

    Von anderen Sportarten lernen - wie der Beitrag überschrieben war: Das ist für den Fußball nichts Neues. Besonders vom Feld-Hockey wurden in der Vergangenheit spieltaktische Impulse übernommen. Aber von anderen lernen zu wollen, wie sie respektvoll mit Schiedsrichtern umgehen, das sind neue Töne für den größten Sportverband der Welt.

    Umfrage: Keine Gewalt gegen Schiris in anderen Sportarten

    Es sind vor allem zwei Tendenzen, die ihn zu diesem Schritt bewegen: die zunehmende Zahl an Spielabbrüchen aufgrund von verbalen und körperlichen Attacken gegen Schiedsrichter sowie die abnehmende Zahl an jungen Menschen, die bereit sind, überhaupt Schiedsrichter zu werden.
    Eine Umfrage der Deutschen Welle kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie unter den anderen Mannschaftssportarten in Deutschland hat ergeben, dass physische Gewalt gegen Amateurschiedsrichter dort gar nicht oder nur als absolute Ausnahme vorkommt.

    DFB kämpft gegen den Trend
    :Tatort Spielfeld: Schiris werden Mangelware

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    von Ralf Lorenzen
    Schiedsrichter und Assistent bei einem Kreisligaspiel
    Allenfalls verbale Anfeindungen wurden gelegentlich registriert. Dies betrifft nicht nur relativ kontaktarme Sportarten wie Volleyball, sondern neben dem Handball auch die nicht minder körperbetonten Mannschaftssportarten Rugby und Eishockey.

    Football: Bereits Anfassen führt zum Feldverweis

    Auch im Football-Sport ist die Problematik "vollkommen unbekannt", wie Robert Huber, der ehemalige Präsident des American Football Verbands Deutschland (AFVD) der Deutschen Welle sagte. "Bereits das Anfassen eines Schiedsrichters führt zum sofortigen Feldverweis."
    Es kann also nicht mit der Zweikampfhärte einer Sportart zu tun haben, ob sich Druck und Aggressionen gegen den Schiedsrichter wenden. Die Gründe sind eher im Regelwerk und der gelebten Kultur einer Sportart zu suchen.

    Rugby und Eishockey: Nur Kapitäne dürfen reden

    So dürfen sich beim Rugby und Eishockey nur die Kapitäne in der Nähe der Schiedsrichter aufhalten. Sie bekommen eine Entscheidung erklärt und erläutern sie dem Team. Im Fußball fehlt die deeskalierende Sperrzone, stattdessen sind im Profibereich Versuche der verbalen Beeinflussung aus nächster Nähe an der Tagesordnung - und geben ein schlechtes Beispiel für alle anderen ab.

    Im Fußball ist es etabliert, dass die Spieler mit dem Schiedsrichter relativ offensiv in die verbale Auseinandersetzung gehen.

    Christian Gaum, Sportpädagoge

    Weiter sagte Sportpädagoge Gaum in der Hanauer Zeitung: "In vielen vergleichbaren Ballsportarten ist das nicht der Fall. Rugby zum Beispiel zeichnet sich auf dem Feld durch einen stärkeren Körperkontakt aus, durch mehr körperliche Gewalt. Aber Schiedsrichter werden in ihrer Rolle klarer akzeptiert."

    Handball: Kaum Spielraum für Diskussionen

    Eine ähnliche Diagnose stellt der DFB auf seiner Website auch dem Handball-Sport aus: "Diesem Verhalten zugrunde liegt eine grundsätzliche Akzeptanz getroffener Entscheidungen. Es gibt kaum Spielraum für Diskussionen, und der Fokus liegt stets auf der jeweils nächsten Aktion."
    Damit sich auch der Fußball in diese Richtung ändert, müssten zunächst im Profifußball die Regeln konsequent ausgelegt werden. Das würde zwar die Zahl der gelben und roten Karten in die Höhe schießen lassen - wäre aber ein wichtiges Zeichen für die Basis, dass Schiedsrichter auch im Fußball Respekt verdienen.

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