Vierschanzen-Tournee: Granerud gegen Kubacki - wer macht's?

    Finale der Vierschanzentournee:Granerud gegen Kubacki - wer macht's?

    von Lars Becker
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    Die 71. Vierschanzentournee erlebt ein grandioses Finale zwischen zwei Überfliegern: Halvor Egner Granerud und Dawid Kubacki. Für die DSV-Adler bleibt da nur die Statistenrolle.

    Dawid Kubacki (l) und Halvor Egner Granerud
    Dawid Kubacki (l) und Halvor Egner Granerud in Innsbruck
    Quelle: epa

    Der Vorsprung scheint groß, aber die Herausforderung für Spitzenreiter Halvor Egner Granerud ist mindestens genauso gewaltig. "Es lastet momentan schon viel auf meinen Schultern. Aber ich freue mich auf die Challenge. Mal sehen, welche Emotionen mich in Bischofshofen überwältigen", sagt der 26-Jährige vor dem großen Finale der 71. Vierschanzentournee in Bischofshofen am Freitag (16:30 Uhr/live im ZDF).

    Großer Druck auf Granerud

    Der Überflieger könnte mit dem ersten norwegischen Tournee-Gesamtsieg seit Anders Jacobsen vor 16 Jahren eine lange Leidenszeit für die große Flieger-Nation beenden. Wie groß der Druck ist, sieht man daran, dass eine alte Angewohnheit plötzlich wieder aufgetaucht ist – Granerud streckt in den Sekunden der Anfahrt vor dem Absprung die Zunge heraus:

    Das habe ich schon als Kind immer gemacht, wenn ich mich konzentrieren musste. Dann war es weg und plötzlich mache ich es wieder.

    Halvor Egner Granerud, norwegischer Gesamtführender

    23,3 Punkte Vorsprung auf den zweitplatzierten Polen Dawid Kubacki in der Gesamtwertung – das sind fast 13 Meter - scheinen komfortabel. Allerdings ist Bischofshofen die größte der Tournee-Schanzen, hier kann man schnell mal ein paar Meter verlieren. Und Graneruds Nervenkostüm galt in den vergangenen Jahren immer als sehr fragil in entscheidenden Momenten.
    Vor zwei Jahren zum Beispiel war er als Gesamtweltcup-Bester zur Tournee angereist. Und dann wie später auch bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf an den Erwartungen zerbrochen.

    Kubacki wittert Chance in Bischofshofen

    Beim dritten Tourneespringen in Innsbruck hat Granerud an diese Probleme gedacht, als er nach dem ersten Durchgang zwischenzeitlich fast die Hälfte seines Vorsprungs auf Kubacki verloren hatte. Aber dann holte der Überflieger mit überragenden 133 Metern den besten Sprung seiner Karriere am Bergisel heraus und konnte die gefürchtete Schanze von "Innsbruck auf meine Seite ziehen".
    Trotzdem musste er sich nach den Siegen bei den beiden Tournee-Stationen in Deutschland seinem Erzrivalen Kubacki geschlagen geben, der deshalb seine Chance auf seinen zweiten Tournee-Gesamtsieg wittert.

    Natürlich hat Granerud einen großen Vorsprung. Aber in Bischofshofen ist schon viel passiert und ich kämpfe bis zum letzten Sprung.

    Dawid Kubacki

    Egal, wer das Duell um den Gesamtsieg entscheidet – auch die Gastgeber des Tournee-Finals können sich als Sieger fühlen. Denn sowohl Graneruds Coach Alexander Stöckl als auch Kubackis neuer Trainer Thomas Thurnbichler kommen aus Österreich.
    Die zweite Gastgeber-Nation Deutschland wird dagegen wieder einmal leer ausgehen – der Traum vom ersten Gesamtsieg seit 21 Jahren hat schon in Innsbruck in einem Debakel geendet.

    Favorit bei Vierschanzentournee
    :Granerud und der Traum vom Gesamtsieg

    Halvor Egner Granerud dominiert die Vierschanzentournee 2022/23 fast nach Belieben. Ein Überflieger, der einst nackt die Schanze heruntersprang.
    von Lars Becker
    Halvor Egner Granerud jubelt beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen

    DSV-Adler weit abgeschlagen

    Doppel-Olympiasieger Andreas Wellinger ist als Achter bester Deutscher in der Gesamtwertung mit unglaublichen 101,4 Punkten Rückstand – das sind umgerechnet 56,33 Meter.
    Der größte deutsche Hoffnungsträger Karl Geiger hatte in Innsbruck gar den Sprung in den Wettkampf der besten 50 verpasst. Schon jetzt steht fest, dass die erfolgsverwöhnten Adler eines der schlechtesten Tournee-Ergebnisse aller Zeiten abliefern werden.

    Das ist eine große Prüfung für die ganze Mannschaft. Wir müssen irgendwie aus dem negativen Fahrwasser herauskommen.

    Bundestrainer Stefan Horngacher

    Bischofshofen ist dafür eigentlich ein gutes Pflaster. Andreas Wellinger konnte hier als Dritter von 2018 feiern. Karl Geiger schaffte es in den letzten drei Jahren sogar dreimal in Folge aufs Podest (2020 Zweiter, 2021 und 2022 jeweils Dritter) und sagt: "Ich gebe nicht auf."
    Vielleicht bleibt ja beim großen Duell um die 100.000 Schweizer Franken und den Goldenen Adler für den Tournee-Gesamtsieg diesmal eine kleine Nebenrolle für die deutschen Skispringer.

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