Trotz Sanktionen: Der Rubel rollt für Österreichs Wirtschaft

    Gewinne trotz Sanktionen:Der Rubel rollt für Österreichs Wirtschaft

    Britta Hilpert
    von Britta Hilpert
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    Geschäfte österreichischer Unternehmen in Russland sorgen für Streit: "Fahrlässig" nennen es manche, "vernünftig" andere. Fakt ist: Nichtstun bringt Gewinn.

    Die Hausansicht der Raiffeisen Bank International
    Eine der erfolgreichsten Banken am russischen Finanzmarkt: die Raiffeisen Bank International, die eine Tochter der österreichischen Raiffeisen-Bank ist.(Archivbild)
    Quelle: dpa

    Die österreichische Raiffeisen-Bank trägt zwei gekreuzte Pferdeköpfe im Logo, aber sie ist keine harmlose Bauern-Bank. Ihre Tochter Raiffeisen Bank International (RBI) ist eine der erfolgreichsten Banken am russischen Finanzmarkt: über hundert Filialen, über drei Millionen Kunden.
    Seit Russland die Ukraine überfiel, hat sich daran nichts geändert. Im Gegenteil, 2022 war ein Rekordjahr: 3,6 Milliarden Euro Gewinn. Seit Kriegsbeginn "prüft" RBI einen Rückzug aus Russland - tut es aber nicht. Bei Sanktionen kooperiere man vollumfänglich, heißt es.
    Die RBI darf tatsächlich als eine der wenigen Banken in Russland noch an Swift teilnehmen. Das ist profitabel. Zwischen 50 Prozent (laut "Financial Times") und 25 Prozent (laut RBI) der internationalen Zahlungsbewegungen aus Russland werden mittlerweile über die RBI abgewickelt.

    Hinweise, dass Putin-nahe Oligarchen Geschäfte über RBI abwickeln

    Es gibt aber auch Hinweise, so der "Standard", dass die Putin-nahen Oligarchen Boris und Arkadi Rotenberg (beide stehen auf US- und EU-Sanktionslisten) ihre Geschäfte über die RBI abwickeln. Sogar die US-Behörde OFAC wollte jüngst genauer wissen, wie Sanktionen gegen Russland und RBI-Rekordgewinne zu vereinbaren seien.
    Russische Gewinne dürfen jetzt nicht ausgeführt werden, aber sie liegen bereit für die Zeit nach dem Krieg. Die RBI gehört zu großen Teilen den Raiffeisen-Landesbanken.  Die gelten als ÖVP-nah. Doch die Politik hält sich raus.

    Österreich beruft sich auf "immerwährende Neutralität"

    In Österreich hat die Zeitenwende die Wirtschaft weniger heftig erfasst: Zu Kriegsbeginn wurden russische Oligarchen-Assets nur zögerlich konfisziert, bei der Visavergabe an Mitglieder des russischen Machtzirkels ist die Regierung eher sanftmütig.
    Zum österreichischen Stolz gehört die "immerwährende Neutralität", die sich seit Jahrzehnten auszahlt: Wien versteht sich als Brückenbauer, als Verhandlungsort, etwa bei Gesprächen zwischen dem Iran und den USA. Nach österreichischem Verständnis gehört dazu, dass man Geschäftsbeziehungen erhält, über Kriege hinweg.

    Gasliefervertrag mit Russland läuft bis 2040

    Das gilt besonders für das Energieunternehmen OMV. Österreich hat den Bezug von russischem Gas im Vergleich zu Vorkriegszeiten kaum verringert. Ein Gasliefervertrag läuft bis 2040. Ob der kündbar ist und zu welchen Konditionen? Bundeskanzler Karl Nehammer weiß es nicht, er kenne den Vertrag nicht.
    30 Prozent der OMV-Aktien gehören der Republik, sie sitzt im Aufsichtsrat. "Fahrlässig" nennt es der ehemalige OMV-Direktor Gerhard Roiss, wie sich die Regierung raushält und verweist auf Deutschland: Dort habe man die Abhängigkeit von russischem Gas innerhalb eines Jahres drastisch verringert.

    Viele österreichische Unternehmen haben Russland nicht verlassen

    Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg zitiert dagegen eine Studie: Weniger als zehn Prozent der internationalen Unternehmen hätten sich aus Russland zurückgezogen.

    Man tut immer so, als sei nur eine Bank oder ein österreichisches Unternehmen dort geblieben.

    Alexander Schallenberg, österreichischer Außenminister

    Schallenberg verschweigt aber, dass die Studie feststellt, dass nur halb so viele österreichische Unternehmen Russland verlassen haben als solche aus anderen Ländern. Im "Standard"-Interview sagt Schallenberg:

    Russland wird nicht verschwinden, sondern der größte Nachbar der EU bleiben.

    Alexander Schallenberg, Außenminister Österreich

    "In meinen Augen hat die Bank (RBI) bisher vernünftig agiert, in dem sie abwartet, (...) während alle Szenarien geprüft werden", so Schallenberg weiter.
    Solange der Rubel rollt, wird die "Prüfung" wohl andauern, vermutet wohl die ukrainische Regierung. Sie hat nun ihrerseits die RBI mit Sanktionen belegt. Es juckt die RBI wenig - denn die Ukraine ist der kleinere Markt.
    [In einer vorigen Version schrieben wir, die RBI sei ein "teilstaatliches" Unternehmen, gehöre "zu knapp 60 Prozent den österreichischen Bundesländern". Das ist nicht korrekt. Richtig ist: Die RBI gehört zu großen Teilen den Raiffeisen-Landesbanken.]
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