Wahl 2018: Wer werden die Para-Sportler des Jahres?

Wenn andere sich von ihrer Saison erholen, geht es für Andrea Eskau weiter. Im Sommer ist die 47-Jährige als Radsportlerin auf dem Handbike unterwegs, im Winter tritt sie im Biathlon und Skilanglauf an. Bei den paralympischen Winterspielen im März in Pyeongchang trug sie die deutsche Fahne und war am Ende mit sechs Medaillen (zweimal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze) die erfolgreichste deutsche Athletin. Bei den paralympischen Sommerspielen sammelte Eskau, die seit einem Fahrradunfall 1998 querschnittsgelähmt ist,  2008, 2012 und 2016 insgesamt vier Goldmedaillen und einmal Silber.

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Der Thron der deutschen Monoski-Queen schien besetzt von Anna Schaffelhuber, der Fünffach-Siegerin von Sotchi. Doch Anna-Lena Forster (22) aus Freiburg, die von Geburt an kein rechtes und ein verkürztes linkes Bein hat und auf den Rollstuhl angewiesen ist, ließ sich nicht entmutigen. Sie kämpfte sich aus dem Schatten der zweieinhalb Jahre älteren Kollegin und härtesten Trainingspartnerin heraus: In Pyeongchang gewann sie die Super-Kombination und den Slalom. Justus Wolf, der Alpin-Trainer der deutschen Para-Skirennfahrer, freute sich und sagte: „Uns ist es egal, wer Gold gewinnt, Hauptsache der Titel bleibt in der Familie.“

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Die Skirennläuferin aus Mitteltal hat seit 2006 in Turin bei paralympischen Winterspielen 13 Medaillen gewonnen: Eine goldene, drei bronzene und den Rest in Silber. In diesem Jahr in Pyeongchang gab es für die 29-Jährige, der seit ihrer Geburt die linke Hand fehlt und die anders als Schaffelhuber und Forster in der stehenden Klasse startet, bei fünf Starts viermal Silber und einmal Bronze. Das brachte ihren Kollegen Gerd Schönfelder, ehemaliger Para-Skirennläufer und inzwischen Experte in der ARD, auf die Idee, Rothfuss den schönen Spitznamen Silber-Fuss zu verpassen.  

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Anna Schaffelhuber hatte bereits alles gewonnen, doppelt und dreifach und bei den Paralympics vor vier Jahren fünffach. Doch sie wollte es noch einmal wissen – und bestätigte in Pyeongchang ihre herausragenden Fähigkeiten auf dem Monoski mit zweimal Gold (Abfahrt/Super G) und einmal Silber (Super-Kombination). Vier von fünf Titeln gingen damit an deutsche Läuferinnen, nur im Riesenslalom patzten Schaffelhuber und Forster. Nicht so schlimm, fand Alpin-Trainer Justus Wolf: „Das erhöht die Glaubwürdigkeit des Sports, man sieht, dass Medaillen eben keine Selbstverständlichkeit sind.“ Und Auszeichnungen zur Sportlerin des Jahres? Schaffelhuber könnte sich den Titel zum sechsten Mal holen.   

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Mit zwei Jahren rutschte Denise Schindler im winterlichen Chemnitz aus und geriet unter eine Straßenbahn. Sie verlor ihr rechtes Bein, ihr linkes ist seither in seiner Funktion beeinträchtigt. Jahre später entdeckte sie über ein Spinningrad im Fitnessstudio das Fahrradfahren für sich, weitere Jahre später, mit 26, kam sie schließlich zum Leistungssport – und seither sammelt Denise Schindler Medaillen auf der Bahn und auf der Straße. In diesem Jahr wurde sie Bahnweltmeisterin in der Einerverfolgung und machte als Gast im ZDF bei Markus Lanz eine gute Figur.  

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Für den Para-Biathleten und -Langläufer Martin Fleig birgt der Spitzensport einen ganz pragmatischen Vorteil: Das intensive Training hat ihm zu mehr Selbstständigkeit im täglichen Leben verholfen. Der 29-jährige Freiburger kam mit einer Spina Bifida, einem so genannten „offenen Rücken“ zur Welt und ist auf den Rollstuhl angewiesen. In Pyeongchang gewann der Biathlon-Weltmeister von 2017 (12,5/15 km) nicht nur seine erste paralympische Medaille, sondern brach mit seinem Sieg im 15-Kilometer-Rennen auch den viel beschriebenen „Männer-Bann“. Seit Vancouver 2010 hatten allein die Frauen für deutsche Paralymics-Siege gesorgt.  

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Der 30-jährige Leverkusener ist ein Modellathlet wie er im Buche steht, und seit 2011 weltweit der dominierende Prothesen-Weitspringer. Bei der Heim-EM in diesem Jahr in Berlin holte er wieder einmal Gold und schraubte seinen eigenen Weltrekord auf 8,48 Meter. Damit ist Rehm, der sein rechtes Bein im Alter von 14 Jahren bei einem Wakeboard-Unfall verlor, auch im olympischen Sport konkurrenzfähig – dort aber nur in getrennter Wertung startberechtigt, da Wissenschaftler bislang nicht zweifelsfrei klären konnten, ob ihm seine Karbonprothese einen Vorteil bringt oder nicht.

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In der noch jungen paralympischen Sportart Triathlon hat Martin Schulz bereits Weltmaßstäbe gesetzt. Dreimal wurde er Weltmeister, und das Paralympics-Debüt seiner Disziplin über 750 Meter Schwimmen, 20,92 Kilometern Radfahren und fünf Kilometer Laufen 2016 in Rio gewann der 28-jährige Leipziger. In diesem Jahr wurde Schulz, dem seit seiner Geburt der linke Unterarm fehlt, zum siebten Mal in Folge Europameister sowie WM-Zweiter. Bei den Olympischen Spielen 2012 war er noch als Staffel-Schwimmer am Start.  

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Für Pierre Senska war der Sport zunächst Therapie, die der Berliner auf Grund seines angeborenen Muskelschwunds in den Unterschenkeln benötigte. Der ausgebildete Groß- und Außenhandelskaufmann entwickelte sich zum drahtigen Spitzensportler und sammelte mehrfach WM-Siege auf Bahn und Straße. In diesem Jahr wurde der 30-Jährige, dessen Disziplin nicht paralympisch ist, zum sechsten Mal Weltmeister im Straßenrennen. Grund genug, ihn auch für die Wahl zum Behindertensportler des Jahres zu nominieren, befand die Fachjury. 

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Der 23 Jahre alte Felix Streng wandelt in der Para-Leichtathletik auf den Spuren seines Leverkusener Klubkollegen Markus Rehm: Bei der Heim-EM in Berlin wurde er in diesem Jahr im Weitsprung Zweiter hinter seinem großen Vorbild. Allerdings kann Streng, der ohne rechten Unterschenkel zur Welt kam, nicht nur herausragend springen, sondern auch ziemlich schnell rennen: Über 100 und 200 Meter gewann er ebenso EM-Gold wie mit der Sprintstaffel mit Rehm, Phil Grolla und Johannes Floors. Am Ende seiner Möglichkeiten dürfte das junge Multitalent damit längst nicht angekommen sein.

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Goalball ist eine klassische paralympische Sportart, die deutschen Mannschaften landeten bei dem Spiel mit dem Klingelball international aber nie all zu weit vorn. Doch seit zwei Jahren tut sich etwas, 2017 wurde die deutsche Nationalmannschaft EM-Zweiter, in diesem Jahr folgte WM-Silber. „Da ist eine Gruppe von Sehbehinderten zusammengeschweißt worden, die jetzt auch den großen Goalball-Nationen der Welt das Fürchten beibringt“, sagt DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher.

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Klara Klug fiel als zweite Frau für die Mixed-Staffel bei den Paralympics in Pyeongchang aus – und doch ging ein deutsches Team an den Start. Allerdings kein Quartett, sondern ein Trio. Andrea Eskau lief einfach zweimal und verhalf so Steffen Lehmker und Alexander Ehler zu paralympischem Bronze. „Die Jungs sollten auch eine Medaille bekommen“, habe sie gesagt, erzählt DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher. Eskau selbst hatte da schon zwei goldene und drei bronzene Einzel-Medaillen in der Tasche. 

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Neuer Trainer, neues Team nach einem Generationenwechsel – und dann eine Heim-Weltmeisterschaft in Hamburg. Am Ende mit Happy End: Im Spiel um Platz drei setzte sich die Mannschaft von Trainer Martin Otto mit 44:43 gegen China durch. Die deutschen Frauen lagen zwischenzeitlich mit zehn Punkten zurück, kämpften sich in einer mitreißenden Partie aber zurück und schafften es so, an die Erfolgsgeschichte deutscher Basketballerinnen anzuknüpfen. 

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Dreimal Gold und einmal Silber bei der EM, so die Ausbeute der 25 Jahre alten Schwimmerin. Das macht Hoffnung auf mehr. Bei den Paralympics 2016 in Rio gab es schon Silber für die Kranken- und Altenpflegehelferin mit einer angeborenen Störung des Knochen- und Knorpelgewebes. Nun hat sie Tokio 2020 und die Hoffnung auf Gold fest im Blick.

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Bei den olympischen Leichtathleten bleiben die männlichen Sprinter seit Jahren hinter ihren Möglichkeiten zurück, die Para-Leichtathleten dagegen scheinen einen unerschöpflichen Pool an Spitzensprintern zu haben. Der 17 Jahre alte Phil Grolla, dem von Geburt an der linke Unterarm fehlt, holte in Berlin bei seiner ersten EM Bronze über 100 Meter und erwies sich als Glücks-Ersatz für die personell geschwächte 4 x 100-Meter-Staffel: Auch mit ihm gab es Gold für das deutsche Quartett.

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Der 18 Jahre alte Schüler aus Weimar sicherte sich in diesem Jahr Gold mit dem Florett und Bronze mit dem Degen bei der U-17-WM und sammelte mit seinem ersten EM-Start bei den Erwachsenen erste Erfahrungen auf der ganz großen Bühne und errang im Verlauf des Jahres einige Achtungs-Erfolge gegen bekannte Namen. Damit gilt Haupt,  der an einer spastischen Hemiparese leidet, einer Halbseitenlähmung, als große Hoffnung, dem deutschen Rollstuhlfechten mal wieder einen Schub zu geben.

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