"Try That in a Small Town": Wie ein Song die USA spaltet

    Aufruf zu rassistischer Gewalt?:Wie ein Country-Song die USA spaltet

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    Die USA streiten über einen Country-Song. Kritiker werfen Sänger Jason Aldean Rassismus und Aufruf zu Gewalt vor. Politiker und Prominente schalten sich ein - so auch Donald Trump.

    Jason Aldean
    Kritiker werfen Jason Aldean Rassismus vor - er selbst sagt, er besinge ein Gemeinschaftgefühl. (Archivbild)
    Quelle: AP

    Eine prominent platzierte US-Flagge, dramatische Gitarrenriffs, der obligatorische Cowboy-Hut: Die ersten Szenen des Videos zu "Try That in a Small Town" erfüllen gängige Country-Klischees. Doch es geht um weitaus mehr als Musik. Mit seinem Lied trifft Sänger Jason Aldean einen ganz bestimmten Ton im amerikanischen Kulturkampf.
    Eigentlich hatte dem Song niemand große Aufmerksamkeit geschenkt, als der 46-jährige Country-Star ihn im Mai veröffentlichte. Mitte Juli schickte er aber ein Musikvideo hinterher - und das sorgte für heftige Debatten, in deren Verlauf der US-Musikfernsehsender CMT die Ausstrahlung stoppte.
    Geblieben ist ein weiteres Beispiel für die aufgeheizte Stimmung im Land, die weit über die politische Arena hinausgeht.
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    Sänger besingt Straftaten - und zeigt "Black Lives Matter"-Proteste

    "Du zwingst eine alte Frau an einer roten Ampel aus ihrem Auto, zielst mit einer Knarre auf den Besitzer eines Spirituosenladens", singt Aldean in dem Lied, das er und seine Band bei Nacht vor einem Gerichtsgebäude performen. Auf dessen Fassade projiziert sind Überwachungsvideos von Überfällen und Ausschnitte verschiedener Demonstrationen - unter anderem Proteste der Bürgerrechtsbewegung "Black Lives Matter".
    "Du glaubst, du bist cool, wenn du einem Polizisten ins Gesicht spuckst, auf die Flagge trittst und sie anzündest", singt Aldean weiter. "Yeah, du glaubst, du bist tough." Die zentrale Botschaft: In einer kleinen Stadt werde so etwas nicht geduldet. Dort habe er die Waffe seines Großvaters zur Hand, heißt es, und drohend: "Schau nur, wie weit du kommst."
    Bis Anfang August kletterte das Lied auf Platz eins der Billboard-Charts, sackte dann ab auf Platz 20. Inzwischen wurden einige Szenen aus der rund 29 Millionen mal angeschauten YouTube-Version entfernt - aus urheberrechtlichen Gründen, gibt die Plattenfirma an.

    Ja, du denkst, du bist hart. Versuch das mal in einer kleinen Stadt, mal sehen, wie weit du kommst. Hier kümmern wir uns um unsere Leute. Wenn du die Grenze überschreitest, wird es nicht lange dauern. Du wirst sehen, ich empfehle dir, es nicht zu tun.

    Songtext "Try That in a Small Town"

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    Alexandra Hawlin , Washington, D.C.
    USA, Washington: Dosenbier der amerikanischen Biermarke "Bud Light".

    Klischees über Hautfarbe und Landbevölkerung

    Die im Lied aufgezählten Straftaten werden in den USA klischeemäßig mit schwarzen Menschen in Verbindung gebracht, die in "inner cities" - also in Großstadtzentren - leben. Und obwohl die meisten Proteste gegen Polizeigewalt friedlich verlaufen, porträtieren rechte Kreise "Black Lives Matter" immer wieder als radikale Anti-Polizei-Bewegung.
    So beschwöre Aldean laut Kritikern nicht nur eine moralische Kluft zwischen Menschen in der Stadt und Menschen auf dem Land, sondern eine Kluft zwischen schwarz und weiß, der mit Waffengewalt zu begegnen sei.

    Kritiker: Aufruf zu rassistischer Gewalt deutlich

    Es handele sich um eine typische "dog whistle", (übersetzt 'Hundepfeife'), die über Sprache und Symbolik ein bestimmtes Bild an den rechten Rand transportiert, so die Kritiker. Der Aufruf zu rassistisch motivierter Gewalt sei deutlich.
    "Was für eine beschämende Vision von Waffenextremismus und Selbstjustiz", schrieb der demokratische Abgeordnete Justin Jones aus dem Parlament von Tennessee bei X.
    Post des Demokraten Justin Jones
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    Auf derselben Plattform meldete sich Country-Kollegin Sheryl Crow zu Wort. Gewaltverherrlichung habe "nichts mit kleinen Städten oder Amerika zu tun".
    Post der Sängerin Sheryl Crow
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    Sänger dementiert - und provoziert erneut

    Aldean wies die Vorwürfe in einem Statement zurück. Das Lied sei eine Hommage an das Gemeinschaftsgefühl, mit dem er aufgewachsen sei. "Keine einzige Zeile in dem Lied erwähnt Hautfarbe oder deutet darauf hin", so der Sänger.
    Kurz darauf wählte er etwas andere Worte: "Ich bin stolzer Amerikaner. (...) Ich möchte, dass es wieder so wird, wie es einmal war, bevor diese ganze Scheiße passiert ist", sagte er vor einer jubelnden Menge bei einem Konzert in Cincinnati. "Ich liebe mein Land. Ich liebe meine Familie. Und ich werde alles tun, um das zu beschützen."

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    Konservative US-Politiker bedienen sich schon lange ähnlicher Rhetorik. So berief man sich bereits Mitte der 1960er Jahre auf angeblich völlig außer Kontrolle geratene Gewalt in den Städten, setzte als Kontrast auf das friedliche, patriotische Leben auf dem Land und holte sich für den passenden Soundtrack auch gerne Country-Stars an die Seite.
    Jason Aldean ist ein langjähriger Unterstützer von Donald Trump. 2022 feierte man gemeinsam Silvester. Im Streit um "Try That in a Small Town" sprang der Ex-Präsident dem Musiker zur Seite: Aldean sei ein "fantastischer Typ mit einem tollen neuen Song", schrieb Trump bei Truth Social. Und: "Unterstützt Jason bis zum Letzten."
    Quelle: Luzia Geier, dpa

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