Neitzel zu Ukraine-Krieg: Ohne Bachmut könnte Donbass fallen

    Militärexperte Sönke Neitzel:So wichtig ist Bachmut für den Kriegsverlauf

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    Die ostukrainische Stadt Bachmut wird seit Monaten hart umkämpft. Welche Bedeutung sie hat und wo Diplomatie im Krieg an Grenzen stößt, erklärt Militärhistoriker Neitzel im ZDF.

    Die unerbitterlichen Kämpfe um das ostukrainische Bachmut gehen weiter. Bei ZDFheute live erklärt Militärhistoriker Sönke Neitzel, welche strategische Bedeutung Bachmut für den Ukraine-Krieg hat, warum Kriege auf dem Schlachtfeld entschieden werden und wo der Westen eine "rote Linie" bei der Unterstützung Kiews zieht.
    Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Sönke Neitzel ...

    ... zur aktuellen Kriegssituation in Bachmut

    Der Militärhistoriker Sönke Neitzel sieht momentan "eine relativ gute, ausgebaute Verteidigungsstellung" der Ukraine in Bachmut - dort könne die ukrainische Armee den russischen Truppen hohe Verluste zufügen.

    Man hat einfach aufgrund der geographischen Lage in Bachmut die besten Möglichkeiten, sich zu verteidigen.

    Sönke Neitzel, Universität Potsdam

    Sollte Russland dennoch Bachmut einnehmen, sei die nächste Verteidigungslinie in einem sehr schwierigen und offenen Gelände - dann ginge möglicherweise der "ganze Donbass" für Kiew verloren.
    Neben der militärischen Bedeutung sei Bachmut zudem zu einem wichtigen Kriegssymbol geworden. So habe der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die dortigen Truppen besucht. Daher wäre es "ein Schlag für die Ukraine", wenn sie die Stadt aufgeben müssten, sagt Neitzel.

    Nur müssen wir uns auch vergegenwärtigen: Wenn Bachmut fällt, geht der Krieg natürlich in der gleichen Intensität zehn Kilometer westlich weiter.

    Sönke Neitzel, Universität Potsdam

    ... darüber, ob Verhandlungen zu einem Kriegsende führen können

    Es werde "hinter den Kulissen" durchgehend diplomatisch versucht, Möglichkeiten und Spielräume für Verhandlungen auszuloten - deswegen gebe es "Geheimdiplomatie".

    Das Problem ist nur, dass Kriege in der Regel eben nicht am Verhandlungstisch entschieden werden, sondern auf dem Schlachtfeld.

    Sönke Neitzel, Universität Potsdam

    So lange sowohl Russland als auch die Ukraine glaubten, noch militärische Optionen zu haben, werde der Krieg weitergehen, sagt Neitzel.
    Auch wenn man als Beobachter nicht über die genauen Motive des russischen Präsidenten Bescheid wissen könne, scheine Wladimir Putin seit der Mobilmachung im letzten Herbst zu glauben, "am längeren Hebel zu sein". Putin habe daher auch keinen Grund, in Verhandlungen einzutreten.

    ... dazu, wo der Westen bei der militärischen Unterstützung der Ukraine die "rote Linie" ziehen sollte

    Neitzel macht als klare "rote Linie" des Westens die Entsendung eigener Truppen in die Ukraine aus. Damit wäre man völkerrechtlich Kriegspartei, sagt Neitzel und fügt hinzu, dass er keine politische Stimme in der Nato und der Politik kenne, die das fordere.
    Alles andere sei diskutierbar, man könne zum Beispiel "zurecht" fragen, ob es einen Unterschied bei der Lieferung von Kampfpanzern und Kampfjets gebe. Irgendwann müsse der Westen die durch Russland zerstörten ukrainischen Kampfflugzeuge ersetzen. "Sonst gibt es keine ukrainische Luftwaffe mehr."

    Wenn man will, dass die Ukraine diesen Krieg überlebt, dann muss sie irgendwie eine Luftwaffe haben, um sich zumindest zu verteidigen.

    Sönke Neitzel, Universität Potsdam

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    Quelle: ZDF

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