Chinas Außenminister Qin in Berlin: Der Ton bleibt hart

    Chinas Außenminister in Berlin:Qin bei Baerbock - der Ton bleibt hart

    Thomas Reichart im Inside-PolitiX-Studio
    von Thomas Reichart
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    Kurz nach dem kontroversen Besuch der Außenministerin in Peking kommt ihr chinesischer Kollege zum Gegenbesuch nach Berlin. Ein Grund ist: China wünscht sich was von Deutschland.

    Baerbock und Qin Gang geben sich die Hand
    Qin Gang erhofft sich eine Ausweitung des Handels. Außenministerin Baerbock mahnt weiter zur Einhaltung von Menschenrechten und droht wegen Unterstützung Russlands mit Sanktionen.09.05.2023 | 2:40 min
    Nach den gängigen Vorstellungen des China-Klischees dürfte die Wagenkolonne eine Ecke vor dem Auswärtigen Amt am Werderschen Markt an diesem Mai-Mittag gar nicht stehen und warten. Vor gut drei Wochen erst war Außenministerin Annalena Baerbock in Peking.
    In Erinnerung geblieben ist von dort eine ungewöhnlich kontroverse Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang. Und eine Menge Kritik zu Hause in Deutschland, weil man so deutlich doch nicht mit Chinesen öffentlich sprechen dürfe. Gesicht wahren und so weiter.
    Nun aber kommt Qin Gang schon gleich zum Gegenbesuch in Deutschland. Und zum Termin mit Baerbock sogar ein bisschen zu früh dran. Weshalb seine Wagenkolonne erst noch einen Moment wartet, ehe sie vorfährt. Wenn Chinas Außenminister je beleidigt gewesen sein sollte, so lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken.
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    Richard David Precht hat Baerbocks China-Politik beleidigt und fordert mehr Demut vor China.

    Baerbock: Keine "kriegsrelevanten Güter" für Russland

    Qin Gang drückt aufs Tempo, weil Peking etwas will von Berlin. Der Ton ist dabei ungefähr so hart und die Haltungen in vielem genauso konträr wie kurz zuvor in Peking. Aber wer etwas will, lässt es nicht aus dem Ruder laufen. Baerbock bestätigt, dass die EU chinesische Firmen sanktionieren könnte. Russische Rüstungsunternehmen dürften "nicht an kriegsrelevante Güter gelangen", sagte sie. Sanktionen gegen die Lieferung sogenannter "Dual-Use" Güter richteten sich aber nicht gegen ein Land.
    Chinas Außenminister wiederum erklärt, der "normale Austausch zwischen chinesischen und russischen Unternehmen" dürfe nicht gestört werden. Und er droht, Peking werde "strikt und streng" auf jede "Einmischung" reagieren.
    Außenministerin Baerbock warnt China vor einem militärischen Eingreifen in Taiwan: 

    Konfliktthemen Taiwan und Menschenrechte - China blockt ab

    Baerbock ihrerseits spricht die Einhaltung der Menschenrechte an, verlangt die Freilassung eines Dissidenten, der während ihres China-Besuchs verhaftet wurde. Qin Gang antwortet, China wende sich dagegen, dass andere Staaten sich in seine internen Angelegenheiten einmische.
    Gleichzeitig droht er auch in Sachen Taiwan. Die dortige Regierung nennt er "Separatisten", deren Unterstützung das Ein-China-Prinzip und damit die internationale Ordnung gefährde. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass Deutschland zwar am Ein-China-Prinzip festhält und Taiwan nicht offiziell anerkennt, mit dem Besuch der Bildungsministerin kürzlich in Taiwan aber für erhebliche Verärgerung in Peking gesorgt hat.
    Baerbock antwortet darauf mit dem Hinweis, die Straße von Taiwan müsse für den Welthandel frei bleiben. Die wird von China aber als Teil des eigenen Hoheitsgebiets beansprucht - wie auch die Insel selbst. So könnte das weiter gehen.
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    Qin: Wirtschaftlicher Rückzug Deutschlands beseitigt Chancen

    Aber offensichtlich ist, dass es Chinas Außenminister noch um etwas anderes geht. Es passt in zwei Schlüsselwörter: strategische Partnerschaft und strategische Autonomie. Strategische Partnerschaft war der Kern der deutschen China-Politik unter Angela Merkel, die Vorstellung, dass Deutschland und China gemeinsam reich werden können.
    Qin Gang sagt: Es gehe darum, dass China mit Deutschland die Erholung der Weltwirtschaft vorantreibe. China sei alarmiert von dem Ziel der Bundesregierung des "de-risking", - also dem Abbau einseitiger Abhängigkeiten wie im Falle Russlands. Damit würden Chancen beseitigt, behauptet Qin.
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    Suche nach Rissen im 'Club des Westens'

    Den Begriff "strategischer Autonomie" findet Peking ebenfalls klasse, weil er bedeutet, dass Europa abrückt von den USA. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wünscht sich das schon lange, Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem aber gerade eine Absage erteilt.
    Chinas Außenminister indes hofft, auf seiner Europa-Reise einen Spalt zu finden, in den die beiden Begriffe passen und die dann vielleicht die Risse im Club des Westens vergrößern könnten. Der Ton ist dabei vielleicht gar nicht so entscheidend. Das Tempo offenbar schon. In ein paar Wochen wird Qin schon wieder in Berlin sein. Am 20. Juni sind die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen.
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