Bundesverwaltungsgericht: Abschiebung von Abbas R. rechtens
Nach Abschiebung in Irak:Urteil bestätigt: Keine Rückkehr für Abbas R.
von Daniel Heymann
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Im Juni 2023 schoben deutsche Behörden den irakischen Kriegsverbrecher Abbas R. in sein Heimatland ab. Das war rechtens, entschied nun das Bundesverwaltungsgericht.
Im Fall Abbas R. hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Urteil gefällt.
Quelle: dpa
Im Juli 2015 war der damals 16-jährige Abbas R. mit seiner Familie aus dem Irak nach Deutschland gekommen. Er wurde als Flüchtling anerkannt. Was damals noch nicht klar war: Neun Monate zuvor hatte R. im Auftrag des Islamischen Staates (IS) Kriegsverbrechen begangen - mit seinem Vater beteiligte er sich an der Hinrichtung eines irakischen Offiziers.
Diese Vergangenheit holte ihn in Deutschland bald ein, der Generalbundesanwalt nahm Ermittlungen auf. Das Berliner Kammergericht verurteilte R. schließlich wegen seiner Taten zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten.
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Aus der Haft heraus wurde er im Juni 2023 in den Irak abgeschoben, sitzt seitdem dort im Gefängnis. Gegen die Abschiebung klagte R. vor dem Bundesverwaltungsgericht - ohne Erfolg, denn die Leipziger Richter bestätigten heute: Das Vorgehen der deutschen Behörden war rechtmäßig.
Gericht sieht weiter Terrorgefahr
So hatte es der erste Revisionssenat des obersten deutschen Verwaltungsgerichts bereits in einem Eilbeschluss unmittelbar vor der Abschiebung gesehen. Ausgangspunkt für die Bewertung damals wie im heutigen Urteil: das Geschehen auf einem Marktplatz von Mossul im Oktober 2014.
IS-Kämpfer ermordeten dort einen irakischen Offizier. Von der öffentlichen Hinrichtung fertigte die Terrororganisation Videoaufnahmen, die auch den seinerzeit 15-jährigen R. zeigen - wie er den gefangenen Oberst beschimpft und bespuckt, bevor ein anderes IS-Mitglied diesen erschießt.
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Seine Unterstützung für den IS hat R. aus Sicht des Gerichts nie glaubhaft aufgegeben - vielmehr habe er auch in Deutschland eine Bedrohung dargestellt:
Leichtere Abschiebung bei Kriegsverbrechen
Eine Abschiebung ist auch bei Straftätern nicht ohne Weiteres zulässig. Sogenannte Abschiebungsverbote nach dem Aufenthaltsgesetz können entgegenstehen. Vor allem Flüchtlinge, denen in ihrer Heimat Verfolgung droht, können sich hierauf unter bestimmten Voraussetzungen berufen.
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Für R. gilt das aber nicht - wegen der von ihm ausgehenden Terrorgefahr und der von ihm begangenen Kriegsverbrechen ist er von der Regelung ausgenommen.
Diplomatische Zusicherung: Keine Todesstrafe, keine Folter
Allerdings dürfen selbst Kriegsverbrecher nicht abgeschoben werden, wenn ihnen im Zielstaat die Todesstrafe, Folter oder unmenschliche Behandlung droht. All das ist im Irak zwar offiziell verboten, gerade Folter ist aber noch immer eine verbreitete Methode bei den irakischen Polizei- und Sicherheitskräften.
Um sicherzustellen, dass R. im Irak keine Folter droht, ging der Abschiebung ein langwieriger diplomatischer Prozess voraus. Die irakische Botschaft versicherte dabei: R. werde nach der Überstellung "eine humane und väterliche Behandlung" erfahren. Darauf durfte sich das Auswärtige Amt verlassen, so das Gericht in seiner heutigen Entscheidung:
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Mark Höfler, Anwalt des Klägers, übt an dieser Einschätzung scharfe Kritik. Der Senat sei von Anfang an nicht gewillt gewesen, seine Entscheidung aus dem Eilverfahren zu überdenken.
Sein Mandant sei nach der Abschiebung entgegen den diplomatischen Zusicherungen im Irak menschenrechtswidrig inhaftiert und gefoltert worden - das Gericht sei dem aber nicht weiter nachgegangen:
Ob man gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegt, werde noch geprüft, so Höfler. Entscheidet sein Mandant sich für den Weg nach Karlsruhe, wäre der Fall Abbas R. - auch zehn Jahre nach dem Mord von Mossul - für die deutsche Justiz noch nicht abgeschlossen.
Daniel Heymann ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Quelle: ZDF
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