Trump-Dinner: Republikaner auf Distanz

    Treffen mit West und Fuentes:Trump-Dinner: Republikaner auf Distanz

    Alexandra Hawlin
    von Alexandra Hawlin, Washington
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    Nach einem Abendessen mit Kanye West und einem rechtsextremen Nationalisten nehmen führende Republikaner Abstand von Donald Trump - teils aber nur indirekt.

    Kanye West und Donald Trump
    Kanye West wollte sich offenbar Ratschläge bei Donald Trump einholen.
    Quelle: dpa

    So lief die Geschichte nach Donald Trump ab: Kanye West rief ihn an und schlug ein gemeinsames Abendessen auf Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida vor. Kurz darauf tauchte er unerwartet mit drei Freunden auf, über die er (Trump) nichts wusste. Sie aßen an diesem Dienstagabend auf der hinteren Veranda zu Abend. Das Essen war kurz und ereignislos. Danach fuhren sie zum Flughafen.
    Mit diesen Worten beschreibt Trump auf seiner Plattform Truth Social, was an besagtem Dienstagabend des 22. November passierte. Was danach geschah, beschreibt Trump so: "Fake News went CRAZY! [sic]" - die "Fake News" sind verrückt geworden.

    Kanye West und Nick Fuentes für Antisemitismus bekannt

    Das Abendessen erfährt gerade ein großes Medienecho. Vor allem deshalb, da sich immer mehr Republikaner von dem, was da passierte, distanzieren. Denn an dem Esstisch saß neben Kanye West, der in der Vergangenheit immer wieder mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen war, auch Nick Fuentes, ein erklärter Antisemit und Holocaust-Leugner.
    Dass Trump antisemitischen Außenseitern einen Platz am Tisch gewährt, können nun auch führende Republikaner nicht mehr ignorieren. Das Abendessen scheint zu einem Wendepunkt geworden zu sein.

    Es gibt keinen Platz für Antisemitismus oder weiße Vorherrschaft in der Republikanischen Partei.

    Mich McConnell, Republikanischer Minderheitsführer im US-Senat

    Republikaner wie McConnell, McCarthy, Pence distanzieren sich

    Der Minderheitsführer im US-Senat, Mich McConnell, distanzierte sich klar von der Ideologie, aber nur indirekt von Donald Trump, der Mitte November verkündet hatte, dass er ins Rennen um die Präsidentschaft 2024 geht.
    "Wer sich mit Leuten trifft, die diesen Standpunkt vertreten, wird meiner Ansicht nach höchstwahrscheinlich nie zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden", so McConnell am Dienstag. Ob er Trump als Kandidat unterstützen würde, beantwortete er nicht.
    "Ich glaube nicht, dass irgendjemand Zeit mit Nick Fuentes verbringen sollte", sagte Kevin McCarthy, Minderheitsführer im US-Repräsentantenhaus gegenüber Medienvertretern am Dienstag. "Er hat keinen Platz in der Republikanischen Partei."
    "Er sollte sich dafür entschuldigen", sagte Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence über seinen früheren Chef, der seit Kurzem kritischere Töne gegenüber Trump anschlägt. Ob auch Pence sich um eine Präsidentschaftskandidatur bemüht, lässt er bisher offen.

    Wenige nennen Trump beim Namen

    Für Yair Rosenberg, der sich als Autor und Journalist mit Antisemitismus beschäftigt, bedeuten Aussagen wie "es gibt keinen Platz für X in unserer Partei" im Allgemeinen gerade, dass es einen Platz gibt.
    Viel aussagekräftiger sei es, Trump beim Namen zu nennen. Einer der wenigen ist der Republikaner Bill Cassidy, der den Bundesstaat Louisiana im US-Senat vertritt. Die Haltung Trumps bezeichnet er auf Twitter als "unmoralisch" - sie sollte nicht toleriert werden.

    Wenn Präsident Trump rassistische Antisemiten zum Essen einlädt, ermutigt er andere rassistische Antisemiten.

    Bill Cassidy, Republikanischer Senator

    Für Cassidy ist es nicht das erste Mal, dass er sich gegen den Strom seiner Partei stellt. Beim zweiten Amtsenthebungsverfahren Donald Trumps unterstützte er dieses.

    Normalisierung von Antisemitismus

    Donald Trump beharrt weiterhin darauf, dass er Nick Fuentes nicht gekannt habe und Kanye West keine antisemitischen Äußerungen gemacht und ihn lediglich um unternehmerischen Rat gefragt hätte.
    Die gemeinnützige Organisation ADL (Anti-Defamation League) warnt davor, dass einige Extremisten sich dadurch ermutigt fühlen.

    Das Abendessen unterstreicht die hässliche Normalisierung extremistischer Überzeugungen - einschließlich Antisemitismus, Rassismus und anderer Formen von Bigotterie.

    Jonathan Greenblatt, Geschäftsführer ADL

    Autor Yair Rosenberg erkennt in dem Abendessen eine direkte Linie zu 2016. Im Wahlkampf um die Präsidentschaft habe Trump das Partei-Establishment abgestoßen und musste sich daher auf extremistische Enthusiasten stützen, um seine Botschaften zu verbreiten, so Rosenberg.

    Diese Leute sind nie verschwunden und wurden wieder zu seinen größten Unterstützern.

    Yair Rosenberg, Autor

    Erstmals distanzieren sich treue Trump-Anhänger

    Was die Sache so brisant macht: Erstmals distanzieren sich treue Anhänger, namhafte Vertreter der jüdischen Gemeinschaft und wichtige Geldgeber von Trump. Indes betont er, dass er ein Freund Israels sei. Schließlich habe er in seiner Amtszeit die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.
    "Donald Trump ist kein Antisemit. Er liebt Israel. Er liebt die Juden", erklärt Morton Klein, Vorsitzender der Zionist Organization of America gegenüber der New York Times. "Aber er unterstützt und legitimiert Judenhass und Judenhasser. Und das macht mir Angst."

    Ich war zutiefst schockiert.

    Rabbi Marvin Hier in Gastkolumne für The Hollywood Reporter

    Der prominente Rabbi Marvin Hier hatte bei Trumps Amtseinführung Anfang 2017 ein Gebet gesprochen. In einer Gastkolumne schreibt der Gründer des Simon Wiesenthal Centers nun: Dass Trump Kanye West und Nick Fuentes auf seinem Anwesen empfängt, wäre so, als ob man die Anführer des Ku Klux Klan einladen würde. Und weiter:
    "Ich kann nicht glauben, dass ein Mann mit jüdischen Enkeln, der als erster Präsident Jerusalem als ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes anerkannte, indem er die US-Botschaft in die Heilige Stadt verlegte, [...] eine so schlecht durchdachte Entscheidung treffen konnte."
    Ob Trump der Bissen nach seinem Abendessen im Hals stecken bleibt? Wohl nicht. Er denkt nicht dran, sich zu entschuldigen, veröffentlicht auf seiner Plattform Truth Social vielmehr gerade Falschnachrichten zum Wahlablauf bei den Midterms. Worte hatten für ihn bisher keine Konsequenzen, auch sein Handeln nicht - noch nicht.
    Alexandra Hawlin berichtet als Korrespondentin aus dem ZDF-Studio Washington in den USA.

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