Experte: Georgien "driftet immer mehr Richtung Russland"
Georgischer Publizist:Tiflis "driftet immer mehr Richtung Russland"
von Tim-Julian Schneider
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Kann Georgien der EU beitreten? Am russlandfreundlichen Kurs der Partei Georgischer Traum gibt es Kritik. Sie sei alles andere als demokratisch, sagt Publizist Andronikaschwili.
Der georgische Wissenschaftler und Publizist Zaal Andronikaschwili hat den russlandfreundlichen Kurs der Regierung unter der Partei Georgischer Traum kritisiert. Es sei sehr bedauerlich, dass sich die Regierung nicht klar zu einem EU-Beitritt positioniere, so Andronikaschwili im Interview mit dem ZDF heute journal. Die Regierung "driftet immer mehr Richtung Russland", sagt der Publizist.
Das Problem sei, dass die regierenden Eliten und Oligarchen sich diesem Willen der Bürgerinnen und Bürger im Verbund mit Russland widersetzten, weil sie sich in intransparenten Systemen und autokratischen Systemen mehr Vorteile für sich verschaffen würden. Der Gründer der Partei Georgischer Traum, Bidsina Iwanischwili, sei zwar Georgier, aber habe sein Geld als Oligarch in Russland "verdient oder gemacht".
Für ihn seien die intransparenten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ein "natürliches Milieu", so Andronikaschwili.
Demokratische Strukturen seien, seit die Partei Georgischer Traum 2012 die Regierung übernommen habe, konsequent abgebaut worden. Es habe auch vorher schon Rückschläge im Demokratieprozess gegeben, "aber es gab keine Rückschläge in dem westlichen oder pro-europäischen Kurs Georgiens", so Andronikaschwili. Dies sei ein Novum des Iwanischwili-Regimes und der Partei.
Georgien "nicht sicher vor russischem Angriff"
Moskau führte 2008 Krieg gegen das kleine Land am Schwarzen Meer. Bis heute unterstützt Russland die abgespaltenen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien und hat dort Truppen stationiert.
Im Moment sei die Wahrscheinlichkeit eher gering, aber die Gefahr bestehe trotzdem, sagt der Publizist.
Schneller EU-Beitritt gefordert
Es sei deshalb wichtig, dass Länder wie Georgien und Moldau in die EU aufgenommen werden, damit sie in "einen anderen Sicherheitsraum kommen", so Andronikaschwili.
"Die Tür zum EU-Kandidatenstatus ist weit geöffnet. Jetzt gilt es, die verbleibenden zwölf Schritte zu gehen", hatte Außenministerin Annalena Baerbock am Freitag nach einem Gespräch mit ihrem Kollegen Ilia Dartschiaschwili in der Hauptstadt Tiflis gesagt.
Tausende Menschen demonstrieren in der georgischen Hauptstadt gegen ein Gesetzesvorhaben. Das Gesetz gegen "ausländische Agenten" erinnert stark an eine Vorlage aus Russland.