Konferenz in Scharm el Scheich: Hartes Ringen um Klimahilfe

    Konferenz in Scharm el Scheich:Hartes Ringen um Klimahilfe

    Mark Hugo
    von Mark Hugo
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    Auf der Weltklimakonferenz in Ägypten wird noch hart verhandelt - vor allem über ein Thema: Klimahilfen bei Schäden und Verlusten. Zwischen Pleite und Durchbruch ist alles drin.

    Pakistan, Qambar Shahdadkot: Eine von der Flutkatastrophe betroffene Familie rettet mit einer Metallkiste Habseligkeiten aus ihrem durch heftige Regenfälle überschwemmten Haus im Bezirk Qambar Shahdadkot in der pakistanischen Provinz Sindh.
    Wie kann Ländern wie Pakistan, die durch den Klimawandel stark betroffen sind, geholfen werden? Auch das ist Thema auf der COP27.
    Quelle: dpa

    Es soll zwischendurch richtig laut geworden sein in den Verhandlungsräumen der Weltklimakonferenz (COP27) in Scharm el Scheich, sagen Beobachter. Gestritten wird über einen möglichen Fonds unter dem Dach der UNO, der immer dann greift, wenn ein armes Land von den Folgen des Klimawandels getroffen wird. Im Fachjargon der Konferenz: "Loss and Damage" – Schäden und Verluste.

    Viele Tote bei Flut in Pakistan

    Schäden etwa durch den Anstieg des Meeresspiegels, Zyklone oder Flutkatastrophen wie im Sommer in Pakistan. Rund 1.700 Menschen starben dabei, der materielle Schaden wird auf 40 Milliarden US-Dollar geschätzt. Beträge, die arme Länder kaum schultern können. Unterstützung gibt es zwar. Oft aber nicht genug, um die betroffenen Regionen in Haiti, Nigeria oder eben Pakistan wieder auf die Beine zu bringen.
    "Das sind gewaltige Klimaschäden, die jetzt auftreten", sagt Prof. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Denn durch die Erderwärmung nehmen Extremwetterereignisse zu. Langanhaltende Dürren werden immer häufiger, Tropenstürme immer regenintensiver. Die betroffenen Länder haben dabei selbst kaum zum Klimawandel beigetragen.

    Eine Frage der Klima-Gerechtigkeit

    Ein funktionierender Hilfsmechanismus sei daher "eine Frage der Gerechtigkeit, nicht der Charity", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag auf der COP. Deutschland hat im Vorfeld zu den Ländern gehört, die sich erfolgreich dafür eingesetzt haben, das Thema in Ägypten auf die Tagesordnung zu bringen. Etwas, dass die Entwicklungsländer schon seit den 90er Jahren vergeblich versucht haben.

    Das Problem ist, dass die Industriestaaten eine solche Kompensation als Fass ohne Boden betrachten und da bisher blockiert haben.

    Prof. Ottmar Edenhofer, PIK

    Denn die Summen wären enorm - bei steigender Tendenz. Vielen reichen Ländern gefällt auch die Idee nicht, in einen Fonds der UNO einzuzahlen, aber selbst keine Kontrolle darüber zu haben, an wen in welcher Höhe das Geld wieder ausgezahlt wird – womöglich an Staaten, die sie politisch nicht unterstützen wollen.

    Viele Fragen auf COP sind noch offen

    Dass immerhin jetzt verhandelt wird, sehen viele Beobachter schon als Durchbruch. Allerdings ist bisher völlig unklar, ob es jetzt schon zu einer Entscheidung kommt. Wie soll der Fonds aussehen? Wer kontrolliert ihn? Wer zahlt ein? China sieht sich nicht in der Pflicht, die USA wollen aber nur, wenn auch China will.
    Viele Industriestaaten sind einverstanden, den Verhandlungsprozess zwar jetzt anzuschieben, wollen aber erst 2024 entscheiden. Die Entwicklungsländer dagegen drängen auf einen Hammerschlag schon in Scharm el Scheich. "Wir werden nicht gehen ohne diesen Fonds", sagt Kathy Jetnil-Kijiner, Klimaaktivistin und COP-Beobachterin von den Marshall-Inseln.

    Ganze Inseln im Meer verschwunden

    Das Atoll hat unter dem Meeresspiegelanstieg bereits stark zu leiden. Sie habe gesehen, wie ganze Inseln und Land an der Küste verschwunden sind, erzählt Jetnil-Kijiner.

    Was wir verlieren, ist nicht nur Land. Wir verlieren Kultur. Wir verlieren Identität. Wir verlieren Produktionsmöglichkeiten.

    Kathy Jetnil-Kijiner, Klimaaktivistin

    Der Fonds müsse deshalb jetzt kommen. Damit meint sie übrigens nicht den von Deutschland mit angeschobenen Globalen Klimarisiko-Schild, der ebenfalls auf der COP präsentiert wurde. Auch er soll zwar helfen, wenn arme Länder getroffen werden. Er ist aber "nur" eine Initiative mehrerer Staaten, die freiwillig einzahlen. Nicht unter dem Dach der UNO und bei Weitem noch nicht groß genug, um die Schäden und Verluste durch Katastrophen wie der in Pakistan auszugleichen.

    Klimarisiko-Schild "Teil eines Mosaiks"

    Aber immerhin das "Teil eines Mosaiks", so nennt ihn Baerbock auf der COP. "Ein Vorschlag, dem auch andere Länder folgen können."
    Über den Rest des Mosaiks wird in Scharm el Scheich wahrscheinlich auch am Wochenende noch verhandelt. Denn dass die Konferenz, die eigentlich heute enden soll, in die Verlängerung geht, gilt als sicher.    
    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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