mit Video
Partei ohne "Extremposition":Kühnert: SPD muss FDP und Grüne befrieden
von Pierre Winkler
|
Furchtbar blass sei die SPD beim Ergebnis des Koalitionsausschusses geblieben, so lautet der Vorwurf. Generalsekretär Kevin Kühnert wehrt sich - und zeigt auf die Ampel-Partner.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei Lanz.
Quelle: ZDF/Markus Hertrich
16 Seiten sind beim knapp 30-stündigen Koalitionsausschuss der Ampel-Parteien herausgekommen. Und so wie die Journalistin Ursula Weidenfeld bewerten jetzt viele das Ergebnis: "Wenn man dieses Papier anschaut, dann steht da sehr viel von der FDP drin, es steht auch sehr viel über die Grünen und von den Grünen drin, aber nichts aus der SPD", sagte sie am Mittwochabend bei Markus Lanz.
Kühnert geht in die Verteidigung
Die Kanzlerpartei also, der größte Partner in der Koalition: fast unsichtbar? SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert entgegnete anhand des Beispiels Straßenbau: Da koaliere die SPD jetzt nun einmal mit zwei Parteien, "wo die eine gerne alles bauen will, was jemals das Licht der Welt in einem Bundesverkehrswegeplan erblickt hat, und die anderen wollen nie wieder einen Meter Straße bauen".
Die FDP mache also in diesem Punkt Tempo, die Grünen bremsten. Unter diesen Bedingungen sei es für die SPD schwierig, ein "Alleinstellungsmerkmal" zu haben. "Sollen wir jetzt fordern, dass alle Autobahnen rot angestrichen sind und auf Knopfdruck die Internationale spielen, damit erkennbar ist, dass das ein SPD-Projekt ist?", spottete Kühnert.
Über die Ergebnisse des Koalitionsausschusses, die blasse Rolle der SPD in der Ampelkoalition sowie über die Pläne der Ampel bei den Themen Heizen und Energiewende 29.03.2023 | 74:39 min
SPD bekommt eine funktionierende Koalition
Darum bekommt die FDP Hunderte neue Autobahn-Kilometer in ganz Deutschland, die Grünen Solaranlagen entlang dieser neuen Abschnitte - und die SPD eine funktionierende Koalition. Kühnert betonte: Alle Punkte des jüngsten Ausschusses seien schon längst im Grundsatz besprochen worden.
"Wir haben den Koalitionsvertrag vor 16 Monaten verabschiedet", sagte er. "Wenn jeder anfängt, einem Koalitionspartner, dem etwas wichtig war, anderthalb Jahre später zu erklären, dass man sich doch jetzt nicht so haben soll wegen diesem einen kleinen Punkt, dann gibt es keine Koalition mehr."
SPD kam FDP auffallend stark entgegen
Nicht nur beim Straßenbau, sondern etwa auch bei diversen angekündigten Ausnahmen und Sonderregeln bei Robert Habecks großer Heizungswende kam die SPD der FDP auffallend stark entgegen. Zulasten der Grünen.
Der Journalist Michael Bröcker berichtete, das Kanzleramt habe "das Papier zu 95 Prozent vorbereitet gehabt", bevor der Ausschuss losgegangen sei. "Da gab es ein Vorpapier, da stand das alles schon drin: Sehr viel für die FDP, was wiederum zu Unmut bei den Grünen geführt hat."
Habeck Kanzlerkandidat?
Der Grund: "Scholz und sein Umfeld rechnen fest damit, dass Robert Habeck der Kanzlerkandidat der Grünen in drei Jahren wird. Auch die Grünen rechnen übrigens damit, weil Annalena Baerbock ihre Chance hatte", sagte Bröcker.
"Und damit ist er der zentrale Gegner für Olaf Scholz." Darum hätten Scholz und die SPD ein Interesse daran, die Popularitätswerte von Habeck und den Grünen "als Fortschrittsmotor dieser Koalition" einzudämmen.
Mittelpunkt der Beratungen: Emissionsziele
Kühnert wehrte sich zumindest nicht gegen diese Darstellung. Stattdessen wies er darauf hin, was bei den Beratungen im Mittelpunkt stand: "Es geht um Emissionsziele, die wir in Deutschland verfolgen, es geht um Ziele der Klimaneutralität, es geht um Entscheidungen, was die Gebäude-Energie angeht, also, dass wir anders umgehen wollen mit Heizsystemen." Dafür brauche es Stabilität. Denn der Weg sei noch lange nicht zu Ende:
Bröcker war damit nicht zufrieden, er griff Kühnert an: "Die großen Fragen Gebäude und Verkehr kommen jetzt in eine Art Mini-Koalitionsvertrag, ein Jahr später, auf 16 Seiten teilweise erstmals zur Diskussion, wo ich mich frage: Was habt ihr denn dann in der Gesetzesarbeit in den letzten zwölf Monaten gemacht?"
Thema
Mehr zur Sendung Lanz
mit Video
Vizekanzler zu Ampel-Paket:Habeck: "Nicht stolz" auf Autobahn-Ausbau
von Pierre Winkler
Heizungs-Debatte bei "Lanz":Hofreiter teilt gegen SPD und FDP aus
von Felix Rappsilber
mit Video
Klimaforscher bei "Lanz":Latif: Wenn ich "König der Welt" wäre ...
von Pierre Winkler