Nach langem Kanzler-Zögern schickt Deutschland Kampfpanzer in die Ukraine. Das klappt aber nur mit gleichzeitigen Angriffen der FDP auf Olaf Scholz. SPD-Politiker Roth ist sauer.
Zur Debatte um Leopard-2-Lieferungen, zur außen- und verteidigungspolitischen Rolle Deutschlands, über mögliche Szenarien für einen weiteren Kriegsverlauf und Putins Machtkalkül
Die Ukraine bekommt deutsche Leopard-Panzer, die Verbündeten dürfen ebenfalls liefern - die ewige Panzer-Posse hat ein vorläufiges Ende. Entsprechend groß ist die Erleichterung bei vielen in der Ampel-Koalition. Groß sind aber auch Frust und Streit.
Die Bundesregierung hat sich zu einer Entscheidung gezankt. "So etwas macht man unter Partnerinnen und Partnern nicht", sagte der SPD-Außenexperte Michael Roth am Dienstagabend bei Markus Lanz. Gemeint waren die harten Worte aus der FDP in Richtung Kanzler.
Nach langem Ringen liefert Deutschland Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine. Die FDP kritisiert den Kanzler für dessen zögerlichen Kurs. SPD-Politiker Michael Roth ist verärgert.
Spielte Scholz Putin in die Karten?
FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte sich Olaf Scholz vorgeknöpft, als dieser in der vergangenen Woche noch zögerte. "", sagte sie im heute journal.
Russlands Präsident Wladimir Putin könne sich "auf die Schenkel klopfen". Und großen Anteil daran habe eben Scholz, dessen Kommunikation sie als "Katastrophe" bezeichnete.
Der "Knall" dieses "bestialischen" Kriegs sei "im Kanzleramt noch nicht angekommen". Dieser Streit habe der Koalition "überhaupt nicht gutgetan", sagte Roth. "Die Leute haben Angst, denn sie machen sich Sorgen. Und dann streiten wir uns wie die Kesselflicker." Auch die anderen Verbündeten der Ukraine hätten dafür kein Verständnis.
Eine Brigade mit 80 bis 90 westlichen Panzern könne eine Wirkung erzielen, erklärt Militärexperte Gustav Gressel. Mit einer ukrainischen Offensive im Frühjahr rechnet er nicht.
Roth nimmt Kanzler in Schutz
Roth nahm Kanzler Scholz in Schutz. "Ich finde auch diese Personalisierung nicht in Ordnung", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses.
Scholz habe mit der Ankündigung des 100-Milliarden-Pakets für die Bundeswehr direkt nach Beginn des Kriegs in der Ukraine Führungsstärke bewiesen. Und der Kanzler habe China "eine klare Ansage" in Richtung Russland abgerungen, was den Einsatz von Atomwaffen betrifft. Dem gegenüber steht immer wieder Kritik am zaudernden Scholz.
Was hat Scholz zur Entscheidung bewegt? "Es handelt sich mehr um eine politische als eine militärtaktische Entscheidung", so ZDF-Korrespondenten aus Washington und Berlin.
Mölling: Vertrauen ist weg
Der Sicherheitsexperte Christian Mölling beschrieb die Außenpolitik des SPD-Kanzlers so:
Scholz habe es in der Leopard-Frage geschafft, die Verbündeten "auf seine Seite zu zwingen". Aber, fuhr Mölling fort: "Sie werden ab sofort einen Risiko-Aufschlag zahlen müssen für die Politik, wenn Sie versuchen werden, die mit Partnern durchzubringen."
Bei der nächsten wichtigen Entscheidung würden sich andere Länder in Zukunft fragen, ob sie "den gleichen Eiertanz" mit Deutschland mitmachen müssten. Heißt also: Ein großes Stück Vertrauen ist weg.
Der aktuellste Leopard-2-Panzer wiegt 60 Tonnen, kann 5.000 Meter weit schießen und ist mit 70 Kilometern pro Stunde besonders schnell. Diese Werte erreicht kein russischer Panzer.
Mieses Image Deutschlands
Deutschland steht trotz mittlerweile großer Waffenlieferungen international immer schlechter da. In diesem Punkt stimmte Roth zu: "Das nervt mich auch", sagte er. Als Grund für das miese deutsche Image zum Beispiel auf Nato-Ebene machte Roth "die Behutsamkeit des Kanzlers" aus, "der am Ende aber dann die richtigen Weichenstellungen vorgenommen hat".
Es sei auch vielen in der SPD schwergefallen, über ihren Schatten zu springen und entgegen des jahrzehntelang geltenden Slogans zu sagen: "Frieden schaffen mit Waffen." Nur auf diese Weise könne der russische Imperialismus bekämpft werden.
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Militär statt Klimaschutz?
Roth ging noch weiter: Vor der Bundestagswahl 2021 hätten viele Menschen gefordert, den Bundeswehr-Etat zu senken und das Geld in andere Bereiche wie etwa Infrastruktur oder Klimaschutz zu stecken.
"Das war im Übrigen auch die Mehrheits-Auffassung meiner Partei und der Grünen und vieler anderer, dass wir so viel Geld für unser Militär nicht ausgeben wollen", sagte er. "Das war ein schwerer Fehler, weil wir die Bündnis- und Landesverteidigung vernachlässigt haben."
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