Einer schwindelt. Fragt sich nur, wer. Waren die Abrams-Panzer aus den USA nun Bedingung für die Leopard-Panzer für die Ukraine oder nicht? Die Bundesregierung windet sich.
Wie ist der Panzer-Deal zwischen US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgelaufen? Hat Scholz Druck auf Biden gemacht: Ohne amerikanische Abrams-Panzer keine Leopard-2-Panzer für die Ukraine, wie es Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan sagt?
Oder gab es keine Bedingungen, wie es die Bundesregierung beteuert? Der Panzer-Deal der beiden Länder als Ergebnis "intensiver Gespräche" zwischen zwei Partnern der Nato?
Fragen über Fragen, die die Bundesregierung nicht aufklären will.
Vor genau einem Jahr hielt Scholz seine "Zeitenwende"-Rede. Dabei kündigte er auch 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr an. Was ist daraus geworden?
Sprecher: Weder korrigieren noch kommentieren
Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte an diesem Montag in der Bundespressekonferenz:
Die Bundesregierung wolle sich weder korrigieren, noch Sullivan kommentieren. "Wir kommentieren nicht die Beweggründe oder Zeitlinien der Lieferung unserer Verbündeten", so Büchner. Es habe zwischen Scholz und Biden intensive Gespräche gegeben, wie man gemeinsam die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland stärken könne. Beide Seiten hätten darauf geachtet, "dass man zu einem gemeinsamen Vorgehen kommt".
Ob eine Seite lügt, wolle er nicht beurteilen: "Ich ordne die Äußerung von Sullivan nicht ein."
Der frühere Nationale Sicherheitsberater der USA John Bolton schätzt im Interview mit Johannes Hano die Situation der Ukraine und die Strategie des Westens ein.
Sullivan: US-Präsident wollte Nato zusammenhalten
Welche Seite recht hat, ist durchaus brisant. Kanzler Scholz hatte lange unter Druck gestanden, weil er der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine nicht zugestimmt hatte. Zögern und Zaudern war ihm aus der Opposition, aber auch aus der eigenen Ampel-Koalition vorgeworfen worden und hatte den Koalitionsfrieden belastet. "Kein Alleingang", hatte Scholz immer wieder gesagt.
Mitte Januar konnte er dann den Deal präsentieren: Weil die USA ihre eigenen Abrams-Panzer an die Ukraine lieferten, könnten auch die Bundesregierung der Lieferung von Leopard-Panzern zustimmen.
Im Bundestag verteidigte Kanzler Scholz Ende Januar, die zögerliche Haltung, Leopard-Panzer zu liefern: "Wir haben uns nicht drängen lassen."
Bidens Berater Sullivan sagte jetzt in einem Interview des US-Senders ABC: Biden habe nur zugestimmt, weil Scholz gedrängt habe. Biden habe sich "ursprünglich dagegen entschieden", weil sie im Kampf im Gegensatz zu Leopard-2-Panzer wenig nützlich seien. Biden habe nur nachgegeben, um die Einheit der Nato zu gewährleisten. "Der Präsident sagte: Okay, ich werde der Anführer der freien Welt sein. Ich werde langfristig Abrams schicken, wenn ihr jetzt Leopard schickt", so Sullivan.
Biden selbst hatte in einem früheren Interview gesagt: "Deutschland hat mich nicht gezwungen." Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte das verneint: "Es hat zu keinem Zeitpunkt ein Junktim oder eine Forderung gegeben, dass das eine zu erfolgen habe, damit das andere erfolgen kann."
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Scholz reist nach Washington
Ob nun auf Drängen oder nicht: Fakt ist, dass die USA Abrams-Panzer so bald nicht liefern werden. Laut Sullivan kommen sie nicht aus Beständen des amerikanischen Militärs, sondern müssten erst bei der Industrie bestellt werden. Das könne dauern. Also doch eine Fake-Zusage? Vize-Regierungssprecher Büchner glaubt das nicht:
Am Donnerstag reist Scholz in die USA und besucht am Freitag US-Präsident Biden im Weißen Haus. Ein Arbeitstreffen, heißt es aus dem Kanzleramt. Thema: der russische Krieg gegen die Ukraine. Klärungsbedarf nach dem Sullivan-Interview? "Der Bundeskanzler freut sich auf den Besuch beim amerikanischen Präsidenten", sagt Büchner.
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