FDP-Außenpolitikerin Strack-Zimmermann kritisiert den zögerlichen Kurs von Kanzler Scholz, erteilt Forderungen nach deutschen Kampfjets an die Ukraine aber eine Absage.
Bei "maybrit illner" trifft Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) auf Ralf Stegner (SPD). Sie diskutieren mit Ben Hodges, Matthias Gebauer ("Spiegel"), Jana Puglierin (ECFR) und Franz Alt.
Ralf Stegner (SPD) geht die Debatte schon einmal durch. Erst werden die Forderungen nach Panzern erfüllt, und was kommt dann - Flugzeuge, Schiffe? In der ZDF-Sendung "maybrit illner" müht sich Stegner nach Kräften, die vielfach als zu zögerlich kritisierte Haltung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) zur Unterstützung der Ukraine zu begründen.
Der Bundeskanzler behalte bei Fragen von Krieg und Frieden die Nerven. Man tue gut daran, besonnen mit der von Russland ausgehenden Eskalationsgefahr umzugehen. Und nicht nur über Waffen zu reden, sondern auch Verhandlungsalternativen mitzudenken.
Stegner verweist auf Bedenken in der Bevölkerung. Scholz habe, statt auf kurzfristige Beliebtheit aus zu sein, eine wichtige Einigung mit US-Präsident Joe Biden erzielt.
Jetzt gelte es, die Waffensysteme schnellstmöglich in die Ukraine zu bringen, so die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Den neuen Verteidigungsminister Pistorius lobt sie.
Strack-Zimmermann: Epochenwende in Europa
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) beurteilt die Handlungsweise des Kanzlers gänzlich anders. Die Frage, wie Deutschland innerhalb des westlichen Bündnisses gesehen wird, spiele eine wichtige Rolle, die Erwartungshaltung der Partner sei deutlich. Strack-Zimmermann spricht nicht nur, wie Scholz, von einer Zeiten-, sondern von einer Epochenwende in der Frage, "wie wir in Zukunft in Europa und darüber hinaus leben werden".
Verhandlungslösungen könne es nur aus einer ukrainischen Position der Stärke heraus geben:
Allerdings bedeute das nicht, dass Deutschland unbegrenzt ukrainischen Lieferwünschen nachkommen könne, so die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags.
Nach der Panzer-Entscheidung fordert die Ukraine inzwischen auch schwerere Waffen vom Westen. Der Kreml sieht diesen zunehmend als Kriegspartei.
Diskussionen um Kampfjets für die Ukraine
Generalleutnant a.D. Ben Hodges rechnet damit, dass die zugesagten Kampfpanzer der Ukraine in einer Gegenoffensive binnen der nächsten drei Monate wichtige Vorteile verschaffen werden. Auch wenn die amerikanischen Abrams-Panzer dafür deutlich zu spät kämen. Hodges bemängelt, dass weder Deutschland noch die USA klar das Ziel verfolgen würden, dass die Ukraine den Krieg gewinnt.
Stünde dieses Ziel fest, müsste Kiew dabei auch entsprechend unterstützt werden - etwa durch Kampfjets.
Denn diese würden auch Ziele auf russischem Boden attackieren, was eine neue Qualität wäre, eine rote Linie.
Die USA hätten die Zusage für 31 Abrams-Panzer gegeben, um "die Geschlossenheit der Verbündeten zu erhalten", sagt ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.
"Spiegel"-Chefreporter spricht von "Blamage"
Von einer "Blamage" spricht "Spiegel"-Chefreporter Matthias Gebauer mit Blick auf die fehlende Einigung der Ramstein-Kontaktgruppe. Es sei wichtig, Geschlossenheit zu vermitteln. Stattdessen habe Scholz das Bild erzeugt, zu taktieren und die Sache zu verzögern.
Andererseits habe er, wie auch die Politikwissenschaftlerin Jana Puglierin bei aller Kritik eingesteht, gegenüber den USA ein Verhandlungsergebnis erzielt, das mit der Lieferung der Abrams-Panzer sogar besser für die Ukraine ausfällt.
"Das kann man als Erfolg werten", sagt Gebauer. Gleichwohl verstetigt sich laut Puglierin der Eindruck, die Deutschen würden sich erst bewegen, wenn es gar nicht mehr anders geht.
"Wir fürchten, dass das ein ganz gefährlicher Irrweg ist", sagt Janine Wissler, die Parteichefin der Linken, zu den geplanten Panzerlieferungen in die Ukraine.
Autor Alt fordert Real-Pazifismus
"Wir vergessen die entscheidende Frage – wenn du Frieden willst, musst du den Frieden vorbereiten", sagt der Buchautor Franz Alt. "Leider" müsse er auch als Pazifist Waffenlieferungen an die Ukraine befürworten, alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung. Mit einem solch schrecklichen Krieg sei in Europa nicht mehr zu rechnen gewesen, da müsse auch die Friedensbewegung umdenken.
"Ich nenne das Real-Pazifismus", sagt Alt. Und fordert, sich bei allem Widerstreben in Wladimir Putin hineinzuversetzen und Verhandlungslösungen anzustreben. "Die Welt ist voller Atomwaffen", sagt Alt, "mir ist ein Kanzler, der zögert und zaudert, lieber als ein Draufgänger."
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