Mölling: Ukraine hat "gute Gründe, Krieg weiterzuführen"

    Sicherheitsexperte über Ukraine:"Gute Gründe, diesen Krieg weiterzuführen"

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    Christian Mölling glaubt nicht an einen baldigen Waffenstillstand. Die Ukraine habe "militärisch und politisch gute Gründe", weiterzumachen, Moskau viel zu verlieren.

    Lesen Sie hier Auszüge und sehen Sie oben das komplette Interview. Das sagt Sicherheitsexperte Christian Mölling zu ...

    ... Vorteilen für Xi, sich gegen Putin zu wenden

    Für China sei es wichtig, den Krieg zu beenden, weil es die Wirtschaft behindere, so Mölling. Außerdem: "Man macht sich gleichzeitig, nicht unbedingt unverzichtbar, ... aber man macht es sich einfach, sich zwischen Moskau und die USA zu stellen und zu zeigen: Guck mal, wir können auch kooperieren."

    ... einer möglichen Bewegung Chinas weg von Russland

    "Dass sich jetzt hier insgesamt die Politik zwischen Peking und Moskau komplett verschiebt auf Dauer, da wäre ich mir nicht so sicher", sagt Mölling.

    Das hängt sehr stark davon ab, welche Vorteile mittelfristig China noch in so einer Verbindung sieht.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    Die Schwäche Moskaus führe auch dazu, dass Peking international wichtiger werde. "Diese Isolierung Russlands hilft China im Grunde genommen."

    Christian Mölling bei maybrit illner
    Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

    ... ist seit Februar 2017 stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Er beschäftigt sich unter anderem mit der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von EU und Nato.

    ... Putins Verbündeten

    Einige Akteure, insbesondere auch China, hätten Russland bereits signalisiert, dass es auf "einem falschen Weg ist und, dass man nicht möchte, dass dieser Krieg fortgesetzt wird", so Mölling.

    Für Russland werden die Partner in der Tat weniger, oder der Bereich, in dem man kooperieren kann, wird immer weniger.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    Denn Russland habe - aus Sicht Chinas und des Westens - zwar eine geopolitisch interessante Lage, erklärt Mölling, aber die Bedeutung als Markt, beispielsweise für chinesische Produkte, nehme ab: "Für China ist die ökonomische Dimension Russlands immer weniger bedeutsam."

    Es schält sich immer stärker ein Dreieck heraus, in dem Moskau sicherlich immer schwächer wird, aber die Schwäche kann dazu führen, dass irgendjemand in diesem Dreieck wieder stärker wird.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    ... der Unwahrscheinlichkeit des Friedensszenarios

    "Man sollte immer verhandeln. Aber hätten wir vor zwei Wochen verhandelt, dann wäre Cherson nicht befreit worden", ist sich Mölling sicher.

    Wir haben aus der ukrainischen Sicht keinen Grund, in Verhandlungen einzustimmen, weil man militärisch noch in der Offensive ist und tatsächlich noch Räume gewinnen kann.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    "Der wichtigste Punkt ist: Es gibt relativ wenig Hoffnung, dass, was auch immer als Verhandlungsergebnis bei einem Waffenstillstand herauskäme, belastbar wäre", sagt der Sicherheitsexperte und verweist auf den Waffenstillstand von 2014, der immer wieder gebrochen wurde.

    Das Vertrauen in Moskau, dass ein solcher Vertrag eingehalten werden würde (...), ist im besten Falle gering.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    ... der Entwicklung des Krieges in den Wintermonaten

    Man habe gesehen, wie sprunghaft die Verläufe im Ukraine-Krieg sind, deswegen könne man nichts sicher prognostizieren. Es könne einerseits zu einem Waffenstillstand kommen, oder aber andererseits zu Nachfolgekämpfen in Moskau, um die Position des Präsidenten. Damit könne es zu "einer großen Instabilität bis hin zu einem teilweisen Stillstand oder einem Zusammenbrechen der staatlichen Funktionen Moskaus" kommen, so Mölling.
    "Die Ukraine hat militärisch und politisch gute Gründe, diesen Krieg weiterzuführen", so Mölling. Er glaubt nicht, dass der Winter den Krieg zum Stillstand bringen könnte.
    "Weil man auf der einen Seite militärisch den Impuls nutzen kann und die Unterstützung zu Hause hat, also man kann weiterkämpfen", andererseits sei es notwendig weiterzukämpfen, denn die Ukraine müsse diese Bilder in die Welt senden, um potenziellen Diskussionen über einen Stillstand im Winter die empirische Grundlage zu nehmen.
    Zerstörtes Gebäude ud Feuerwehrmänner
    Der Winter kommt und die Menschen in der Ukraine müssen sich auf die Kälte vorbereiten. Zerstörte Häuser werden wieder aufgebaut und für die Soldaten werden Öfen bereitgestellt. 27.10.2022 | 6:00 min

    ... dem, was ein Waffenstillstand für Russland bedeuten könnte

    Die Kosten einer späteren Verhandlungslösung müssten deutlich höher sein als sie es jetzt sind, sagt der Experte.

    Zum jetzigen Zeitpunkt hilft Putin ein schlecht geführter Krieg mehr als ein schlechter Frieden.

    Sicherheitsexperte Christian Mölling

    Im Augenblick eines Waffenstillstands, dem "Tag der Abrechnung", so Mölling, würde deutlich werden, dass Moskau sein Blatt vollkommen überreizt habe. "Man hat diese vier Gebiete annektiert, die formal aus russischer Sicht russisches Gebiet sind. Man verliert aber jeden Tag Boden auf dem Gebiet."
    Das politische Überleben des Präsidenten wäre deutlich unwahrscheinlicher zu diesem Zeitpunkt, als wenn Putin den Krieg einfach weiterlaufen ließe, analysiert Mölling. Für Moskau ist ein Frieden deshalb aktuell nicht interessant, so Mölling. Und auch Kiew habe gezeigt, dass es militärisch nicht leicht zu besiegen sei.
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    Quelle: ZDF

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