Hilfe ja - Bündnisfall nein:Ukraine: Darum greift die Nato nicht ein
von Christian Mölling, András Rácz
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Die Angst vor dem direkten Konflikt des Westens mit Moskau wächst - könnte er doch im Atomkrieg enden. Also hilft die Nato Kiew finanziell und militärisch - greift aber nicht ein.
Der Kampf um Bachmut ist fast ein Symbol für den grausamen Krieg Russlands gegen die Ukraine - dennoch will die Nato keine direkte Konfrontation mit Moskau.
Quelle: Imago
Von Zeit zu Zeit wird die Frage aufgeworfen, ob sich die Nato durch die Entsendung von Kampftruppen direkt in den Krieg Russlands in der Ukraine einmischen könnte. Eines der häufig angeführten Argumente lautet, dass angesichts der militärischen und wirtschaftlichen Überlegenheit der Nato eine direkte Beteiligung des Bündnisses den Krieg beenden würde.
Risiko eines Atomkrieges wollen Russland, Washington und Nato vermeiden
In Wirklichkeit ist die Situation jedoch komplizierter. In erster Linie würde eine direkte militärische Beteiligung der Nato und der regulären Militäreinheiten der Nato-Staaten eine groß angelegte militärische Konfrontation mit der Russischen Föderation bedeuten. Dies wäre genau der Krieg, den sowohl Washington als auch Moskau und alle Nato-Mitglieder seit 1949, das heißt, seit der Gründung der Nato, zu vermeiden suchen.
Die Nato hat sich über neue Hilfen für die Ukraine beraten:
Der Grund dafür ist, dass eine solche Konfrontation das Risiko eines Atomkrieges beinhalten würde, der zur Zerstörung des gesamten Planeten führen könnte. Alle diplomatischen, militärischen, wirtschaftlichen, politischen und sonstigen Bemühungen zwischen der Nato und Moskau wurden seit 1949 mit diesem grundlegenden, zentralen Ziel vor Augen unternommen.
Darum war Nato gegen Flugverbotszone über Ukraine
Dies ist einer der Hauptgründe, warum sich das Bündnis geweigert hat, nach Februar 2022 eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten, obwohl die Ukraine wiederholt darum gebeten hatte. Eine Flugverbotszone hätte bedeutet, dass sich die Nato-Luftstreitkräfte mit der russischen Luftwaffe und Luftabwehr hätten auseinandersetzen müssen, was zu einer katastrophalen, groß angelegten Konfrontation hätte führen können.
Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Rakete auf Polen - beide Seiten vermieden Konfrontation
Ein bezeichnendes Moment für diese vorsichtige Haltung (beider Seiten) war, als am 15. November 2022 eine fehlerhafte ukrainische Luftabwehrrakete, die während eines russischen Luftangriffs abgefeuert wurde, auf polnisches Gebiet fiel und zwei Bauern tötete. In den ersten Stunden wusste niemand genau, was passiert war, das heißt, ob es sich um eine russische Rakete handelte, die auf dem Gebiet eines Nato-Landes einschlug.
[Warum die Nato einen Plan braucht - lesen Sie hier]
Es war auch nicht bekannt, ob es sich um einen absichtlichen oder einen versehentlichen Einschlag handelte. Hätte es sich um eine russische Rakete gehandelt, hätte dies zur Aktivierung von Artikel 5 des Washingtoner Vertrags über die kollektive Verteidigung des Bündnisses führen können.
Die Lage in Bachmut in der Ostukraine wird immer brutaler, vielen bleibt nur die Flucht:
Als der Vorfall bekannt wurde, reagierten jedoch sowohl Moskau und Polen als auch die Nato als Ganzes sehr ruhig und besonnen. Kriegsgeschrei gab es von keiner der beiden Seiten, alle Offiziellen riefen zur Vorsicht auf.
26.04.2022 | 43:41 min
Mit welcher Strategie lässt sich in Europa Frieden schaffen?
Es wurden sofort intensive Hintergrundgespräche aufgenommen, um die Situation so schnell und so gründlich wie möglich zu klären, denn beide Seiten waren sich der Risiken einer umfassenden Konfrontation klar bewusst und wollten sie vermeiden.
Für Nato-Kriegsbeteiligung einstimmiges Votum erforderlich
Zweitens wäre für eine Beteiligung der Nato als Ganzes der Konsens aller Nato-Mitgliedsstaaten erforderlich. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich ein solch starker Wunsch herausbilden wird. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Ukraine kein Mitglied des Bündnisses ist und Kiew somit nicht unter dem Schutz der kollektiven Verteidigung des Washingtoner Vertrags steht.
Nato-Chef Stoltenberg: Müssen nukleare Drohung ernst nehmen:
Sollte Russland ein Nato-Land angreifen (was sicher nicht der Fall sein wird), muss das gesamte Bündnis das angegriffene Mitglied kollektiv verteidigen. In Bezug auf die Ukraine gibt es jedoch keine solche Verpflichtung.
Unterstützung Kiews ist kein Bündnisfall
Drittens muss man zwischen der Unterstützung durch die Nato als Organisation und der Unterstützung durch einzelne Nato-Mitgliedsstaaten unterscheiden. Das Bündnis hilft der Ukraine kollektiv in den Bereichen sichere Kommunikation, Cyberabwehr, Treibstoffversorgung, Ausrüstung gegen Minen, Hilfe gegen chemische und biologische Bedrohungen, Bereitstellung von Schutzausrüstung und so weiter.
So könnte es im Ukraine-Krieg weitergehen:
Gleichzeitig haben einzelne Nato-Mitgliedsstaaten der Ukraine verschiedene Arten von schweren und leichten Waffen, Munition und Ausrüstung sowie finanzielle Unterstützung in Höhe von mehreren Milliarden Euro zukommen lassen.
Alles in allem wird sich das Bündnis an den Kämpfen nicht beteiligen, aber die Unterstützung für die Ukraine sowohl kollektiv als auch durch die einzelnen Mitgliedsstaaten aufrechterhalten und sogar verstärken.
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