Regierungsbefragung: Die Erklärstunde des Olaf Scholz

    Regierungsbefragung des Kanzlers:Die Erklärstunde des Olaf Scholz

    Britta Buchholz
    von Britta Buchholz
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    Das politische Berlin fragt sich: Warum hat der Koalitionsausschuss fast 30 Stunden gedauert? In seiner Regierungserklärung erklärt Kanzler Scholz heute vieles, nur das nicht.

    Olaf Scholz am 29.03.2023 in Berlin
    Im Bundestag muss sich Bundeskanzler Olaf Scholz der Kritik und den Nachfragen zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses stellen.
    Quelle: Imago

    Bundeskanzler Olaf Scholz muss am Mittwoch ans Mikrofon im Deutschen Bundestag treten: Endlich möchte man denken. Gestern waren es nach den sagenhaften Verhandlungen von fast 30 Stunden drei Parteivorsitzende, die diese kurz erklärten.
    Vom Kanzler gab es nur am Nachmittag einen rätselhaften Kommentar vom Topfschlagen - die Journalisten hätten unter den falschen Topf gesehen. Nun ja. Jetzt die Regierungsbefragung - der Fokus liegt auf den Beschlüssen.

    Koalitionsparteien liegen inhaltlich weit auseinander

    "Es geht schneller voran in Deutschland", behauptet Olaf Scholz. Und bezieht dies auf Windanlagen, Solarenergie, elektrische Fahrzeuge und vielem mehr. "Beschleunigung und Modernisierung", nennt er das. Für ihn ist wichtig, dies als Pragmatismus zu bezeichnen - Pragmatismus das neue Schlagwort der Politik. Das sei der Unterschied zu früher. Der Stillstand sei beendet. Tempo in Deutschland.

    Klima, Verkehr und Umwelt
    :Darauf hat sich die Ampel geeinigt

    Die Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP haben nach langen Verhandlungen eine Einigung erzielt. SPD-Parteichef Lars Klingbeil sprach am Dienstag von einem Bündel an Maßnahmen.
    Berlin: Die Parteichefs der Koalitionsparteien Lars Klingbeil (SPD, r-l) Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss.
    Das ist eine Erzählweise, die auch die Liberalen heute verbreiten. Am Mittwochmorgen versuchen die Parteien das Ergebnis zu deuten. Umso mehr zu hören ist, umso klarer wird: die Parteien liegen im Grundsätzlichen so weit auseinander, dass Kompromisse nur unter vielen Diskussionen möglich waren. Diskussion meint: Nachtsitzung. Stunden, die mürbe machen. Am Ende sind fast 30 Stunden ein Rekord, der nun als großer Wurf verkauft werden soll.

    Gesprächsthemen Klima und Verkehr

    Besonders im Bereich Klima und Verkehr wurde vieles verhandelt. In der vergangenen Woche hatte die FDP vorgeschlagen, die Sektorziele für CO2 abzuändern: Es ist vorgegeben, wie viele Emissionen jeder Sektor ausstoßen darf. Besonders der Verkehrsminister Wissing scheiterte krachend an seinen Vorgaben. Aber auch das Wirtschaftsministerium konnte nicht zufrieden sein - durch den Krieg in der Ukraine kamen Kohlekraftwerke wieder in den Betrieb und verdarben die Bilanz.
    Doch Ziele anders verteilen? "Mit uns nicht zu machen", kam bisher unisono von den Grünen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Dröge war regelrecht erschüttert über den Vorschlag. Nun hat sich die FDP - und wohl auch die SPD - dort durchgesetzt. Nicht die einzige Kröte, die die Grünen schlucken mussten.

    Die Rolle der Grünen

    Neben dem Kanzler sitzt der grüne Wirtschaftsminister. Von den Grünen hört man, es sei schwer gewesen, eigene Ziele durchzusetzen. Für viele sind sie die Verlierer des Koalitionsausschusses. Habeck musste mit der Änderung seiner Idee zum Öl- und Gasheizungsverbot eine weitere Kröte schlucken.

    Vizekanzler zu Ampel-Paket
    :Habeck: "Nicht stolz" auf Autobahn-Ausbau

    Nach der Einigung im Koalitionsausschuss lässt Robert Habeck durchblicken, bei welchen Punkten seine Grünen die größten Schmerzen hatten. Trotzdem zeigt er sich zufrieden.
    von Pierre Winkler
    Markus Lanz, Ulrike Herrmann und Robin Alexander und Schalte Robert Habeck
    mit Video
    Die AfD fragt nach: Was ändert sich konkret? Da ist Robert Habeck gerade gegangen. Scholz meint, dass wäre so kein Gegenstand der Debatte gewesen. Es sei nun eine flexible Regelung geschaffen worden. Sprich: Der Gesetzentwurf aus dem Hause Habeck/Geywitz ist so vom Tisch - das ist seine Botschaft.
    Sowieso wird im politischen Berlin gerade heiß diskutiert, ob sich zwischen SPD und FDP eine neue Allianz abzeichnet. Angeblich hätten beide in den Verhandlungen überwiegend gegen die Grünen diskutiert. Doch Spitzenpolitiker der FDP beharren darauf, dass es zwischen SPD und FDP keine vorab-Absprachen gegeben habe. Sie hätten eben bei vielen Themen eine ähnliche Linie.

    Kritik der Opposition

    In der Regierungsbefragung kommen die Vorwürfe aus der Union. CDU-Vize Andreas Jung meint: "Alles, was in der Großen Koalition beschlossen wurde, soll weg." Seine Frage dann: "Das Klimaschutzgesetz aufweichen statt es einzuhalten, wie können Sie das verantworten?" Scholz spricht von PR-Programmen in der Vergangenheit, die auch den Lobbyisten in der Union geschuldet waren. Insbesondere die Ladestationen für E-Autos an fast jeder Tankstelle seien ein großer Schritt. Scholz pariert angriffslustig.
    Während der Finanzminister ins Handy tippt, spricht Scholz von veränderten Angeboten. Im Schlagabtausch wirkt Scholz wach und angriffslustig. Der Opposition fehlt vieles: "Wo bleibt die Kindergrundsicherung?", fragt die CDU Abgeordnete Silvia Breher. Olaf Scholz zählt auf, was alles schon getan wurde für Familien. Das reicht ihr offensichtlich nicht.
    Die Regierungsbank leert sich - Staatssekretäre nehmen Platz. Die Themen weiten sich: Fachkräftemangel, Erweiterungsbau des Kanzleramtes, Waffenrecht - es ist ein langer Reigen. Scholz erklärt sich eine Stunde - nur, warum es solange gedauert hat, das erklärt er nicht.

    Verbände und Parteien mit Kritik
    :Ampel-Paket: "Bin in Teilen fassungslos"

    Nach dem Koalitionsausschuss zeigen sich die Ampel-Parteien zufrieden mit den Ergebnissen. Von zahlreichen Verbänden kommt aber Kritik. Zentraler Punkt ist der Klimaschutz
    Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Bundestag in Berlin (Archivbild)

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