Mehr Tote auf deutsche Straßen - Vor allem Städte betroffen

    Zahl der Verkehrstoten steigt:Wie lassen sich Unfälle in Städten vermeiden?

    von Josua Schwarz
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    Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland steigt. Viele tödliche Unfallberichte kursieren in den Medien. Wie ist die Situation in deutschen Städten? Was sind die Lösungsansätze?

    Feuerwehrleute stehen an einer Unfallstelle hinter einem Autowrack, aufgenommen am 06.04.2021 in Monheim
    Es gibt wieder mehr tödliche Verkehsunfälle. Wie ist die Situation in deutschen Städten?
    Quelle: dpa

    Sonntagabend - Bad Homburg: Ein alkoholisierter Mann überfährt eine Fußgängerin auf dem Gehweg. Die Frau stirbt noch am Unfallort. Der Mann fährt noch 200 Meter weiter und schläft im Auto ein. Er hatte keinen Führerschein. Solche Unfallberichte sorgen bundesweit für Aufregung. Besagter Fall in Bad Homburg ist sicherlich nicht alltäglich, dennoch ist die Verkehrssicherheit in deutschen Städten ein wichtiges Thema. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts.
    2022 steigt die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland voraussichtlich deutlich auf 2.790. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um neun Prozent. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass das vergangene Jahr die niedrigste Zahl an Verkehrstoten seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1953 hatte. Betrachtet man den generellen Trend, wurde hier in den letzten 50 Jahren ein großer Fortschritt erreicht, was allerdings auch an dem deutlich geringeren Verkehrsaufkommen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit liegt. Die wieder steigende Zahl an Verkehrstoten zeigt, dass hier noch viel zu tun ist.

    Besonders in Städten werden viele Menschen verletzt

    Besonders in Städten ist die Anzahl an Unfällen mit Personenschaden besonders hoch. Dies zeigt ein Blick in den Unfallatlas des Statistischen Bundesamts. Von 258.987 Unfällen mit Personenschäden im Jahr 2021, fanden 176.948 innerorts statt. Das sind gute 68 Prozent. Von diesen knapp 177.000 Unfällen mit Personenschäden wurden 104.843 von Pkw-Fahrern verursacht. Das sind fast 60 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass Unfälle mit Personenschäden besonders häufig innerorts passieren und, dass in den meisten Fällen Autofahrer den Unfall verursacht haben. Was sind die Lösungsansätze?
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    Das Bundesverkehrsministerium (BMDV) hat sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, tödliche Unfälle drastisch zu reduzieren. Bis 2030 sollen im Sinne des "Paktes für Verkehrssicherheit" 40 Prozent weniger Menschen auf den deutschen Straßen sterben. "Dabei wurde insbesondere ein Fokus auf die Handlungsfelder 'Für sicheren Radverkehr', 'Mobilität von Kindern und Jugendlichen' sowie 'Sicherer Fußverkehr und Teilhabe für alle' gelegt", erklärt der BMDV. Auch futuristische Themen, wie das autonome und vernetzte Fahren zu stärken und damit den Faktor Mensch zu minimieren, sind Ansatzpunkte.

    WHO empfiehlt Tempolimit von 30 km/h innerorts

    Doch es gibt auch andere Ansätze, welche bisher nicht diskutiert werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hob jüngst die spanische Regierung als großes Vorbild hervor. Die hatte eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometern pro Stunde innerhalb von Städten eingeführt und damit die Verkehrssicherheit deutlich erhöht.
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    In Deutschland gestalten sich solche Vorstöße allerdings als schwierig. Schuld ist ein Gesetz, welches bis in die Kaiserzeit zurückreicht. Dort wird der "Leichtigkeit des Verkehrs" alles untergeordnet. Das bisherige Verkehrsrecht räume "dem Interesse an der Fortbewegung höheres Gewicht ein als dem Interesse an der Sicherheit und der Gesundheit von Menschen", monierte etwa auch das Umweltbundesamt. Reformpläne gibt es von verschiedenen Seiten.

    BMDV möchte "Entscheidungsspielräume" öffnen

    Das BMDV erklärt dazu: "Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrs-Ordnung so angepasst werden sollen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden. Dabei sollen den Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume eröffnet werden." Dafür gebe es eine "länderoffene Arbeitsgruppe". Deren Ergebnisse werden aktuell rechtlich geprüft.
    Von einem bundesweiten Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde innerorts, wie von der WHO vorgeschlagen, hält das Verkehrsministerium wenig - gerade auf Durchgangsstraßen. Stattdessen ruft das BMDV zur Kooperation aller Verantwortlichen wie Bund Ländern und Kommunen auf, um gemeinsam Lösungen zu finden. "Aber auch Unternehmen und jeder einzelne Verkehrsteilnehmer, jede einzelne Verkehrsteilnehmerin kann hierzu einen Beitrag leisten", sagt der BMDV. Konkreter wurde das Verkehrsministerium aber nicht. Genauere Lösungsansätze für mehr Verkehrssicherheit in deutschen Städten müssten noch erarbeitet werden.

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