Biathlon-WM 2023: Oberhof - "Leuchtturm" auf 815 Metern Höhe

    Biathlon-WM 2023:Oberhof - "Leuchtturm" auf 815 Metern Höhe

    von Andreas Morbach
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    Zum zweiten Mal nach 2004 ist Oberhof Gastgeber einer Biathlon-WM. Die hohen Investitionen des Freistaats Thüringen machen die einen argwöhnisch - und die anderen hoffnungsvoll.

    Die Biathlon-Arena am Rennsteig wurde für die WM in Oberhof für mehrere Millionen Euro saniert.
    Die Biathlon-Arena am Rennsteig wurde für die WM in Oberhof für mehrere Millionen Euro saniert.
    Quelle: IMAGO / Christian Heilwagen

    Bis gerade eben waren im Oberhofer Biathlon-Stadion nur die auf Hochtouren arbeitenden Schneekanonen zu hören gewesen. Doch nun wird es richtig laut auf den Zuschauerrängen der WM-Arena.
    Ein Strom lebhafter Schüler drängt die schneebedeckten Stufen hinunter. Am Treppenende angekommen, empfängt die Lehrerin die Kinder - mit einer ausladenden Geste Richtung Innenraum. Dorthin, wo am Mittwoch in der Mixed-Staffel (ZDF-Livestream) die ersten Medaillen bei der Biathlon-WM vergeben werden.

    40 Millionen Euro für die Biathlon-Anlage

    In die Modernisierung der Arena am Rennsteig hat Thüringens Landesregierung, finanziell unterstützt vom Bund, 40 Millionen Euro investiert. Und zunehmend mit dabei waren die energiepolitischen Debatten rund um die Zukunft des Wintersports.
    Wintersportstätte Oberhof
    Für die Rodel- und Biathlon-Anlage sind in Oberhof rund 84 Millionen Euro investiert worden. 24.01.2023 | 10:16 min
    "Wir müssen zusehen, die Dinge vor Ort so zu gestalten, dass wir trotzdem noch für eine längere Zeit Wintersport machen können", erläutert der Chef des Organisationskomitees (OK), Hartmut Schubert, dazu gegenüber ZDFheute und räumt mit Blick auf die fortschreitende Erderwärmung ein: "Ja, wir produzieren Kunstschnee. Aber wir haben eine klimaneutrale Energieerzeugung davor geschaltet."

    Argwöhnische Blicke auf Oberhof

    Andere Kommunen in der Region schauen durchaus argwöhnisch auf das Landstädtchen mit seinen 1.600 Einwohnern und auf die großzügigen öffentlichen Zuwendungen für einen Ort, der schon um 1900 den Adel und das Großbürgertum anzog - und der nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Kaderschmiede des Wintersports der DDR ausgebaut wurde.
    Die latente Neiddebatte rund um den Standort am Grenzadler kann der einstige Top-Skijäger Erik Lesser nicht verstehen. Ohne den Weltcup prophezeit der im Vorjahr zurückgetretene Oberhofer "einen Rückschritt für die Region Thüringer Wald".

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    FAQ
    Unterstützt wird der Doppel-Weltmeister von 2015 von Kati Wilhelm. "Bei Oberhof geht es auch um den Stellenwert, um Thüringen als Aushängeschild", weiß die dreifache Olympiasiegerin, die im nahegelegenen Steinbach-Hallenberg wohnt und Oberhof wegen seiner zahlreichen, auf engstem Raum versammelten Wintersportanlagen als "Leuchtturmprojekt" bezeichnet.

    Mittlerweile fünf Schneedepots

    Während beispielsweise die Grünen in Bayern mit Verweis auf die steigenden Durchschnittstemperaturen fordern, keine Steuermittel mehr in den Betrieb von Schneekanonen zu stecken, kann Oberhof, das 2015 schon den Weltcup in dem in die Jahre gekommenen Biathlon-Stadion schon zu verlieren drohte, mittlerweile auf fünf Schneedepots zurückgreifen.
    "Dass immer höhere Anforderungen an die Sportstätte an sich gestellt werden - da ist ein bisschen was dran", sagt Schubert, der zugleich stolz betont: "So gute Bedingungen wie jetzt bei uns gibt es nirgendwo in Deutschland." Dabei müsse "unterm Strich doch dauerhaft mal etwas Gescheites herumkommen".

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    Aufforderung des OK-Chefs an die Verbände

    Anders ausgedrückt: "Da sind jetzt natürlich auch die Verbände gefragt", so Schubert. Denn die Investitionen des Freistaats in die Oberhofer Sportstätten sollen dem Standort auch wieder zu einer sportlichen Blüte verhelfen.
    Dass die Winter im Flachland in Zukunft prinzipiell noch schlechter ausfallen werden als in dem 815 Meter hoch gelegenen Städtchen am Grenzadler ist Schubert dabei bewusst: "Wenn jetzt vor der Haustür kein Schnee liegt", ahnt der 63-Jährige, "geht der Nachwuchs eben doch zum Fußball."

    Freie Auswahl im Sportgymnasium

    Damit abfinden will sich der WM- und Oberhof-Beauftragte der Thüringer Landesregierung nicht. "Wir müssen schauen, wie wir das wettmachen können", fordert der SPD-Politiker und überlegt: "Wenn die Jungen und Mädchen erst mal in Oberhof im Sportgymnasium sind, können sie sich ja ab der fünften Klasse aussuchen, für welchen Wintersport sie geeignet sind." Denn Fußball wird dort nicht angeboten.

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