Der neue Bolzplatz: Jede Menge Baustellen beim FC Barcelona

Wenn der FC Barcelona am kommenden Mittwoch zum Spiel in der Champions League nach Neapel reist, sollten sich die spanischen Anhänger nicht zu sehr in die Geschichte ihres Gegners vertiefen. Sie könnten sonst auf eine entmutigende Parallele stoßen.

Fast genau dreißig Jahre bevor ihr Idol Lionel Messi 2021 Barcelona verließ, endete die Ära von Diego Maradona bei der SSC Neapel. Es folgten der finanzielle Kollaps und der sportliche Absturz. 33 Jahre brauchte Neapel bis zur nächsten Meisterschaft.

So gravierend waren die Folgen in Barcelona nach dem kollektiven Schock des Messi-Abgangs nicht. Doch aktuell hat Barca "gerade Probleme auf allen Ebenen", wie Moderator Manu Thiele in der neuen Folge Bolzplatz sagt. Das geht über die sportliche Situation mit Platz drei und zehn Punkten Rückstand auf Real Madrid weit hinaus.

Es war ein erneuter Schock für die Barca-Gemeinde, als Trainer Xavi im Januar seinen Rücktritt zum Saisonende verkündete. Einst hat er das legendäre Tiki-Taka-Ensemble zu sieben Meisterschaften geführt - und dann als Trainer mit dem Titelgewinn 2023 die Hoffnung geweckt, der Klub könne nach Messis Abgang bruchlos den alten Glanz weiterverbreiten.

"Ich finde die Entscheidung merkwürdig", sagt TV-Experte Jonas Hummels in der neuen Folge Bolzplatz. "Als Spieler fand ich Xavi überragend. Er hatte Ruhe, er hatte Konstanz. Als Trainer hat er sehr viel Unruhe ausgestrahlt, wie er an der Linie agiert hat."

Xavi schaffte es in dieser Saison vor allem nicht, die Abgänge der Routiniers Sergio Busquets und Jordi Alba aufzufangen, die der Defensive Struktur gegeben hatten. Dazu kommt, dass Torjäger Robert Lewandowski schwächelt und mitunter keinen guten Eindruck hinterlässt, "wenn es um die Ballbehandlung, um das Halten des Balles, das Verteilen des Balles und eben auch um die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor geht", wie der Journalist Alex Truica sagt.

Problem und Hoffnung zugleich ist die Altersstruktur des Kaders: Ein Viertel aller Spieler ist unter 21 Jahre alt. Darunter befinden sich einige in der eigenen Akademie La Masia ausgebildete Juwelen wie Gavi (19), Lamine Yamal (16) Hector Fort (17), Pau Cubarsi (17) und Alejandro Balde (20).

"Auf La Masia kann man sich aktuell verlassen", sagt Truica. "Das ist der Hoffnungsschimmer für die Zukunft, dass man so starke Talente hat, die sich jetzt schon bewiesen haben und die mit der Zeit umso erfahrener und besser werden sollten."

Finanziell ist Barca darauf angewiesen, die nächsten Topstars wieder selbst auszubilden. Die Bruttoverbindlichkeiten liegen laut Manu Thiele bei 1,35 Milliarden Euro. "Dass sie überhaupt noch existieren, ist aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive natürlich absurd", sagt Jonas Hummels. "Aber Fußball funktioniert anders." 

Der kostspielige Umbau des Camp Nou zu einem riesigen Event- und Geschäfts-Zentrum soll irgendwann Geld in die Kassen spülen. Erstmal reißt er weitere Löcher - durch die Baukosten und den vorübergehenden Umzug ins wesentlich kleinere Olympiastadion.

Um den Übergang finanziell zu überstehen, wurde Tafelsilber verkauft. Besonders der Verkauf eines Teils der Medienrechte ist ein riskanter Wechsel auf die Zukunft.

Ungeklärt ist, wer den Übergang sportlich gestalten soll. Viele Namen kursieren gerade, darunter einige deutsche. "Ich glaube, es wird eher ein Trainer, der fließend die Sprache spricht und ein langfristiges Konzept hat", sagt Jonas Hummels. "Ein Toptrainer à la Klopp oder Flick müsste sofort Erfolg haben."