Champions League: Union will an Fischer festhalten

Die Zahlen werden immer erbarmungsloser, die Situation immer prekärer. Zwölf Mal in Folge verließ Union Berlin zuletzt den Platz als Verlierer. Acht Mal in der Bundesliga, dreimal in der Champions League und ein Mal im Pokal. In den jüngsten fünf Spielen schossen die Eisernen nicht einmal mehr ein Tor.

Derart oft wie Union-Coach Urs Fischer durften noch nicht viele Bundesliga-Trainer mit einem Klub hintereinander verlieren. Bislang nur einer, vor gar nicht allzu langer Zeit.

Stefan Leitl kassierte als Trainer von Greuther Fürth in der Frühphase der Saison 2021/22 ein Dutzend Liga-Niederlagen in Serie. Der heutige Übungsleiter von Hannover 96 hält damit den Rekord, den niemand haben möchte.

Leitl durfte in Fürth dennoch bis Saisonende bleiben, stieg mit den Franken abgeschlagen als Letzter ab. Übrigens: Das 13. Spiel gewann er - gegen Union Berlin.

Nun haben die Köpenicker andere Ansprüche als die Fürther seinerzeit. Deswegen ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sie mit Fischer trotz aller Treuebekenntnisse und Verdienste den gleichen Weg - zurück in die 2. Liga - gehen würden.

Mehr noch als an Leitl erinnert die Situation von Fischer aber an jene von Jürgen Klopp in seiner letzten Dortmunder Saison. 2014/15 schlitterte der gefeierte Trainer mit seinem Team als Champions-League-Teilnehmer in akute Abstiegsgefahr.

Nach 20 Spieltagen und zwischenzeitlich fünf Pleiten in Folge zierte die Borussia sogar das Tabellenende. Verein und Fans standen jedoch weiter bedingungslos zu ihm - ähnlich wie es nun bei Fischer und Union der Fall ist.

Klopp durfte die Saison damals zu Ende bringen. Er schaffte die Wende, führte den Klub noch in die Europa-League-Qualifikation und ins Pokalfinale, ehe er selbst das Kapitel BVB schloss.

Und Fischer? Der sitzt nicht nur am Mittwoch, 18.45 Uhr (Zusammenfassung in der Champions-League-Sendung ab 23 Uhr), in Neapel auf der Bank, sondern, so war zu vernehmen, definitiv auch am kommenden Wochenende bei Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen.

Danach ist Länderspielpause und es bliebe Zeit, einen Trainerwechsel - sei es durch Rücktritt oder durch Rauswurf - zumindest halbwegs geordnet über die Bühne zu bringen.

Denn: Sollten auch diese beiden Partien verloren gehen, kommt wohl selbst Union-Präsident Dirk Zingler nicht mehr um diesen Schritt herum.

Neapel und Leverkusen - ausgerechnet gegen diese beiden Spitzenklubs soll Fischer nun seinen Job retten. Andererseits: Gegen beide erwartet niemand einen Sieg. Die Köpenicker gehen in jener Rolle in die Spiele, in der sie in den letzten Jahren so erfolgreich waren: als Außenseiter.

Die Frage im Stadio Diego Armando Maradona in Neapel, wo rund 2.500 unentwegte Union-Fans ihr Team unterstützen werden, ist nur: Wie viel Energie investiert man noch ins Abenteuer Champions League? Nach drei Niederlagen ist selbst Platz drei und das damit verbundene Überwintern in der Europa League in weiter Ferne.

Anders als beim 0:1 im Hinspiel vor zwei Wochen wird Fischer wohl seinen namhaftesten Neuzugang, Leonardo Bonucci, in dessen Heimatland in die Startelf beordern.

Die Erfahrung des 36 Jahre alten Europameisters soll endlich wieder für defensive Stabilität sorgen. Schließlich spielten die Berliner in keinem ihrer letzten 14 Pflichtspiele zu Null.

Mit einem Achtungserfolg beim italienischen Meister würde sich Fischer Luft verschaffen. Der würde ihm zwar keine Punkte im Kampf um den Klassenerhalt bringen, aber das zermürbende Zählen der Niederlagen hätte endlich ein Ende. Möglicherweise ein befreiendes. So, dass Union mit seiner Treue zum Trainer weiter eisern bleiben könnte.