Klimaschutz: China wird Vorreiter | Terra-X-Kolumne

    Kolumne

    Terra X - die Wissens-Kolumne:Kein Verstecken hinter China beim Klimaschutz

    von Volker Quaschning
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    Im Vergleich zu China wirkt der deutsche Anteil der CO2-Emissionen gering. Doch der Vergleich hinkt, vor allem historisch gesehen. Zudem gibt es ein Risiko für Deutschland.

    Terra X - Die Wissens-Kolumne: Volker Quaschning
    Quelle: Jakob Schäuffelen

    Wer sich dafür einsetzt, dass Deutschland endlich seinen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen gerecht wird und die nötigen Klimaschutzmaßnahmen dazu einleitet, sieht sich früher oder später mit einem Todschlagargument konfrontiert:
    Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland seien irrelevant, solange das mit Abstand größte Klimasünderland China seine Emissionen nicht deutlich senke.

    In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.

    In der Tat verursacht China rund 30 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen, Deutschland nur knapp zwei Prozent. Aber drehen wir die Argumentation doch mal um. Wenn China schon morgen ganz alleine klimaneutral wäre, würden uns die verbleibenden 70 Prozent an Treibhausgasemissionen immer noch in die Heißzeit führen.
    Würfel mit Aufschrift in einer Reihe
    Die Erlöse aus dem Emissionshandel fließen in den Bundeshaushalt. Mit diesem Geld werden grüne Projekte finanziert. Nun ist der Preis für CO2 ist im Sinkflug. Welche Auswirkungen hat das? 14.03.2024 | 4:45 min

    Deutschland hat historisch vierthöchste Emissionen

    Am Ende sind auch nicht die heutigen Emissionen ausschlaggebend, sondern die Summe seit Beginn der Industrialisierung. Betrachtet man die Gesamtemissionen aus der Nutzung fossiler Energien von 1850 bis heute, rutscht China auf den zweiten Platz, weit hinter den USA.
    Deutschland nimmt im historischen Negativranking übrigens den vierten Platz nach Russland ein. Selbst Indien mit seinen 1,4 Milliarden Menschen hat deutlich weniger Emissionen als Deutschland verursacht.

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    Pro-Kopf-Emissionen in Deutschland größer als in China

    Pro Kopf betrachtet waren 2022 die energiebedingten Emissionen in Deutschland immer noch minimal größer als in China. Einen beachtlichen Teil unserer Emissionen haben wir inzwischen outgesourct. Die fallen nun in China an, um Waren für uns zu produzieren. Warum sollte also ausgerechnet China vor allen anderen mit wirksamem Klimaschutz beginnen?
    Niemand kann und darf sich beim Klimaschutz hinter anderen verstecken. Katastrophale Klimaveränderungen lassen sich nur verhindern, wenn alle Länder gemeinsam ihre Emissionen senken. Länder mit breiten Schultern müssen dabei das Tempo vorgeben. Als drittgrößte Volkswirtschaft hat Deutschland besonders breite Schultern und angesichts der historischen Klimaschuld darum auch eine besonders große Verantwortung.
    Alte Fotos darunter eine alte Fabrik
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    Deutschland hält Pariser Klimaschutzabkommen nicht ein

    Viele in Deutschland wähnen sich als Klimaschutzvorreiter. Im aktuellen Klimaschutz-Performance-Ranking CCPI von German Watch landet Deutschland aber gerade mal auf Platz 14. Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen haben wir zugesichert, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Werte von zwei Grad Celsius oder mehr betrachtet die Klimaforschung als verantwortungslos.
    Doch genau da steuert Deutschland hin. Nach Berechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen SRU müsste Deutschland seine Kohlendioxidemissionen für die 1,5-Grad-Grenze schon bis 2029 auf null zurückfahren. Gönnen wir uns eine Erwärmung von 1,75 Grad Celsius müsste 2040 Schluss sein.
    Die Bundesregierung strebt die Klimaneutralität aber erst für 2045 an. Mit den eingeleiteten Maßnahmen im Gebäude- und Verkehrsbereich hat Deutschland derzeit nicht mal eine Chance, dieses schwache Ziel einzuhalten. 2023 hatten wir einen Rekordzubau von 900.000 Öl- und Gasheizungen. 2045 werden in Deutschland so immer noch fünf Millionen fossile Heizungssysteme in Betrieb sein. Eine funktionierende Idee, wie wir dieses Problem lösen, existiert nicht.
    Collage: Harald Lesch hinter Grafiken (alte Häuser)
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    Ohne ambitionierten Klimaschutz verlieren wir Wohlstand

    Dabei gibt es noch andere wichtige Gründe für Deutschland, beim Klimaschutz Tempo zu machen. China hat strategisch die Weltmarktführerschaft bei Klimaschutztechnologien erobert. 39 Prozent aller Windräder weltweit drehen sich in China. Rund ein Drittel aller Solaranlagen sind dort installiert und bei der Solarzellenproduktion beherrscht China über 90 Prozent des Weltmarkts.
    Auch bei der Elektromobilität ist das Land inzwischen führend. Wenn wir uns beim Klimaschutz hinter China verstecken, heizen wir damit nicht nur die Klimakrise immer weiter an. Wir riskieren am Ende auch unseren Wohlstand. Denn Braunkohlebagger, Gasheizungen oder Verbrennerautos werden ganz sicher nicht zu den Exportschlagern von morgen gehören.
    Harald Lesch steht neben einem Perpetuum-Mobile. Rechts im Bild deuten bunte Kabel ein X an und Biltze im Hinterrgund symbolisieren das Thema Energie
    Menschen brauchen Energie - als Nahrung, als Licht- und Wärmequelle. Harald Lesch beleuchtet die Geschichte der Energie und fragt nach Zukunftsvisionen.25.02.2024 | 43:37 min

    Science Date - Volker Quaschning
    31.10.2023 | 8:46 min
    ... ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin ist mehrfacher Buchautor, Betreiber eines Podcasts und Mitbegründer von Scientists für Future.

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