Update
Update am Morgen:Historischer Regierungswechsel in Berlin?
von Wulf Schmiese
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Guten Morgen,
wir sind heute Abend im "heute journal" mit einem echten Berliner zum Gespräch verabredet. Aus Spandau stammt er, ist 50 Jahre alt, gelernter Versicherungskaufmann, evangelisch, geschieden, Vater dreier Kinder. Noch führt er die Opposition im Abgeordnetenhaus an, doch heute Mittag will er Regierender Bürgermeister von Berlin werden: der erste von der CDU seit Eberhard Diepgen nach fast 22 Jahren SPD-Regentschaft.
Das ist Kai Wegner, "der lange Unterschätzte". So bezeichnet ihn Stephan Merseburger, Leiter unseres Landesstudios in Berlin, der Wegners lange CDU-Karriere kennt. Obwohl 16 Jahre im Bundestag, war Wegner nicht einmal in Berlin weithin bekannt, schon gar nicht als jemand, dem man zugetraut hätte, die SPD abzulösen. 2021 hatte er als CDU-Spitzenkandidat nur Platz drei geschafft - mit unterirdischen 18 Prozent. Bei der Wahlwiederholung in diesem Jahr reichte es dann für 28,2 Prozent, was nicht nur der Spitzenplatz ist, sondern auch das beste Berliner CDU-Wahlergebnis seit der Jahrtausendwende.
27.04.2023 | 1:34 min
Dabei galt Wegner vielen als West-Berliner Beton. So wird über jene Konservativen gelästert, denen unterstellt wird, die Diepgen-Jahre fortsetzen zu wollen: Provinz- anstatt Hauptstadt-Politik, wenig weltoffen, auf "Multikulti" schimpfende Laubenpieperei. "Wegner will zurück ins Lummer-Land", sagte mir mal eine empörte Grüne. Sie meinte damit nicht die Augsburger Puppenkiste, sondern spielte auf Heinrich Lummer an, der in den achtziger Jahren als Innensenator vor "Überfremdung" warnte und leutselig stramm rechts auftrat.
Wegner war damals noch nicht einmal in der Schüler-Union. Aber noch vor zwei Jahren hatte ihm sein Berliner Partei-"Freund" Mario Czaja einen "riskanten Rechtskurs" vorgeworfen und ihn ideologisch nah bei Hans-Georg Maaßen verortet. Das ist deshalb pikant, weil Czaja heute Generalsekretär der Bundes-CDU ist und nun öffentlich anders über Wegner urteilt.
Wegner habe tatsächlich "überrascht mit einer Senatsriege, die so weiblich und divers ist wie noch nie", sagte mir Stephan Merseburger vor wenigen Stunden im heute journal update. Nun sei die große Frage, ob es in dieser vorgestellten Großen Koalition wirklich "zu einer neuen Kultur der Zusammenarbeit in Berlin kommen kann".
Voraussetzung dafür ist, dass Wegner auch die nötigen Stimmen bekommt heute um 12 Uhr. 86 Abgeordnete haben CDU und SPD, 80 Stimmen braucht es für die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Im dritten Wahlgang reichte auch die relative Mehrheit. Sollte es klappen, wäre ein historischer Regierungswechsel vollzogen. Denn dann wäre Berlins bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zwar abgewählt, machte aber als künftige Wirtschaftssenatorin weiter - und als Stellvertreterin des neuen Regierenden Kai Wegner. So hätten beide einstigen Gegner einander ins neue Amt verholfen.
Wie immer es ausgeht - wir werden berichten.
Einen guten Tag wünscht
Wulf Schmiese, Leiter heute journal
Was heute noch wichtig ist
Bundestag berät über Fachkräfteeinwanderung: Der Bundestag beschäftigt sich heute erstmals mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur erleichterten Fachkräfteeinwanderung. Berufsabschlüsse sollen leichter anerkannt werden, ein Punktesystem soll unter anderem Qualifikation und Sprachkenntnisse berücksichtigen.
Pflegereform im Bundestag: Höhere Beiträge und mehr Leistungen - der Bundestag berät heute auch über eine Reform in der Langzeitpflege. Insbesondere die geplanten Verbesserungen für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige fallen laut Entwurf aber geringer aus, als von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zunächst angekündigt.
Im Ausland beginnt Stimmabgabe für Türkei-Wahlen: Türken im Ausland können ab heute für die Parlaments- und Präsidentenwahl in der Türkei abstimmen. Die Wahlen in der Türkei selbst finden am 14. Mai statt.
Leipziger Buchmesse öffnet fürs Publikum: Nach drei Jahren Corona-Pause öffnet die Leipziger Buchmesse am Donnerstag wieder ihre Tore fürs Publikum. Bis zum Sonntag präsentieren sich mehr als 2.000 Aussteller aus 40 Ländern. Als Gastland ist Österreich mit rund 200 Autorinnen und Autoren dabei.
Was im Ukraine-Krieg passiert ist
Ukraine laut Wagner-Chef Prigoschin vor Gegenoffensive: Diese stehe kurz bevor, vermutet Jewgeni Prigoschin in einer Videobotschaft. Es würden bereits heute "gut ausgebildete feindliche Einheiten in Bachmut" einlaufen. Seine Einheiten seien vorbereitet.
Ukraine baut Brückenkopf am Ufer des Dnipro: Dies stellt für Kiew laut Einschätzung der Militärexperten Christian Mölling und András Rácz besonders einen besonderen Erfolg dar. Der Brückenkopf bedrohe Russlands Nachschubwege und Befestigungen.
Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Ausführlich informiert
ZDFheute live: Ausverkauf der deutschen Wirtschaft? Der Heizungsbauer Viessmann verkauft sein Wärmepumpengeschäft in die USA. Ist das der Anfang vom Ende für den deutschen Mittelstand?
26.04.2023 | 23:42 min
Fragen und Antworten: Was Viessmanns Wärmepumpen-Deal bedeutet
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Procter & Gamble, Mars, Pepsi ... 17 Konzerne liefern derzeit nicht an Edeka. Denn: Handel und Hersteller sind sich schon seit Monaten nicht mehr grün. Es geht ums Geld. Bei Edeka könnte dieser Machtkampf bald besonders sichtbar werden. ZDF-Wirtschaftskollege Klaus Weber berichtet über den Kampf im Einzelhandel.
Gesagt
Die Niederlande feiern Königstag - den Geburtstag Willem-Alexanders (56). Weil in Sachen Königshaus nicht jedem nach Feiern zumute ist, versucht der Hof, das Image des Amtsinhabers aufzupolieren: In einem Podcast ließ dieser sich zum nahenden zehnjährigen Thronjubiläum befragen. Eine "out-of-body experience" (außerkörperliche Erfahrung) sei die Ernennung für ihn gewesen, erinnert er sich - "als ob ich über mir schwebte".
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Kurznachrichten im ZDF - immer auf dem Laufenden24.04.2024 | 1:50 min
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So wird das Wetter heute
Am Donnerstag fällt im Norden und an den Alpen noch etwas Regen. Sonst ist es bewölkt, aber trocken, und es wird wieder wärmer: Die Temperatur steigt auf 10 bis 17 Grad, am Oberrhein bis 19 Grad.
Quelle: ZDF
Zusammengestellt von Thorsten Duin
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