Pistorius: Waffen für Ukraine "keine finanzielle Frage"

    Rüstungsproduktion für Ukraine:Pistorius: "Wir liefern, was wir können"

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    Die Produktion von Waffen und Munition für die Ukraine läuft langsamer als geplant. Weder ein politisches, noch ein finanzielles Problem, meint Verteidigungsminister Pistorius.

    Marietta Slomka spricht mit Boris Pistorius.
    Deutschland tue alles, um der Ukraine militärisch zu helfen, sagt Bundesverteidigungsminister Pistorius. Dennoch könne die Rüstungsindustrie die Bedarfe nicht so schnell decken.05.12.2023 | 6:14 min
    Die westlichen Waffenlieferungen für die Ukraine hinken den angepeilten Zielen der Unterstützer-Länder hinterher. Der Grund: Die Rüstungsindustrie kann nicht schnell genug produzieren.
    Im ZDF heute journal spricht Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über den Stand der deutschen Waffenlieferungen, Kritik an der schleppenden Produktion und die Aussichten für den Kriegswinter.
    Sehen Sie das Interview oben in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Boris Pistorius...

    ...zum aktuellen Stand der deutschen Waffenlieferungen

    Deutschland sei inzwischen der zweitgrößte Unterstützer "mit großem Abstand vor den anderen", so Pistorius. Der Verteidigungsminister betont dabei vor allem Bereiche wie die Luftverteidigung, die für die Ukraine im zweiten Kriegswinter "so wichtig" seien.
    Die Fahne der Ukraine (M) weht vor dem Reichstagsgebäude zwischen der deutschen (r) und der Europafahne im Wind.
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    ...zur Kritik, die Ukraine bekomme "zum Gewinnen zu wenig, zum Verlieren zu viel"

    Er habe diesen Vorwurf immer zurückgewiesen, sagt Pistorius. "Wir liefern, was wir können. Das gilt für fast alle anderen Verbündeten und Partner auch." Doch Deutschland sei kein Bündnispartner der Ukraine und somit nicht in einem Bündnisfall.
    Zudem sei es "ja nicht so, dass wir nur liefern und aus Russland nichts Neues für die russischen Streitkräfte nachkommt". Russland produziere trotz Sanktionen weiter, "wenn auch nicht das hochmodernste Material".
    Der Kriegsverlauf sei zudem schwierig vorherzusehen.

    Deswegen ist es wichtig und notwendig, vor allen Dingen auf Nachhaltigkeit der Lieferungen zu setzen, bei allen Engpässen, die es geben kann.

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

    ...über die schleppende Produktion der westlichen Rüstungsindustrie

    Pistorius räumt ein: "Wir haben gerade das Problem, dass die Rüstungsindustrie in bestimmten Bereichen nicht so schnell liefern kann, wie die Bedarfe da sind." Das gelte etwa für Munition, aber auch für Luftverteidigungssysteme. Aber die Rüstungsindustrie fahre die Kapazitäten hoch "wo immer sie kann".

    Ja, das ist eine Frage des Tempos. Und das Tempo kann man nicht unbegrenzt beeinflussen.

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

    Es brauche Zeit, eine Fabrik hochzuziehen, die entsprechenden Munitions- und Explosivstoffvorräte anzulegen, um dann schnell und zügig produzieren zu können, so der Minister.
    Als Beispiel nennt er die Produktion von Gepard-Panzermunition, die Deutschland habe neu auflegen müssen. Das sei zwar schnell gegangen, habe aber auch sechs Monate gedauert. "Das heißt, wir reden über Zeitabläufe, die man beschleunigen, aber nicht komplett außer Kraft setzen kann."

    ...über das EU-Ziel, bis zum Frühjahr eine Million Schuss Artilleriemunition zu liefern

    "Ich habe sehr früh vor dieser Zahl gewarnt, weil ich sah, dass diese Zahl mutmaßlich nicht würde erreicht werden könnte", so Pistorius. Diese Zahl habe Erwartungen geschürt, die am Ende nicht erfüllt werden könnten.

    Eine Million war für eine Rüstungsindustrie, die aus Friedenszeiten kommt, eben nicht so ohne weiteres herstellbar.

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

    Der Verteidigungsminister verspricht Verbesserung: "Dass das jetzt in den nächsten Monaten besser wird, davon können Sie ausgehen." Allein Deutschland werde fast 200.000 Schuss Munition liefern. "Aber es braucht halt alles seine Zeit, und das ist keine Frage politischer Entscheidungen oder finanzieller Mittel."
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    ...über die Perspektiven für den weiteren Kriegsverlauf

    Der Aussage des Nato-Oberbefehlshabers Philip M. Breedlove, führende westliche Politiker würden gar nicht wollen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt, tritt Pistorius entgegen. "Das sehe ich genau anders", sagt er. "Ich glaube, wir sollten eher Angst davor haben, dass Russland diesen Krieg gewinnt, dass Putin diesen Krieg gewinnt. Denn dann stehen wir vor einer völlig neuen Sicherheitslage in Deutschland."
    Den Vorwurf halte er für völlig unbegründet - "und man kann ihn auch nicht festmachen an der Frage, ob man ein bestimmtes System liefert oder nicht."

    ...mögliche Verhandlungslösungen zwischen der Ukraine und Russland

    Die einzigen, die entscheiden könnten, ob verhandelt werde oder nicht, seien die Ukraine und Russland, betont Pistorius.

    Unsere Aufgabe, unsere Verantwortung, das sehen wir sehr klar so, ist, eine Situation auf dem Schlachtfeld, im Kriegsgeschehen herbeizuführen, dass Putin erkennt: Er kann diesen Krieg nicht gewinnen - und er deshalb an den Verhandlungstisch kommt.

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

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    Quelle: ZDF

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