Taurus für die Ukraine: Viel Kritik an Ringtausch-Idee

    Marschflugkörper für die Ukraine:Taurus: Viel Kritik an Ringtausch-Idee

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    Nach langer Diskussion könnte sich Deutschland nun doch an der Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine beteiligen. Das über einen Ringtausch zu tun, kommt aber nicht gut an.

    Südafrika, Bredasdorp: Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Lenkflugkörper Taurus im Rahmen der Übung "Two Oceans" über See. Archivbild
    Deutschland könnte sich über Umwege doch an einer Lieferung von Marschflugkörpern beteiligen (Archivbild einer Übung der Bundeswehr).
    Quelle: dpa

    Die von Großbritannien ins Gespräch gebrachte Idee eines Ringtauschs von Marschflugkörpern für die Ukraine ist in Deutschland auf ein gemischtes Echo gestoßen.

    Pistorius: "Ich weiß nichts von diesem Angebot"

    Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte der "Bild", er wisse nichts von einem britischen Angebot.

    Wenn es dazu Gespräche gibt, dann nicht in meinem Haus.

    Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister

    Falls es solche Gespräche mit dem Kanzleramt geben sollte, müssten sie ergeben, "ob das tragfähig ist oder nicht".
    Die Ukraine hatte die Bundesregierung bereits im Mai vergangenen Jahres offiziell um Taurus-Marschflugkörper gebeten. Die Waffen können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung mit großer Präzision treffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich Anfang Oktober vorerst gegen eine Lieferung entschieden - und bis zuletzt daran festgehalten.
    ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen und Andreas Kynast bei ZDFheute live
    Die ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen und Andreas Kynast erläutern, wie sich die Regierungen in Washington und Berlin zu Ukraine-Hilfen und Friedensverhandlungen positionieren.25.01.2024 | 14:08 min

    Hofreiter: Vorschlag zeigt "exemplarisch die Schwäche" des Kanzlers

    Bei Befürwortern einer Taurus-Lieferung in der Ampel-Koalition kommt die Ringtausch-Idee nicht gut an. Der Vorschlag zeige "exemplarisch die Schwäche" des Kanzlers bei der Unterstützung der Ukraine, kritisierte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Die Botschaft sei: "Großbritannien kann liefern, aber Deutschland nicht." Das Agieren des Bundeskanzlers bereite ihm "große Sorgen", so Hofreiter. "Er sendet wieder einmal das falsche Signal nach Moskau und nährt bei Putin den Glauben, sich langfristig militärisch durchzusetzen."
    Ein Ringtausch wäre zwar besser als gar nichts, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag. Aber das deutsche Taurus-System sei deutlich besser als die Waffensysteme der Verbündeten, da es durch elektronische Kriegsführung kaum gestört werden könne. Hofreiter fügte hinzu:

    Wenn es zu diesem Ringtausch kommt, muss es den Briten am Ende freistehen, selbst über eine Lieferung der Taurus an die Ukraine zu entscheiden.

    Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag

    Selenskyj zu Besuch in den baltischen Staaten
    Der ukrainische Präsident Selenskyj erneuerte seine Forderung nach mehr Luftabwehrsystemen.10.01.2024 | 1:30 min

    Strack-Zimmermann: Vorschlag ist "untauglich"

    Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), lehnte einen Ringtausch ab. "Die Ukraine braucht Taurus, und zwar sofort", sagte sie dem "Handelsblatt".

    Storm Shadow ist kein gleichwertiger Ersatz. Insofern ist der Vorschlag untauglich.

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag

    Strack-Zimmermann bezeichnete den britischen Vorschlag als "gesichtswahrende Lösung für den Kanzler".
    Was gebraucht werde, sei umgehend weitere Unterstützung von allen europäischen Ländern, damit die Ukraine sich wirkungsvoll wehren könne. "Frau Strack-Zimmermann hat recht: Der Kanzler muss sich bis Februar bekennen und den Taurus liefern", sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul.
    Angriffswelle auf Ukraine
    Deutschland dürfe nicht nachlassen, die Ukraine zu unterstützen, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann.02.01.2024 | 0:49 min

    CDU-Außenexperte Kiesewetter: "Peinlich" für Deutschland

    Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte, ein Ringtausch wäre "peinlich" für Deutschland und widerspreche einem deutschen Führungsanspruch in Europa.

    Außerdem ist es ein Zeichen mangelnden Vertrauens in die Ukraine, wenn Deutschland dem Angebot nachkommt.

    Roderich Kiesewetter, CDU-Außenpolitiker

    Kiesewetter weiter: "Deshalb sollte Deutschland endlich direkt liefern."
    Lediglich der für Verteidigung zuständige SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz zeigte sich aufgeschlossen.

    Wenn es der Ukraine nutzt, dann ist das sicherlich eine Option im Zuge der internationalen Zusammenarbeit.

    Andreas Schwarz, SPD-Haushaltsexperte

    Roderich Kiesewetter bei ZDFheute live, Logo unten links
    Die Entscheidung, Taurus nicht zu liefern, koste "unnötig Menschenleben", sagte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bereits im November.29.11.2023 | 15:23 min

    London verweist auf bestehende Zusammenarbeit

    Die britische Regierung hielt sich bedeckt. Das Verteidigungsministerium teilte auf Anfrage lediglich mit: "Das Vereinigte Königreich und unsere Partner, darunter Deutschland, arbeiten weiterhin zusammen, um die Ukraine bestmöglich für die Verteidigung ihres Hoheitsgebiets auszurüsten." Die französische Regierung ließ eine Anfrage unbeantwortet.
    Beide Länder liefern der Ukraine bereits seit langem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Kanzler Olaf Scholz lehnt dies unter anderem mit dem Hinweis auf eine fehlende Abstimmung mit den USA bisher ab und verwies stattdessen erneut darauf, dass Deutschland mehr als die Hälfte der Militärhilfe aller Partner in der EU liefere.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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    Quelle: dpa, Reuters

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