Baerbock will Putin zur Rechenschaft ziehen

    Reform des Völkerrechts:Baerbock: Putin zur Rechenschaft ziehen

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    Außenministerin Baerbock klagt Putins Deportation von Kindern in der Ukraine an - und wirbt für den Ausbau des Völkerrechts. Der IStGH solle Angriffskriege als Straftat werten.

    Baerbock auf dem Weg zum internationalen Gerichtshof
    Außenministerin Baerbock will die Hürden senken, um Staats- und Regierungschefs anzuklagen. Sie wirbt für weitreichendere Regeln am Internationalen Strafgerichtshof.17.07.2023 | 2:48 min
    Außenministerin Annalena Baerbock hat den von Wladimir Putin begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine als "Urverbrechen" bezeichnet und verlangt, alles zu tun, um den russischen Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen.
    Man erlebe, dass Putin selbst vor den schwächsten Menschen, "den Kindern, nicht Halt macht, sondern sie auf eine brutale Art und Weise in seinen Vernichtungskrieg einbezieht", sagte sie am Montag in New York zum Festakt zum 25. Jahrestag der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH).
    Mehr zu den Aufgaben des IStGH im Video:
    Außenansicht des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
    Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Seit 25 Jahren versucht der Internationale Strafgerichtshof, Täter der Gräueltaten zur Verantwortung zu ziehen.17.07.2023 | 0:59 min

    Baerbock: Putin lässt Kinder verschleppen

    Putin lasse bewusst Kinder verschleppen und ihrer Identität berauben, damit es deren Eltern möglichst schwer falle, sie zurückzuholen, klagte Baerbock an. Deswegen sei es für sie gerade am 25. Jahrestag des IStGH "so wichtig, dass wir klar benennen, dass wir eine Lücke im internationalen Recht haben".
    Ausgerechnet "bei dem Urverbrechen, dem Angriffskrieg", weise das Völkerstrafrecht eine Lücke auf, in dem die Staats- und Regierungschefs, die Angriffskriege führten, nicht alle angeklagt werden könnten. Der Festakt sei "auch ein Auftrag, das Völkerstrafrecht weiter zu entwickeln. Denn niemand darf im 21. Jahrhundert einen Angriffskrieg führen und dabei straflos bleiben."
    Eine Mutter umarmt ihre Tochter, die zuvor nach Russland verschleppt worden war.
    "frontal" berichtete, dass seit Kriegsbeginn russische Behörden systematisch Kinder und Jugendliche aus der Ukraine entführten. Jetzt gelang es einer Rettungsorganisation, 31 Kinder zurückzuholen.11.04.2023 | 1:16 min
    Immer wieder gibt es Berichte über Kinder, die aus der Ukraine nach Russland verschleppt wurden:

    Baerbock für Völkerrechtsreform

    In ihrer Rede sagte Baerbock vor dem Hintergrund aktuell fehlender Mehrheiten für eine Reform des Römischen Statuts als rechtliche Grundlage für den IStGH:

    Wir haben die Verantwortung, unsere Kräfte zu bündeln und Wege zu finden, um die Lücke bei der Rechenschaftspflicht für das Urverbrechen (...) zu schließen.

    Annalena Baerbock, Außenministerin

    Sie ergänzte: "Nichts zu tun, es nicht zu versuchen, das wäre falsch. Denn wenn wir nicht darauf reagieren, ist die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Aggression Russlands Straflosigkeit." Dann werde die Welt "ein Ort sein, an dem alle Staaten in Angst vor einem größeren Nachbarn leben werden".
    ZDF-Korrespondent Andreas Kynast zu dem Baerbock-Vorschlag:
    ZDF-Korrespondent Andreas Kynast berichtet in New York.
    Beim Jubiläum des Internationalen Strafgerichtshofes fordert Außenministerin Baerbock eine Reform des Völkerstrafrechts. ZDF-Korrespondent Andreas Kynast berichtet in New York.17.07.2023 | 1:02 min

    Außenministerin: "Deutschland hat eine besondere Verantwortung"

    Ausführlich ging Baerbock auf die Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg ein:

    Mein Land, Deutschland, hat unmenschliche Angriffskriege geführt und den grausamsten Völkermord begangen, bei dem Millionen Menschen getötet wurden.

    Annalena Baerbock

    Baerbock weiter: "Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, unseren Teil dazu beizutragen, dass solche Verbrechen nie wieder passieren."
    Der Internationale Strafgerichtshof hatte im März wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Sie seien mutmaßlich verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder und Minderjähriger aus besetzten Gebieten nach Russland. Moskau spricht in dem Zusammenhang von Evakuierungen.

    Baerbock: Strafbefehl gegen Putin wichtiges Zeichen

    Der Haftbefehl des IStGH vom März 2023 gegen Putin sei ein wichtiges Zeichen gewesen, lobte Baerbock. Er "unterstreicht, dass dieser brutale Angriffskrieg vor allen Dingen gegen die Schwächsten geführt wird und dass die internationale Gemeinschaft insbesondere den Schwächsten, den Kindern zuallererst, Gehör gibt".
    Der Schritt habe dazu geführt, dass Putin in kein Land gereist sei, dass das Statut des Gerichts ratifiziert habe. "Und es hat auch deutlich gemacht, dass das Völkerstrafrecht wirkt", sagte die Bundesaußenministerin.

    Frieden durch Recht. Das ist die Stärke, die die internationale Gemeinschaft dem brutalen russischen Angriffskrieg entgegenhält.

    Annalena Baerbock

    Zustimmung von CDU und FDP

    Baerbocks Vorstoß stieß parteiübergreifend auf Zustimmung. "Bislang ist der Straftatbestand des Verbrechens der Aggression beim Internationalen Strafgerichtshof nicht erfasst", sagte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Deshalb ist es gut, dass die Außenministerin sich dafür parallel zur Ahndung der Kriegsverbrechen Russlands gegen die Ukraine einsetzt."
    Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gab Baerbock Recht: "Es ist eine Frage der Gerechtigkeit den Opfern gegenüber, dass Verbrecher nicht ungeschoren davonkommen."
    Nach der Ausstellung des Haftbefehls durch den IStGH gegen Putin wegen Kriegsverbrechen wird ein Gipfel der Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) vom 22. bis 24. August in Südafrika mit Spannung erwartet. Falls Putin anreist, könnte er verhaftet werden.
    Beweise für Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine werden in Den Haag bereits gesammelt:

    Neues Zentrum in Den Haag
    :Wie Russlands Krieg untersucht werden soll

    Mit einem neuen Zentrum in Den Haag sollen Beweise für russische Kriegsverbrechen und Aggressionen gesammelt werden. Welches Signal die EU damit senden will und was geplant ist.
    Eurojust, ICPA
    FAQ
    Quelle: dpa

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