Vize-Kanzler Habeck gegen Kampfjet-Lieferung an die Ukraine

    Vizekanzler bei "Markus Lanz":Habeck lehnt Kampfjet-Lieferung an Ukraine ab

    von Pierre Winkler
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    Vize-Kanzler Habeck hat die Bundesregierung für zu langes Zögern bei Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine kritisiert. Beim Thema Flugzeug- und U-Boot-Lieferungen blockte er ab.

    Markus Lanz vom 31. Januar 2023: Lamia Messari-Becker, Markus Lanz, Johannes Lackmann, Robert Habeck (zugeschaltet)
    Unter anderem sprach Vize-Kanzler Robert Habeck bei "Markus Lanz" über Waffenlieferungen an die Ukraine.31.01.2023 | 75:21 min
    Die Ukraine mit schwerem Kriegsgerät unterstützen? Unbedingt, findet Robert Habeck. Der Vizekanzler setzt aber eine klare Grenze.
    "Ich halte von dieser Debatte, die jetzt über U-Boote oder Flugzeuge geführt wird, wenig", sagte er am Dienstagabend bei Markus Lanz. "Das ist nicht das, was jetzt ansteht." Vielmehr sei gerade wichtig, die versprochenen Leopard-Kampfpanzer so schnell wie möglich in die Ukraine zu transportieren. Mehr aber eben nicht.

    Ich sage, dass ich das nicht richtig finde, jetzt Kampfjets zu liefern.

    Robert Habeck, Vizekanzler

    Und zwar nicht nur zum jetzigen Zeitpunkt, sondern "generell".

    "Nicht in den Krieg hineinziehen lassen"

    Es gehe seit Beginn des Krieges um einen "Balanceakt", um die "maximale Unterstützung der Ukraine, ohne selbst Deutschland oder Europa oder die Welt in diesen Krieg hineinziehen zu lassen". Dabei sei nicht ganz klar, wo die Linie verlaufe.
    "Einige sagen, und ich respektiere auch diese Sorge, dass schon die Entscheidung, Kampfpanzer zu liefern, zu weitgehend ist", sagte Habeck. Er selbst sehe das anders. Im Gegenteil: "Wir haben lange, und vielleicht ein bisschen zu lange gezögert, um diese Entscheidung zu treffen."

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    Kampfpanzer nicht gleich Kampfjets

    Bei den Leopards hätte es also schneller gehen müssen laut Habeck. "Aber zwischen Kampfpanzern und Kampfjets oder der Ausrüstung der Marine ist noch einmal ein Unterschied", fuhr er fort. "Und aus meiner Sicht sollten wir diesen Unterschied wahren."
    Moderne westliche Kampfjets müssten nämlich von den Lieferländern gewartet werden. Habeck fürchtet, dass "wir damit den Schritt zu weit gehen könnten, um Kriegspartei zu werden".

    Wird Deutschland direkt am Krieg teilnehmen?

    Ob und wann Deutschland direkt am Krieg in der Ukraine teilnimmt, diese Debatte hatte sich gerade erst wieder an einer Aussage von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock entzündet. Sie hatte in der vergangenen Woche bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg gesagt: "Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander."
    Dabei bezog sie sich auf Streit unter den europäischen Ländern, die die Ukraine unterstützen. "Das war, wenn man es wörtlich liest, nicht präzise", sagte Habeck.

    Wir sind nicht im Krieg.

    Robert Habeck, Vizekanzler

    Habeck steht hinter Baerbock

    Er verteidigte seine Grünen-Parteikollegin aber mit deutlichen Worten: "Die gewollte Missinterpretation dieses Satzes verrät auch viel."
    Habeck fand, dass der Kontext "völlig klar ist, und dass Annalena nicht Russland den Krieg erklärt hat, oder was ich da alles lesen musste". Es sei in ihrer Rede darum gegangen, "die Gemeinsamkeit herzustellen. Das ist die Arbeit der Außenministerin, von morgens bis abends."

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    Weniger Verständnis zeigte Habeck für Brasiliens Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Dieser hatte der Ukraine eine Mitschuld am Krieg gegeben und sich geweigert, der Ukraine Munition für die in Deutschland hergestellten Gepard-Flugabwehrkanonen zu liefern.
    "Das ist bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, aus diesem Bündnis, aus dieser Allianz, die sich gebildet hat, um die Ukraine zu unterstützen, mehr zu machen", sagte Habeck. Es gebe "eine große Reserviertheit von Ländern, die wir gut in dieser Allianz gebrauchen könnten".

    Auch Südafrika eher zurückhaltend

    Habeck zog eine Verbindung von der ablehnenden Haltung Brasiliens nach Südafrika. Dort hatte er im Dezember für eine Zusammenarbeit beim Klimaschutz geworben, aber auch den Krieg in der Ukraine angesprochen. Südafrika sei dabei ähnlich zurückhaltend wie Brasilien, erklärte Habeck. Er habe versucht, den europäischen Standpunkt klarzumachen.

    Dann wiesen die Südafrikaner darauf hin, dass, als ihnen Unrecht geschehen ist, also in der Zeit der Apartheid, der Unterdrückung, des Rassismus in Südafrika, der Westen, wenn ich so reden darf, lange weggeguckt und gute Geschäfte mit der Apartheids-Regierung gemacht hat.

    Robert Habeck, Vizekanzler

    Der Westen habe also längst nicht alles richtig gemacht. Das sei keine "Entschuldigung" für die brasilianische Haltung, "aber es ist eine gewisse Erklärung aus dem historischen Kontext".
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