COP28 in Dubai: "Zeit der leeren Versprechungen muss enden"
Interview
Forscher zur Weltklimakonferenz:"Zeit der leeren Versprechungen muss enden"
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Die "Zeit der leeren Versprechungen" müsse in Dubai zu Ende gehen, fordert Ottmar Edenhofer. Der Klimaforscher drängt auf die Entscheidung, aus Kohle, Gas und Öl auszusteigen.
Die Weltklimakonferenz findet in diesem Jahr in Dubai statt.
Quelle: dpa
Fast 200 Länder verhandeln seit letzter Woche im Emirat Dubai darüber, wie der Klimaschutz weltweit vorangebracht werden kann. Gleich am ersten Tag wurde ein Fonds für Schäden und Verluste beschlossen, der armen Ländern bei Katastrophen helfen soll. Für Wirbel sorgte ein Zitat des COP-Präsidenten Sultan Ahmed Al Jaber, der behauptet, der Ausstieg aus den fossilen Energien sei aus wissenschaftlicher Sicht nicht nötig. Klimaforscher Ottmar Edenhofer über die ersten Tage der COP28.
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ZDFheute: Vor dem Start war immer wieder zu hören, die COP28 sei eine der wichtigsten Weltklimakonferenzen seit langem. Sehen Sie das auch so?
Prof. Ottmar Edenhofer: Ich bin bei Superlativen immer sehr vorsichtig.
Das ist ein ganz wichtiges Thema - vor allem auch, weil die COP hier in Dubai stattfindet. Das ist der richtige Ort, um über Kohle, Öl und Gas zu sprechen und zu verhandeln.
Quelle: PIK
... ist Chefökonom und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). An der Technischen Universität Berlin hat der Professor außerdem den Lehrstuhl für die Ökonomie des Klimawandels inne. Von 2008 bis 2015 war Edenhofer Mitglied des Weltklimarates (IPCC).
ZDFheute: Gleich am ersten Tag gab es eine überraschende Entscheidung, nämlich die über einen Fonds zu Schäden und Verlusten ("Loss and damage"). Ein guter Anfang?
Edenhofer: Wirklich alle, die lange Erfahrungen auf solchen COP haben, waren sehr überrascht, dass zu Beginn gleich so ein positives Momentum entsteht. Es wurde ja nicht nur angekündigt, dass man "Loss and Damage" umsetzen will, sondern der Fonds wurde auch gleich mit Geld aufgefüllt. Und das hat sicherlich dazu geführt, dass über die Tagesordnung nicht mehr lange verhandelt werden musste.
Es geht jetzt im Kern um drei große Fragen, nämlich um die Verdreifachung der Erneuerbaren, um die Verdopplung der Energieeffizienz. Aber das ganz große Thema ist eben der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.
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Dazu muss es belastbare Zahlen geben, dazu muss es auch einen belastbaren Zeitplan geben. Was fast noch wichtiger ist: Man braucht auch eine Vorstellung darüber, mit welchen Instrumenten man diesen Ausstieg bewerkstelligen will.
ZDFheute: Hat denn diese COP das Potenzial, die Welt näher an den Pfad zum 1,5-Grad-Limit von Paris heranzurücken?
Edenhofer: Es ist wichtig, dass wir hier die Realitäten sehen. Die Emissionen haben zuletzt einen Höchststand erreicht. Sie steigen mit einer zunehmenden Wachstumsrate. Wenn man sich die tatsächlichen Pläne der Regierungen anschaut, stellt man fest, dass bis zum Jahr 2030 die Kohleproduktion steigen soll und dann erst langsam abflacht. Bis zum Jahr 2050 soll die Öl- und Gasproduktion steigen und dann vielleicht ein Plateau erreichen.
Wir könnten vielleicht hier dem 1,5 Grad Pfad näherkommen, wenn es den Beschluss gibt, dass wir bis zur Mitte des Jahrhunderts Emissionen auf Null absenken und die schwer vermeidbaren Restemissionen aus Industrie und Landwirtschaft kompensieren, indem wir CO2 aus der Atmosphäre entziehen. Aber dann kommt es darauf an, belastbare Instrumente einzuführen, mit denen die Regierungen das dann tatsächlich umsetzen.
ZDFheute: Der COP-Präsident hat nun erklärt, es gebe keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energien tatsächlich hilft. Wie bewerten Sie diese Äußerung?
Edenhofer: Al Jabers Kommentar zu fossilen Brennstoffen ist besorgniserregend. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Lage eindeutig:
Das bedeutet, dass der globale Ölverbrauch drastisch sinken muss - nämlich um 67 Prozent bis 2050, der globale Gasverbrauch sogar um 90 Prozent bis 2050. CCS (CO2-Abscheidung und - speicherung, Anm. d. Redaktion) ist notwendig, um erstens schwer vermeidbare Restemissionen im Industriesektor auszugleichen und zweitens aus der Atmosphäre entnommenes CO2 dauerhaft im Boden zu speichern. Das muss jedoch zusätzlich und nicht an Stelle des fossilen Ausstiegs geschehen.
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ZDFheute: Ist bei Ihnen als Wissenschaftler nicht immer auch Frust dabei, wenn Sie sehen, dass die Dinge nicht so vorankommen, wie sie sollten?
Edenhofer: Ich glaube, man muss sich als Wissenschaftler, aber auch als Bürgerin und Bürger damit abfinden, dass die Welt der Diplomatie, die Welt der Politik und die Welt der wissenschaftlichen Einsicht zwei Welten sind.
In der Wissenschaft müssen wir nicht mit den Interessengegensätzen großer Mächte hantieren. Die Politik muss das, sie muss große Konflikte austarieren. Wir sind ja in einer geopolitisch sehr schwierigen Lage, die die Kooperation sicherlich nicht einfacher macht. Aber man muss dann eben auch Sorge tragen, dass man trotz dieser langsameren Geschwindigkeit am Ende die Kurve bekommt.
Das Interview führte Mark Hugo aus der ZDF-Umweltredaktion.