Scholz bei "illner": "Lasse mich nicht kirre machen"

    Exklusiv

    Kanzler bei "maybrit illner":Scholz: "Lasse mich nicht kirre machen"

    von Torben Schröder
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    Kanzler Scholz (SPD) lässt die Kritik an der Kriegs- und Krisenpolitik der Bundesregierung an sich abperlen – und macht Ansagen zu Kampfflugzeugen und Steuererhöhungen.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im ZDF das Bild einer Bundesrepublik gezeichnet, die von ihrer Bundesregierung umsichtig und zielsicher durch die Krisen geführt wird. Die zahlreichen Kritikpunkte, die Moderatorin Maybrit Illner in der gleichnamigen ZDF-Sendung ins Feld führt, lässt der Kanzler an sich abperlen. Nur einmal wird Scholz etwas forscher.
    "Deutschland muss sich an dieser Stelle von niemandem Vorwürfe anhören", sagt der Regierungschef mit Blick auf die Kritik zögerlicher und unzureichender Waffenlieferungen an die Ukraine. Immer wieder betont Scholz, dass die Bundesrepublik zu den stärksten Unterstützern des von Russland angegriffenen Landes zähle. Zu langsam, zu wenig? Ach was.
    Von 5.000 Helmen zum Kampfpanzer - die deutschen Zusagen im Zeitstrahl:
    Von Helmen zum Leopard: Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine
    Von Helmen zum Leopard: Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine
    Von Helmen zum Leopard: Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine
    Von Helmen zum Leopard: Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine

    Erst Ausrüstung, dann Waffen

    Für die Ankündigung, 5.000 Helme in die Ukraine zu schicken, erntete die Bundesregierung im Januar 2022 viel Spott. Nach Kriegsbeginn lieferte sie dann auch Waffen - eine Auswahl.

    Quelle: ZDF/Getty Images


    Muss Selenskyj bei Scholz immer Druck machen?

    Auch Aussagen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, er müsse immer wieder bei Scholz Druck machen, wischt der Kanzler im ZDF vom Tisch: "Er zweifelt nicht." Und kritische Stimmen aus anderen Ländern? "In Europa existiert kein Misstrauen. Viele verstehen ganz genau, was wir tun." Die Bundesregierung handele nun einmal nicht übereilt, sondern "gut abgestimmt und wohl abgewogen".
    "Alle wichtigen Entscheidungen haben wir mit unseren engsten Verbündeten abgestimmt, insbesondere mit den USA, was mir persönlich sehr, sehr wichtig ist", sagt Scholz.

    Ich werde mich nicht kirre machen lassen.

    Bundeskanzler Olaf Scholz

    Kampfjets kein Thema für Scholz

    Kein pauschales Nein, aber eine aktuelle Absage gibt es vom Kanzler zur Lieferung von Kampfflugzeugen. "Die Debatte macht keinen Sinn", sagt Scholz. Es gelte sich auf das zu konzentrieren, was jetzt zur Verteidigung der Ukraine notwendig ist. Aber mit welchem Ziel?
    Die Formulierung, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen, meidet Scholz weiterhin. "Dafür Sorge tragen, dass die Ukraine ihre Unabhängigkeit, ihre Integrität, ihre staatliche Souveränität verteidigen kann, auch ihre Freiheit", lautet seine Formulierung.
    [Lesen Sie hier die Analyse des Interviews mit Olaf Scholz von unserem ZDFheute-Korrespondenten Dominik Rzepka.]
    Denn: "Ich lege Wert darauf, mich präzise auszudrücken." Ein anderes Ziel lautet: "Wir werden alles dafür tun, dass dieser Krieg sich nicht auswächst zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato." Es gelte, eine Eskalation zu vermeiden.
    Polen habe "keinen Grund, sich zu mokieren", sagt Scholz in Richtung des östlichen Nachbarn:

    Scholz: War China gegenüber klar

    Russland werde schlussendlich seine Truppen zurückziehen müssen. "Wir werden unsere Unterstützung so lange durchhalten, wie es notwendig ist", sagt Scholz. China gegenüber habe er "klar gesagt", dass Waffenlieferungen an Russland nicht akzeptiert würden. Alle Länder seien aufgefordert, die globale Friedensordnung zu achten.
    Bernhard Bartsch vom Mercator-Institut erwartet nicht, dass China Waffen nach Russland liefern wird:
    Auf die Kritik hin, Scholz kommuniziere zu spät und zu unklar, sagt der Kanzler: "Ich halte nichts davon, dass man in einer so ernsten Angelegenheit jede Woche eine andere Meinung verkündet." Die Menschen seien unsicher, die "übergroße Mehrheit" der Bürger aber trage den Kurs der Regierung mit.

    Wagenknecht-Initiative lehnt der Kanzler ab

    Dass diese sich häufiger mal zofft, liegt für Scholz auf der Hand. Es handele sich um drei Parteien mit unterschiedlichen Vorstellungen. Außerdem: "Ich wundere mich nicht, dass es ab und zu ein paar Geräusche gibt, wenn man so viel arbeitet." Ob Außenministerin Annalena Baerbock ihm zu forsch ist? "Nein. Wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten, aber sehr eng miteinander abgestimmt."
    Ausdrücklich nicht teilt Scholz die Stoßrichtung des Wagenknecht-Schwarzer-Aufrufs. "Der Moment, der eine Friedensperspektive eröffnet, der muss erst entstehen", sagte der Kanzler:

    Bewältigung der Energiekrise "ist gelungen"

    Bestrebungen nach Steuererhöhungen erteilt der Kanzler eine indirekte Absage, indem er auf den Koalitionsvertrag verweist. Zu den vielfach geäußerten Sorgen vor Wutwinter und kalten Wohnungen sagt Scholz: "Wir haben 300 Milliarden Euro eingesetzt, um die Krise zu bekämpfen. Und das ist gelungen."
    Es gelte nun, geringere Energiepreise durchzusetzen und die Import-Infrastrukturen zu verbessern. "Die Deutschland-Geschwindigkeit, die wir beim Bau der Flüssiggasterminals an den Tag gelegt haben, soll auch für viele andere Bereiche gelten", sagt Scholz mit Blick auf die Erneuerbaren Energien. Und: "Das wird die größte Veränderung seit vielleicht Ende des 19. Jahrhunderts, was das industrielle Geschehen in Deutschland betrifft."
    Das ganze Interview sehen Sie oben im Video.

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