Diese Folgen könnten die geleakten US-Berichte haben

    Skandal um Geheimdienst-Berichte:Diese Folgen könnten die Leaks haben

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Die Leaks zum Krieg in der Ukraine sind eine Blamage für US-Geheimdienste. Sie könnten weitreichende Konsequenzen haben - für die USA, ihre Verbündeten und vor allem die Ukraine.

    Es ist vermutlich das größte Datenleck der US-Geheimdienste nach Edward Snowdens NSA-Leaks und den von Wikileaks veröffentlichten geheimen Militärakten: Nun kursieren im Internet streng geheime Papiere der US-Regierung zum Ukraine-Krieg. Die Konsequenzen könnten laut Experten dramatisch ausfallen: Für die USA und deren Geheimdienste, für die internationale Allianz gegen Russland aber auch und vor allem für die Ukraine selbst.

    Konsequenzen für Sicherheit der ukrainischen Truppen

    Wenn die Militärdokumente echt seien, könnten sie "tödliche Folgen für die Ukrainer im Krieg mit Russland haben", zitiert CNN Jim Himes, Spitzenpolitiker der US-Demokraten im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Bekommt der Feind Hinweise auf Quellen und Methoden, berge das die sehr reale Gefahr, dass diese Quellen und Methoden verschwinden.

    Das kann bedeuten, dass Menschen getötet werden, das kann bedeuten, dass Technologien abgeschaltet werden. Und das führt zu schlechten Ergebnissen auf dem Schlachtfeld.

    Jim Himes, US-Demokrat im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses.

    Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen: "Dadurch, dass Russland jetzt genauer weiß, wie die Verbündeten aufklären, welche Satelliten-Werkzeuge, Lauschangriffe sie benutzen, können sie (die Russen) versuchen, diese elektronisch zu stören, zu unterlaufen."

    Folgen für die ukrainische Gegenoffensive

    Die Daten müssen aber nicht unbedingt einen unmittelbaren Einfluss auf das Kriegsgeschehen in den nächsten Tagen und Wochen haben. Zum einen ist das Material etliche Wochen alt. Zum anderen verfügen die US-Geheimdienste offenbar kaum über konkrete Informationen zu geplanten militärischen Operationen, erklärt Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom im Gespräch mit ZDFheute.
    Der Grund: Kiew berichte den Amerikanern und auch anderen Verbündeten zwar über aktuelle Kämpfe, halte sich aber bedeckt mit Informationen zur Kriegsstrategie. "Das erklärt auch, warum Kiew sagt, dass die Leaks keinen Einfluss auf die künftige Sicherheit haben", so Schmidt-Eenboom.
    Bereits im Frühsommer des vergangenen Jahres sagte die Direktorin des Nationalen Geheimdienstes Avril D. Haines bei einer Anhörung im Senat, die USA verfügen vermutlich über mehr Informationen über die russische Seite als über die ukrainische Seite.

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    Auswirkungen der Leaks auf die Geheimdienstarbeit

    Die Leaks haben vermutlich auch weitreichende Folgen auf die Arbeit der Geheimdienste weltweit. Der australische Ex-General Mick Ryan zählt bei Twitter eine Reihe von wahrscheinlichen Auswirkungen auf:
    Alle in den Dokumenten erwähnten Behörden würden jetzt erst zunächst eine aufwendige Risikobewertung und Schadensbegrenzung betreiben müssen, so Ryan. Das erfordere viel Zeit, Personal und Ressourcen - ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem die Geheimdienste mit der Unterstützung der Ukraine und anderen Konflikten sowieso schon überlastet seien.

    Geheimagenten in Peking und Moskau werden sich nicht nur prächtig amüsieren, sondern auch Wege finden, um der Ukraine und den USA mit den Leaks Schaden zuzufügen.

    Militärstratege Mick Ryan bei Twitter

    Die Analyse von Militärstratege Mick Ryan bei Twitter
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    Folgen für das Vertrauen zwischen Ukraine und USA

    Das tiefe Vertrauen insbesondere zwischen US-amerikanischen und ukrainischen Beamten sei durch diese Lecks belastet, so Ryan weiter. Vor den Leaks habe es einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen beiden Ländern gegeben - beispielsweise zu Waffen- und Munitionsbeständen oder wo die Ukraine gespendete Waffen einsetzt.
    Mit diesen Lecks sei die bisherige Offenheit in Gefahr, erklärt Ryan: "Dies würde nicht nur die Kriegsanstrengungen der Ukraine behindern, sondern auch Russland helfen."

    Konsequenzen für die Position der USA

    Doch einen Vertrauensverlust könnte es nicht nur zwischen den USA und der Ukraine geben, sondern auch zu anderen Nationen: Man werde den USA erneut vorwerfen, ihre Verbündeten auszuspionieren und mit den sensiblen Informationen nicht vertrauenswürdig umzugehen, so Ryan. Russland und China hätten dadurch ein "massives Geschenk" bekommen und würden die Lecks nutzen wollen, um Amerikas Beziehungen und Allianzen zu zersetzen.
    Auch der US-amerikanische Cybersicherheitsexperte Thomas Rid von der Johns-Hopkins-Universität in Washington geht deshalb davon aus, dass der Schaden, der durch die Leaks verursacht wurde, "beträchtlich" sei. Das sagte Rid im Deutschlandfunk.

    Alliierte sind stinksauer auf die Amerikaner.

    Thomas Rid, Cybersicherheitsexperte der Johns-Hopkins-Universotät in Washington

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