Frauen im Fußball: Die Männerwelt regiert

    Frauen im Fußball:Die Männerwelt regiert

    von Frank Hellmann
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    Fußball ist immer noch weitgehend Männersache. Auch in Deutschland sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. In den Verbänden und in den Vereinen.

    Watzke, Ceferin, Sammer auf der Tribüne
    Wer bestimmt über den Fußball? Wer regiert ihn? Der beliebteste Sport weltweit ist mehrheitlich nach wie vor Männersache. Frauen sind in der Chefetage allenfalls geduldet.15.09.2023 | 11:51 min
    Es ist allemal eine mutige Entscheidung, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nun Andreas Rettig zum neuen Geschäftsführer Sport seiner DFB GmbH & Co KG bestimmt hat. Ein kritischer Geist, der Mängel, Versäumnisse und Auswüchse insbesondere im Profifußball wie kein anderer kritisiert.
    Wunschlösung war allerdings zuerst eine Frau: Nadine Keßler sollte ursprünglich den Job bekommen, doch die als Abteilungsleiterin für den Frauenfußball bei der Uefa tätige Ex-Nationalspielerin sagte nach langer Bedenkzeit am vergangenen Wochenende ab. Sie fühle sich geehrt, dass der DFB an sie herangetreten sei, einen so wichtigen Posten zu besetzen, aber "ich möchte meine derzeitige Rolle mit ganzem Herzen weiterführen."

    Heike Ullrich ist Generalsekretärin - wichtige Entscheidungen treffen Männer

    Intern heißt es, die 35-Jährige hätte nicht gewusst, ob sie in einem von Krisen geplagten und Führungsschwäche gezeichneten Verband durchdringt. Und letztlich hätte sie doch wieder in einem männlich geprägten Führungszirkel gearbeitet. Zwar ist mit Heike Ullrich inzwischen eine Frau zur Generalsekretärin aufgestiegen, die formal hinter DFB-Präsident Bernd Neuendorf die meiste Macht vereint. Doch die wichtigen Entscheidungen scheinen oft noch Männersache.
    Ex-DFL-Chef Andreas Rettig
    Der DFB hat einen Nachfolger für Oliver Bierhoff gefunden: Ex-Bundesligamanager und DFL-Funktionär Andreas Rettig15.09.2023 | 1:15 min
    Neuendorf, Liga-Boss Hans-Joachim Watzke und Sportchef Rudi Völler suchen den neuen Bundestrainer aus. Nach dem WM-Debakel war eilig eine Taskforce gegründet worden, ohne eine einzige Frau hinzuziehen. Der DFB will sukzessive dahin kommen, den weiblichen Anteil auf Führungsebene auf 30 Prozent zu bringen, heißt es in seiner Strategie "Frauen im Fußball FF27". Derzeit aber sind Frauen in den DFB-Gremien (21 Prozent), in den Kommissionen (15 Prozent) und im Hauptamt auf Führungsebenen (20 Prozent) davon noch ein gutes Stück weg.

    Fans sehen Frauen in Führungspositionen positiv

    Das ZDF hat zusammen mit der Uni Würzburg und den Meinungsforschern von FanQ eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Rund 56 Prozent der Fans sehen Frauen in Fußballführungspositionen als positiv an. Die Realität ist eine andere: In Vorständen und Geschäftsführungen aller Vereine der 1. und 2. Bundesliga sind gar nur drei Prozent Frauen tätig. Auch die fünf Regional- und 21 Landesverbände des DFB werden von Männern geführt. Dazu passt, dass auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) als Dachverband der 36 Lizenzklubs ein Männerzirkel geblieben ist: Im Präsidium sitzen ausschließlich Delegierte männlichen Geschlechts.
    Der Versuch mit Donata Hopfen an der Spitze ging grandios schief, danach übernahmen mit Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) zwei Männer interimsmäßig, nun ist die Führungsspitze mit Steffen Merkel und Marc Lenz im Amt, die gerade bei der Jubiläumsveranstaltung in Berlin zum 60-jährigen Bestehen der Bundesliga gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz posierten. An dem anhaltenden Missverhältnis stört sich auch die DFB-Vizepräsidentin Silke Sinning:

    Die Strukturen sind einfach männlich und Männer gucken, wenn eine Position frei ist, erstmal in ihrem Umfeld und das Umfeld ist auch häufig männlich

    DFB-Vizepräsidentin Silke Sinning

    Vier Frauen sind aktuell im DFB-Präsidium

    Die für Freizeit, Bildung und Breitenfußball zuständige Sportwissenschaftlerin sitzt seit 2022 im DFB Präsidium, nachdem sie tatsächlich eine Kampfabstimmung gegen den unbeliebten Strippenzieher Rainer Koch gewann. Mit ihr bekamen auch Celia Sasic (Gleichstellung und Diversität) und Sabine Mammitzsch (Frauen- und Mädchenfußball) einen Posten im Präsidium. Doch auch sie haben die verkrusteten Strukturen noch nicht wirklich aufbrechen können.
    Dabei drängt die Zeit: Die EM 2024 im eigenen Land wäre eine prima Chance, mehr Vielfalt nicht nur in Sonntagsreden und Thesenpapieren zu propagieren. Jana Bernhard, Geschäftsführerin der Frauen-Initiative "Fußball kann mehr" hat eine klare Meinung: "Der Fußball kann so ein großer Impulsgeber für die Gesellschaft sein und da werden einfach Chancen verpasst, um ihn weiterzuentwickeln."

    Auch international haben es Frauen schwer, auf die Entscheiderebene zu gelangen. Neuerdings gibt sich FIFA-Präsident Gianni Infantino als Frauenversteher und Frauenförderer, doch der Impresario aus dem Wallis wittert vor allem den Reibach, der künftig mit Frauen-Weltmeisterschaften zu machen ist. Von 211 Mitgliedsverbänden werden nur elf von einer Frau geführt.

    Eine davon ist die Norwegerin Lise Klaveness. "Es ist lange an der Zeit, diese Statistiken zu verändern. Wir müssen die Männerdominanz brechen, Fußball ist auch für Frauen und Mädchen der wichtigste Sport in der Welt, also müssen Frauen ihn auch repräsentieren, führen."

    Die resolute Verbandspräsidentin hat Infantino auf offener Bühne für die WM-Vergabe nach Katar kritisiert, doch als sie sich im Frühjahr für einen Sitz in der Exekutive der UEFA bewarb, fiel sie mit nur ganz wenigen Stimmen durch.

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