Brasilien ist draußen - was wird aus Neymar?

    Der Titeltraum ist geplatzt:Brasiliens Schmerz und Neymars Tränen

    von Maik Rosner
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    Brasilien muss nach dem Aus gegen Kroatien weiter auf den sechsten WM-Titel warten. Superstar Neymar droht unvollendet zu bleiben. Er deutet sogar seinen Rücktritt an.

    Fußball: Die Brasilianer Neymar (l.) und Dani Alves.
    Es hat nicht gereicht gegen Kroatien: Neymar (l.) und Dani Alves.
    Quelle: AP

    Neymars Tränen waren hinterher zwar getrocknet, nachdem er das WM-Aus im Viertelfinale gegen Kroatien zuvor ausgiebig beweint hatte. Doch einen klaren Gedanken zu fassen, ob und wie seine Karriere weitergehen soll in der brasilianischen Nationalmannschaft, das traute er sich noch nicht zu.

    Albtraum für die Brasilianer

    "Ich bin noch zu aufgewühlt", sagte Neymar. Es sei wie ein "Albtraum". Nach Brasiliens 2:4-Niederlage im Elfmeterschießen hatte der 30-Jährige zunächst mit leerem Blick auf dem Boden gesessen, nur fähig zu starren vor Schock. Als fünfter Schütze war er vorgesehen gewesen, doch so weit kam es gar nicht mehr.
    Als er so langsam die Dimension des Scheiterns begriff, begann Neymar, den Kopf zu schütteln. Es war, als wolle er nicht wahrhaben, schon wieder das große Ziel verpasst zu haben, wie 2014 und 2018. Schließlich übermannte es ihn. Der Schmerz ließ die Tränen strömen. Viele Kollegen und Fans im Stadion sowie in der Heimat weinten mit ihm.

    Ich kann nicht glauben, was passiert ist.

    Neymar nach der Niederlage gegen Kroatien

    Trainer Tite, 61, bestätigte danach, dass er sein Amt wie angekündigt niederlegen werde. Kapitän Thiago Silva, 38, sagte, dass er keinen neuen Anlauf auf die "Hexa" unternehmen werde, auf Brasiliens sechsten WM-Titel. Neymar aber ließ seine Zukunft zunächst offen, nachdem er vor dem Turnier angedeutet hatte, die nächste WM 2026 wohl nicht mehr in Angriff zu nehmen. "Ich schließe die Tür zur Seleção nicht", sagte er nun, "aber ich garantiere auch nicht zu 100 Prozent, dass ich zurückkehren werde."
    Damit deutete er an, dass auch ein Rücktritt in Kürze möglich ist. Er wolle zunächst darüber nachdenken, "was gut für mich ist, was gut für die Seleção ist".

    Brasiliens viertes Viertelfinal-Aus seit 2002

    Ganz Brasilien muss das WM-Aus erst einmal verarbeiten, das sich in eine Serie schmerzvoller Erfahrungen einreiht. Seit dem fünften und letzten WM-Titelgewinn 2002 war für die Seleção nun schon zum vierten Mal Schluss im Viertelfinale (2006, 2010, 2018 und 2022). Nur einmal, bei der Heim-WM 2014, ging es bis ins Halbfinale. Dort allerdings versank das Land erst recht in Tränen, nach der 1:7-Niederlage gegen die deutsche Mannschaft.

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    In Katar war die Seleção als Topfavorit angetreten. Es hätte Neymars Krönung werden sollen. Für jenen Spieler, für den die katarischen Besitzer von Paris Saint-Germain vor fünf Jahren 222 Millionen Euro an den FC Barcelona gezahlt hatten, die bis heute höchste Ablöse im Fußball. Nun droht Neymar unvollendet zu bleiben und als das Gesicht einer Generation in die Geschichte einzugehen, die ihren Landsleuten bei Weltmeisterschaften wenig Freude bereitet hat.
    Olympiasieger 2016 und Confed-Cup-Sieger 2013 ist Neymar mit Brasilien geworden, mehr nicht. Auch die Liste seiner Vereinstitel ist vergleichsweise kurz. Die Champions League gewann er bisher einmal, 2015 mit dem FC Barcelona.

    Pelés Torrekord eingestellt

    Dass er durch sein 1:0 gegen Kroatien in der Verlängerung (105.+1) auf insgesamt 77 Tore kommt und nun gemeinsam mit Brasiliens Idol Pelé Rekordtorschütze der Seleção ist, taugt nicht als Trost nach dem WM-Aus. Zustande gekommen war dieses, weil Bruno Petkovic mit einem abgefälschten Linksschuss noch der glückliche Ausgleich gelang (117.), mit Kroatiens erstem Schuss aufs Tor in diesem Viertelfinale.
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    Danach nahm das Drama im Elfmeterschießen seinen Lauf, als Rodrygo gleich den ersten Versuch für Brasilien verschoss und Marquinhos den vierten an den Pfosten setzte. Die Seleção muss also weiter warten, mindestens noch vier Jahre lang. Dann sind bereits 24 Jahre seit dem fünften Titelgewinn vergangen.

    Nachrichten | Politik
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