Medikamentenmangel beheben heißt Pharmaindustrie stärken

    Problem Medikamentenmangel:Habecks Pharmatrip

    Klaus Weber
    von Klaus Weber
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    Es ist eine besondere Dienstreise. Wirtschaftsminister Habeck besucht wichtige Pharmafirmen, der deutsche Standort soll gestärkt werden. Hilft das gegen den Medikamentenmangel?

    Bundeskanzler legt Grundstein für Merck Forschungszentrum
    Nicht nur der Pharma- und Chemiekonzern Merck wird vom Bundeswirtschaftsminister im Zuge der Pharmastrategie besucht.
    Quelle: dpa

    Schaut man auf die aktuelle Gelbe Liste, die Lieferengpässe bei Medikamenten anzeigt, stellt man fest, dass diese von Augentropfen bis Antibiotika reicht. Deutschland hat ein Problem mit seiner Arzneimittelversorgung. Immer wieder fehlen wichtige, oft gängige Produkte in unseren Apotheken.
    Dabei ist der Pharmabereich mindestens so wichtig wie die Energieversorgung oder das Verkehrs- und Transportwesen. Kritische Infrastruktur eben. Die Bundesregierung sieht die Stärkung des Pharmastandorts inzwischen als zentrale Aufgabe an. Deshalb brachte die Ampel vor Weihnachten die nationale Pharmastrategie auf den Weg und deshalb besucht Robert Habeck in dieser Woche wichtige deutsche Pharmastandorte. Dabei stehen auf der Liste seiner Stippvisiten nicht nur Big Player wie Merck, sondern auch Start-Ups wie die Life Science Factory. Ein Pharma-Ruck soll durchs Land gehen.
    Antibionika-China
    Deutschland ist mittlerweile beim Import von bestimmten Medikamenten von China abhängig. Besonders problematisch ist das bei Antibiotika.25.10.2023 | 1:57 min

    Pharmaindustrie ist Schlüsselindustrie

    Denn die Branche gilt der Politik inzwischen als deutsche Schlüsselindustrie. Darum sollen nun auch die Rahmenbedingungen für Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln verbessert werden. Deutschland hinkt in der Pharmaforschung an vielen Stellen hinterher. Deutschland entwickelt sich im Vergleich mit anderen Ländern wie den USA, China oder Südkorea gerade bei den Forschungsaktivitäten unterdurchschnittlich und ist viel zu langsam bei klinischen Studien.
    "Bis hierzulande überhaupt ein Vertrag abgeschlossen ist, um eine klinische Studie durchzuführen, können 300 Tage ins Land gehen", sagt Jasmina Kirchhoff, Pharmaexpertin vom IW Köln, "in Frankreich dauert das maximal 76 Tage." Überspitzt ausgedrückt: Wenn es anderswo schon fast ans Geld verdienen geht, verlieren wir uns hier noch im bürokratischen Klein-Klein. Nicht nur deshalb soll auch beispielsweise die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden. Eine bessere Vernetzung bedeutet auch schnellere Entscheidungen.
    Marco Buschmann äußert sich zum Bürokratieabbau.
    Die Bundesregierung hat weitere Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie auf den Weg gebracht. Das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft wird auf gut 944 Millionen Euro pro Jahr beziffert.13.03.2024 | 1:39 min

    Pharmastrategie kein "Gamechanger"

    Für Jasmina Kirchhoff ist die Pharmastrategie insgesamt zwar noch "kein echter Gamechanger", aber dazu geeignet, "den Rückfall des deutschen Pharmastandorts zu stoppen." Florian Pfeilschifter, Fondsmanager im Gesundheitsbereich bei Deka-Invest, glaubt grundsätzlich, dass es "insgesamt an Anreizen fehlt, öffentliche Forschung in private Unternehmen zu überführen, wie dies in den USA oder auch Großbritannien üblich ist."
    Da vor allem Innovationen gefördert werden sollen, ist es auch alles andere als sicher, dass fehlende Arzneimittel künftig schneller vorhanden sind. Pfeilschifter stellt dazu klar: "Der oft zitierte Medikamentenmangel tritt weniger im Bereich innovativer Produkte auf, sondern bezieht sich eher auf den Bereich der Generika, Basismedikation und rezeptfreier Medikamente." Die Festpreisregelung dort führte zur Abwanderung der Produktion in Billiglohnländer. Heißt: bei den Nachahmerprodukten wird Deutschland vorerst weiterhin abhängig vom Ausland bleiben.
    Fotomontage mit leeren Tablettenblistern, einem leeren Regal mit einer Tablettenverpackung und das grün leuchtende Die Spur-Logo.
    Deutschland mangelt es an lebenswichtigen Medikamenten. In Krankenhäusern und Apotheken werden Antibiotika knapp, auf die kranke Menschen und vor allem Kinder angewiesen sind.18.10.2023 | 28:51 min

    Megatrend Gesundheit: Guter Pharma-Standort ist unabdingbar

    Die Pharmaoffensive der Bundesregierung ist deshalb eher so etwas wie ein Zukunftsprojekt, auch für unsere Versorgung. "In Deutschland ist die Pharmaindustrie auf die Erforschung, Entwicklung und Produktion innovativer, technologisch komplexer Arzneimittel spezialisiert," sagt Jasmina Kirchhoff, "setzen wir hier nicht bald die richtigen Rahmenbedingungen, werden wir auch bei innovativen Medikamenten auf kurz oder lang vom Ausland abgehängt. Dabei geht es um unsere zukünftige Versorgung."
    Es gilt nun also, die Pharmastrategie weiterhin schnell mit Leben zu füllen, denn noch steht sie unter Finanzierungsvorbehalt und vieles darin sind bislang eher Absichtserklärungen. Die Politik hat aber erkannt, dass allein schon der demografische Wandel dafür sorgen wird, dass Gesundheit ein Megatrend in Deutschland bleibt. Ein guter Pharma-Standort ist dafür unabdingbar.
    Klaus Weber ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft & Finanzen.

    Neues Werk in Rheinland-Pfalz
    :Spatenstich für US-Pharmariese Lilly in Alzey

    Eli Lilly & Company investiert 2,3 Milliarden Euro in ein neues Hightech-Werk. Ganz ohne Subventionen entstehen 1.000 Arbeitsplätze. Zum Spatenstich reiste Kanzler Scholz an.
    von Marion Geiger und Anselm Stern
    Dave Ricks, Olaf Scholz, Malu Dreyer und Karl Lauterbach nehmen am symbolischen Spatenstich für ein neues Werk des US-Pharmakonzerns Lilly teil am 08.04.2024 in Alzey.

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