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Wie der Fernsehrat arbeitet

Ein Gremium reflektiert seine Arbeit

Das ist etwas völlig Neues bei den Kontroll-Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der ZDF-Fernsehrat hat seine Arbeit systematisch evaluiert. Bei der Sitzung des ZDF-Fernsehrates am 30. Juni in Schwerin übte sich der Rat in systematischer Selbstreflexion. Dafür hatte zuvor ein Forschungsinstitut die Mitglieder befragt und kam zu aufschlussreichen Ergebnissen. So seien die Mitglieder im Großen und Ganzen mit den zur Verfügung gestellten Unterlagen zufrieden, allerdings sehen einige Mitglieder die regelmäßige Überwachung von Beschlüssen und formulierten Zielen als nicht vollständig erfüllt an. Viele Mitglieder können sich interne und externe Fort- und Weiterbildungsangebote vorstellen.

Fernsehrat evaluiert sich

Die Ergebnisse haben auf der jüngsten Sitzung eine breite Diskussion ausgelöst. So betonte Achim Dercks als Vorsitzender des Ausschusses für Strategie und Koordinierung die Bedeutung des Themas Weiterbildung für die Arbeit seines Ausschusses. Er schlug ergänzend zu den einzelnen Maßnahmen Dauerangebote wie Glossars oder Videosequenzen vor.

Steffen Kampeter regte auf methodischer Ebene an, Zufriedenheitswerte künftig in numerischen Skalen abzufragen. Ulrich Lilie äußerte den Wunsch, bei Weiterbildungen auch gesellschaftspolitische Themen oder die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems ins Auge zu fassen, um hier ebenfalls mehr Kompetenz aufzubauen. Uwe Leest, Geschäftsführer der vom Fernsehrat mit der Umfrage beauftragten Cobus Marktforschung verwies darauf, dass einzelne Themen durchaus numerisch abgefragt wurden. Abgesehen davon könne das Instrumentarium für künftige Befragungen angepasst werden.

Wer über das ZDF wie wachen soll

Luca Renner warb mit Blick auf anstehende Neubesetzungen, den Querschnitt der Gesellschaft noch besser im Fernsehrat abzubilden. Es brauche gerade für Menschen in schwierigen sozialen Lagen Strategien, die ihnen eine Mitarbeit in dem Gremium ermöglichen. Katrin Kroemer hielt es für notwendig, auf den Gesetzgeber einzuwirken, damit umfassende Freistellungsrechte für Mitglieder von Gremien geschaffen werden können – wie es sie für Gemeinderäte bereits gebe. Andrea Rahn-Farr verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass auch Selbstständige aus kleineren Betrieben im Fernsehrat mitwirken sollten. Auch dafür brauche es Ausgleichslösungen.

Der Fernsehrat beschloss abschließend, die Selbstevaluierung künftig im Zwei-Jahres-Takt durchzuführen.

Neue Richtlinien für eine neue Zeit

Ein weiteres ausführlich diskutiertes Thema waren die Richtlinien für Sendungen und Telemedienangebote des ZDF. Die Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme erläuterte zunächst, dass diese Richtlinien dem Haus als Maßgabe für seine Arbeit dienten und dem Fernsehrat eine wichtige Grundlage für seine staatsvertragliche Aufgabe der Programmüberwachung und der Entscheidung über Programmbeschwerden seien. Diese seien überarbeitet worden, weil einzelne Formulierungen nicht mehr zeitgemäß gewesen seien. Auch der neue Medienstaatsvertrag habe die Änderungen nötig gemacht.

Achim Dercks berichtete, wie der Ausschuss für Strategie und Koordinierung die Arbeit an den neuen Richtlinien in den vergangenen Monaten vorangetrieben hatte. Man habe versucht, den veränderten, vielfältigen Lebenssituationen in der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Das Ziel sei die Formulierung genereller Qualitäts- und Programmrichtlinien gewesen, bis zuletzt habe man um einzelne Formulierungen gerungen.

Über Fakes und KI

Hans-Günter Henneke bezeichnete die neuen Richtlinien als „gut gelungen“. Insbesondere die Kürze gefalle ihm. Heiko Geue dankte für die „ausgezeichnete Neuerarbeitung“ der Qualitäts- und Programmrichtlinien. Er lobte insbesondere einen Passus, der das ZDF verpflichtet, Falschnachrichten aufzudecken und einzuordnen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Chancen und Herausforderungen durch den Einsatz von KI. Zudem richtete er die Frage an ZDF-Intendant Norbert Himmler, wie groß jetzt schon und künftig der Aufwand für die Aufdeckung von Falschnachrichten sei. Der Intendant begrüßte zunächst die Aktualisierung der Richtlinien und betonte dann, dass die Überprüfung von Falschmeldungen „vornehmste Aufgabe“ des ZDF sei. Er erinnerte an den Vorfall eines gefälschten Interviews der Kindernachrichtensendung „logo!“, der im Netz hohe Wellen geschlagen hatte. Da müsse man ganz schnell reagieren. Die „logo!“-Redaktion habe noch am selben Tag einen erklärenden Beitrag zu Wirkung und Erkennbarkeit solcher Videos veröffentlicht. Man sei dabei, ein Team aufzubauen, das in der Lage ist, schnell auf Fakes zu reagieren. Außerdem arbeite man an einem Kodex, um den eigenen Einsatz von KI transparent zu machen.

Michael Jörg bedankte sich insbesondere dafür, dass die Barrierefreiheit Einzug in die Richtlinien gefunden habe. In Sachen KI verwies er auf die Chancen ihres Einsatzes in Bezug auf die Barrierefreiheit. Reinhard Klimmt mahnte nach den Detailfragen eine ausgewogene Auswahl von Nachrichten an. Die neuen Qualitäts- und Programmrichtlinien für die ZDF-Angebote wurden einstimmig durch den Fernsehrat beschlossen.

Fernsehrat zur MDR-Kooperation beim „Mittagsmagazin“

Intendant Norbert Himmler und Chefredakteurin Bettina Schausten informierten den Fernsehrat zur neuen Struktur des „Mittagsmagazins“. Nachdem der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ankündigte, aus der Kooperation auszusteigen, musste sich das ZDF einen neuen Kooperationspartner suchen und wird das Magazin nun zukünftig im Wechsel mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) produzieren. Die Produktion in einem gemeinsamen Studio am Standort Berlin und damit ein wichtiger Synergieeffekt entfällt damit. Bettina Schausten betonte, dass man nicht mit „wehenden Fahnen“ in eine neue Kooperation gelaufen sei. Doch die lösungsorientierten Gespräche mit dem MDR haben die Kooperation letztendlich zustande gebracht. Schausten erläuterte, dass das um eine Stunde verlängerte neue „Mittagsmagazin“ ein Informationsprogramm bleibt. Das Programm in der zweiten Stunde soll insbesondere das Alltagsleben widerspiegeln und in die einzelnen Bundesländer schauen.

Der Vorsitzende des Programmausschusses Chefredaktion, Frank Werneke, wollte die neue Konstellation zunächst als Chance sehen und bewertete den MDR als „kooperationserfahrenen Sender“. In seinem Ausschuss hätten die kritischen Stimmen eindeutig überwogen. Betriebswirtschaftlich wie journalistisch sei das unfreiwillige Ende der Kooperation mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg ein Rückschlag. „Wichtig ist uns als Ausschuss bei der weiteren Formatentwicklung die Information und auch die Darstellung von Lebenswirklichkeiten“, betonte er.  Hans-Günter Henneke fügte den Ausführungen von Frank Werneke hinzu, dass man zwar eine gute Lösung gefunden habe, es dennoch organisatorisch nur eine zweitbeste Lösung sei, da für die Sendung der gemeinsame Standort Berlin mit der gemeinsamen Technik und der bestehenden Personalstruktur aufgegeben werden müsse. Katrin Kroemer sagte: „Bei aller Wertschätzung, mit dem MDR einen guten Partner gefunden zu haben, bleibt doch etwas Ratlosigkeit und Befremden bei dem Vorgehen der Trennung von guten Kooperationen.“ Neben diesem aktuellen Beispiel des „Mittagsmagazins“ seien auch bei Sportgroßereignissen nicht mit allen Landesrundfunkanstalten der ARD Kooperationen realisierbar. „Das sendet im Zuge der Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk die völlig falschen Signale“, so Kroemer.

Im weiteren Verlauf der Sitzung debattierte der Fernsehrat etwa über die Selbstverpflichtungserklärung des ZDF 2023-2024 über Stand und Entwicklung der Telemedienangebote von ZDF, 3sat und phoenix, über Personalisierung und Empfehlungssysteme oder Stand und Entwicklung von KiKA. Weiter befasste sich der Fernsehrat mit sechs Programmbeschwerden, von denen fünf als unbegründet zurückgewiesen wurden und eine als erledigt erklärt wurde, weil der Intendant dem berechtigten Anliegen des Beschwerdeführers abgeholfen hatte.

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