Finnische Außenministerin: "Man muss selbst Stärke zeigen"

    Interview

    Bedrohung durch Russland:Finnische Außenministerin: "Stärke zeigen"

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    Seit etwa einem Jahr ist Finnland in der Nato. Im ZDF spricht die finnische Außenministerin Valtonen über Bedrohungen durch Russland und die Verteidigungsbereitschaft ihres Landes.

    "Keiner möchte Eskalation"
    Die finnische Außenministerin Elina Valtonen im ZDF heute journal - das komplette Interview.03.03.2024 | 8:44 min
    Finnland hat eine mehr als 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland, im April trat das Land der offiziell der Nato bei. Schon seit längerem sieht sich Finnland einer hybriden Kriegsführung wie etwa Cyberangriffen durch seinen östlichen Nachbarn ausgesetzt.
    Im ZDF heute journal spricht die finnische Außenministerin Elina Valtonen über die Bedrohung durch Russland, die Verteidigungsbereitschaft ihres Landes und warum jedes Kind in Finnland den Satz kennt: "Wenn die Guten schweigen, triumphiert das Böse."
    Russlands Präsident Putin in Moskau.
    Im Rahmen hybrider Kriegsführung lassen sich wiederkehrende Muster von Methoden und Strategien feststellen: etwa der Einsatz von Desinformation als Waffe durch Russland.03.03.2024 | 3:03 min
    Sehen Sie das komplette Interview mit der finnischen Außenministerin oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen:
    Das sagt Außenministerin Elina Valtonen ...

    ... zur Verteidigungsbereitschaft Finnlands:

    Die Verteidigungsbereitschaft in ihrem Land sei besonders hoch, "vielleicht sogar die höchste in ganz Europa, wenn es darum geht, unsere Gesellschaft zu verteidigen, auch gegen einen militärischen Angriff", betont die finnische Politikerin. Nach dem Beitritt Finnlands zur Nato sei die Verteidigungsbereitschaft auch sehr hoch, was die Bündnispartner angehe.

    ... zur hybriden Kriegsführung Russlands gegenüber Finnland:

    "In der letzten Zeit haben wir leider einiges erlebt von unserem östlichen Nachbarn, von Russland." Cyberangriffe habe es schon jahrelang gegeben. Zuletzt habe die Instrumentalisierung von Flüchtlingen an der Grenze zu Russland so stark zugenommen, "dass wir die ganze Ostgrenze dicht machen mussten".
    auf dem Bild erkennt man den geschlossenen Grenzzaun zwischen Finnland und Russland
    Finnland hat seine Grenze zum aggressiven Nachbarn dicht gemacht. Nach Georgien sind viele Russen geflüchtet, doch auch dort ängstigt man sich vor einem Angriff Putins. 21.02.2024 | 12:53 min
    Aktionen wie Angriffe auf Datenkabel oder Gaspipelines seien nicht nachvollziehbar. "Finnland ist nie eine Bedrohung für Russland gewesen - das gilt für alle europäischen Länder - von daher können wir uns solche Angriffe nicht erklären." Dass Finnland jetzt der Nato beigetreten ist, sei "eine souveräne Entscheidung unseres Landes, unserer freien Bevölkerung, unserer Demokratie".

    ... zur finnischen Entscheidung des Nato-Beitritts:

    Wegen der geographischen Lage an der Grenze zu Russland und aufgrund der Tatsache, dass Finnland ein kleines Land sei, "hatten wir nie die völlige Freiheit, das zu tun, was wir wollten. Aber Finnland ist seit über hundert Jahren eine stabile Demokratie und wir richten uns an den gemeinsamen europäischen Werten aus." Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie seien immer sehr wichtig gewesen.

    Leider ist es so gewesen, dass wir uns in der Geschichte gegen russische Angriffe verteidigen mussten. Und das ist bei uns im Gedächtnis geblieben.

    Sie räumte ein, dass Finnland seine Politik jahrzehntelang danach ausrichten musste, "was der östliche Nachbar vielleicht im Sinn hatte". Seit dem EU-Beitritt vor 30 Jahren denke in Finnland keiner mehr, "dass wir neutral sind". "Wir wollten der EU beitreten, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern vor allem auch aus sicherheitspolitischen Gründen."
    In this picture provided by The Finnish Border Guard, Finnish Border Guard's offshore vessel Turva on patrol at sea, Tuesday, Oct. 10, 2023 near the place where damaged Balticconnector gas pipeline is pinpointed at the Gulf of Finland.
    Am Sonntag wurde an einer Gas-Pipeline zwischen Finnland und Estland ein Leck festgestellt. Die finnische Regierung geht von einer mutwilligen Beschädigung aus.10.10.2023 | 1:22 min
    Daher sei es am Ende nur ein kleiner Schritt gewesen, der Nato beizutreten. Laut Valtonen war es eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zuvor habe Finnland eine Mitgliedschaft nicht als notwendig erachtet, weil ihr Land schon immer viel in die Verteidigung investiert habe.

    ... zu einer möglichen Eskalation durch den Nato-Beitritt:

    Russland verbreite schon seit Jahrzehnten das Narrativ, dass die Ausdehnung der Nato eine Bedrohung ausüben würde. "So ist es nicht. Die Nato ist erstens ein Verteidigungsbündnis, und zweitens sind es die freien Menschen in demokratischen Ländern, die sich freiwillig dafür entscheiden, dem Bündnis beizutreten." So sei es auch in Schweden gewesen. Dabei gehe es nicht nur um das eigene Sicherheitsinteresse, sondern um die "Verteidigung der gemeinsamen Werte, die wir in der europäischen Familie teilen".
    In Finnland wisse man schon, dass die Gesellschaft in Russland seit den 90er Jahren ziemlich eingeengt worden ist.

    Und wenn man es mit einem Autokraten zu tun hat, dann hilft es nicht, dass man sich selbst zurückhält. Man muss schon selbst Stärke zeigen.

    Tatsächlich sei es so: "Wenn die Guten schweigen, dann triumphiert das Böse. Und das versteht hier in Finnland jedes Kind."
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    Quelle: ZDF

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