Flugzeugabsturz: Waren ukrainische Kriegsgefangene an Bord?

    Militärmaschine abgestürzt:Waren ukrainische Kriegsgefangene an Bord?

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    Ein russischer Militärtransporter ist nach Angaben Moskaus abgestürzt. Dutzende ukrainische Kriegsgefangene sollen ums Leben gekommen sein. Kiew bestätigt das nicht.

    Drei Polizisten in gelben Westen vor einem Polizeiauto unweit der Abstutzstelle des Flugzeugs im Gebiet Belgorod.
    Moskau behauptet, die Ukraine habe das Flugzeug bei Belgorod abgeschossen. An Bord sollen 65 ukrainische Kriegsgefangene gewesen sein – niemand habe den Absturz überlebt. 24.01.2024 | 1:48 min
    Ein russisches Militärtransportflugzeug mit mehr als 70 Menschen soll am Mittwoch über dem Gebiet Belgorod an der Grenze zur Ukraine abgestürzt sein. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Alle Insassen seien zu Tode gekommen, erklärte der Gouverneur der russischen Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow.
    An Bord der Maschine vom Typ Iljuschin Il-76 seien neun russische Besatzungsmitglieder gewesen sowie 65 ukrainische Kriegsgefangene, meldete das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Gefangenen seien zu einem geplanten Austausch geflogen worden. Die Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.
    Das Logo der Vereinten Nationen ist auf einer Fensterscheibe vor dem UN-Hauptquartier zu sehen.
    Moskau beschuldigt Kiew, den Flieger mit angeblich 65 ukrainischen Gefangenen an Bord abgeschossen zu haben. Präsident Selenskyj äußert sich nur vage.25.01.2024 | 1:29 min

    Kiew: Keine Info, wer an Bord war

    Die Ukraine bestätigte, dass für Mittwoch eigentlich ein Austausch von Kriegsgefangenen geplant gewesen war. "Heute hätte ein Gefangenenaustausch stattfinden sollen, der nicht stattfand", teilte der ukrainische Militärgeheimdienst HUR mit. Die Version aus Moskau, wonach die ukrainischen Gefangenen an Bord der abgestürzten russischen Maschine saßen und nun tot sind, bestätigte Kiew nicht. Stattdessen hieß es in der Mitteilung:

    Derzeit haben wir keine verlässliche und umfassende Information darüber, wer genau und wie viele sich an Bord des Flugzeugs befanden.

    Militärgeheimdienst der Ukraine (HUR)

    Die Ukraine habe ihrerseits alle Vereinbarungen eingehalten und die russischen Soldaten pünktlich zum Austauschort gebracht, teilte der Geheimdienst mit.
     Palästinensische Gebiete, Chan Junis: Rauch steigt auf, nach israelischen Bombardierungen in Chan Junis im südlichen Gazastreifen.
    Der UN-Sicherheitsrat wird sich mit dem Vorwurf Russlands beschäftigen, die Ukraine habe ein russisches Flugzeug abgeschossen. An Bord seien ukrainische Kriegsgefangene gewesen.25.01.2024 | 0:25 min
    Weiter hieß es: "Gemäß der Vereinbarung musste die russische Seite die Sicherheit unserer Verteidiger gewährleisten. Zugleich wurde die ukrainische Seite nicht über die Notwendigkeit informiert, die Sicherheit des Luftraums im Gebiet um die Stadt Belgorod in einem bestimmten Zeitraum zu gewährleisten, so wie das in der Vergangenheit mehrfach getan wurde."

    Regionalgouverneur: Absturz im Bezirk Korotschanski

    Nicht verifizierte Videos in Onlinediensten zeigten ein großes Flugzeug, angeblich in der Region Belgorod, das vom Himmel fällt und dann in einem Feuerball auf dem Boden aufschlägt. Am Himmel ist eine Rauchwolke zu erkennen, wie sie etwa nach der Explosion einer Flugabwehrrakete entstehen kann.
    Mutmaßliches Video des Absturzes
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    Regionalgouverneur Gladkow, schrieb im Onlinedienst Telegram, der Absturz habe sich im Bezirk Korotschanski ereignet. Ermittler und Rettungsdienste seien vor Ort, er selbst werde ebenfalls zur Absturzstelle reisen, erklärte Gladkow.
    ZDF-Korrespondenten Anne Brühl und Armin Coerper im Gespräch mit Moderatorin Jana Pareigis.
    700 Tage Krieg in der Ukraine: Heute meldet Russland den Absturz eines Militärflugzeugs und wirft der Ukraine dessen Abschuss vor. Anne Brühl in Kiew und Armin Coerper in Mariupol.24.01.2024 | 2:39 min
    Die bekannte russische Journalistin und Putin-Unterstützerin Margarita Simonjan teilte auf ihrem Telegram-Profil eine angebliche Liste ukrainischer Kriegsgefangener an Bord der Maschine. Jedoch tauchten mehrere der dort aufgeführten Namen und Geburtsdaten bereits in einer Liste mit freigekommenen ukrainischen Gefangenen von Anfang Januar auf. Es ist also wahrscheinlich, dass russische Stellen mindestens in einigen Punkten fragwürdige oder falsche Informationen zum Absturz in Umlauf bringen.
    Claudia Major | Stiftung Wissenschaft und Politik
    Der mutmaßliche Abschuss eines russischen Militärflugzeugs zeige, "dass Russland ganz klar versucht, mit Desinformationen den Krieg in seinem Sinne zu führen", so Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik.25.01.2024 | 4:42 min

    Zweifel an der Version aus Moskau

    Nach Einschätzung von ZDF-Korrespondent Armin Coerper investiert die russische Seite viel, um zu überzeugen - auch international. Es gibt jedoch einige Gründe, an der Version aus Moskau zu zweifeln. So meldeten unabhängige Medien, die Maschine sei gar nicht im Anflug auf Belgorod gewesen, sondern im Abflug.

    Da hörte man aus dem Verteidigungsministerium, es habe eine Zwischenlandung gegeben. Das macht aber wenig Sinn, weil die Grenze zur Ukraine ist unmittelbar vor Belgorod.

    Armin Coerper, ZDF-Korrespondent für Russland

    Darüber hinaus stelle sich die Frage nach der Zahl der Passagiere. Unter den Kriegsgefangenen soll mindestens ein Dutzend Soldaten der berüchtigten Asow-Brigade angehören. "Die sollen von nur drei militärischen Sicherheitskräften bewacht worden sein. Da wissen wir aus anderen solcher Transporter, dass da eigentlich viel mehr Personal im Spiel ist."
    Nazan Gökdemir spricht mit Mölling
    Für Militärexperte Mölling ist es unklar, wer die russische Militärmaschine abgeschossen hat. Die Ukraine sieht er im Krieg wegen mangelnder Munition geschwächt. 25.01.2024 | 5:08 min
    Auch Militärexperte Christian Mölling, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) bezweifelt die Version des Kremls:

    Es gibt keinen Beleg dafür, wer dort oder was dort an Bord gewesen ist.

    Christian Mölling, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Dass es einen Abschuss gegeben hat, sei einigermaßen sicher, so Mölling. "Aber wer hier geschossen hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar. Es ist relativ unwahrscheinlich, dass die Ukraine dieses Flugzeug erreichen konnte." Dennoch müsse man warten, bis es mehr Daten gibt.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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    Quelle: dpa, ZDF

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