Israelischer Sicherheitsexperte:In Gaza "nicht sehr viel Gnade walten lassen"
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Für Israels Streitkräfte könne es jetzt nur ein Ziel geben, sagt der Sicherheitsexperte Kobi Michael - auch mit Blick auf Iran und einen möglichen Krieg an mehreren Fronten.
Iran gehe es um Macht im Nahen Osten. Dabei gebe es ein Hindernis: den Staat Israel, so Sicherheitsexperte Kobi Michael. Daher sei der Iran Verbündeter der Hamas.11.10.2023 | 13:28 min
Fünf Tage nach dem barbarischen Terrorangriff der Hamas erwarten Beobachter weiterhin eine Bodenoffensive der israelischen Armee. Der israelische Sicherheitsexperte Kobi Michael vom "Institute for National Security Studies" an der Tel Aviv University spricht im ZDF über die strategischen Ziele Israels, die Rolle Irans - und warum er den Menschen im Gazastreifen gegenüber "nicht sehr viel Gnade walten lassen" kann.
Worum geht es bei einer möglichen Bodenoffensive für Israels Armee?
"Das Ziel ist es nicht, den Gazastreifen zu besetzen", sagt Sicherheitsexperte Michael bei ZDFheute live. Es gehe darum, militärische Kapazitäten der Hamas zu zerstören. Das müsse aggressiv verfolgt und effizient gemacht werden.
Dafür müsse Israel in den Gazastreifen hineingehen, "wir werden sicherlich Bodentruppen einsetzen, um diese Mission zu erfüllen". Gelinge das nicht, könne sich das negativ auf die ganze Region auswirken. "Man guckt auf Israel", sagt Michael.
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Welche Rolle spielt Iran im Konflikt zwischen Israel und der Hamas?
"Die Hamas wird gefördert durch Iran, ist ein weiterer Stellvertreter Irans", sagt Michael. Deshalb gehe der Konflikt zwischen Israel und der Hamas auch über die Region hinaus: Israel sei im Kampf gegen Iran "das letzte Fort für den Westen", sagt Michael, "um diese Radikalisierung aufzuhalten".
Der Sicherheitsexperte glaubt zudem, dass die Terroristen beim Überfall auf Israel Unterstützung erhalten haben. Die Operationen der Hamas seien erfolgreich organisiert gewesen, hätten hochentwickelte Technologien erfordert, auch Geheimdienstkapazitäten. Diese Fähigkeiten habe die Hamas als Terrororganisation nicht. "Das geht eher auf einen Staat zurück, auf einen entwickelten Staat", sagt Michael. "Aus diesem Grund glaube ich, dass Hamas Hilfe bekommen hat durch Iran."
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Was bezweckt Iran mit der Unterstützung der Hamas?
Iran gehe es darum, die große Hegemonialmacht im Nahen Osten zu sein, sagt Michael. Der Staat Israel stehe Iran hierbei im Weg. Deshalb versuche Iran, möglichst viel Fronten gegen Israel aufzumachen.
"Wir sind das Hindernis für die strategischen Aspirationen Irans hier im weiteren Nahen Osten", führt Michael aus, "und sie nutzen die Palästinensergebiete", aber auch Verbündete wie die Hisbollah im Libanon, um Israel zu schaden und in einen "territorialen Krieg" hineinzuziehen.
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Wie geht Israel vor, wenn die Hisbollah in den Kampf eingreift?
Michael räumt ein, dass bei einer Bodenoffensive Israels auch die Gefahr bestünde, "dass sich Israel am Ende in einem Konflikt oder in einem Krieg wiederfindet, der an verschiedenen Fronten geführt wird" - etwa, wenn die von Iran gestützte Hisbollah aus dem Libanon heraus den Norden Israels angreife. "Das wollen wir natürlich nicht", sagt Michael. "Wir wollen unsere Mission im Gazastreifen durchführen und hoffen natürlich, dass die Hisbollah abgehalten werden kann."
Selbst wenn die Hisbollah Israel herausfordere oder provoziere, hätten die israelischen Streitkräfte die Kapazitäten, die Hisbollah im Norden zu bekämpfen und zeitgleich die Hamas im Süden zu bekämpfen. "Das wollen wir nicht, aber wir können das."
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
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Was passiert nach einer Bodenoffensive mit dem Gazastreifen?
Für Michael ist diese Frage nachrangig. "Das weiß ich nicht - und ich glaube auch nicht, dass wir uns momentan darüber zu viele Gedanken machen sollten", sagt der israelische Professor. Die Situation werde für die Menschen im Gazastreifen noch schlimmer werden, "das bezweifle ich nicht". Aber, so Michael:
Die Menschen im Gazastreifen hätten die Situation selbst verursacht. Die meisten Palästinenser unterstützten die Terrororganisationen und den Terror gegen Israel. "Sie sind sehr enthusiastisch in Bezug auf die Ergebnisse dieses barbarischen Angriffs auf unschuldige Bürger", sagt Michael.
"Jetzt müssen wir zurückschlagen", betont Michael. "Jetzt müssen wir sicherstellen, dass dieses Regime in der Zukunft militärisch nicht länger im Stande ist, Israel zu bedrohen und etwas zu wiederholen, was wir gerade gesehen haben." Das sei die wichtigste Mission, die jetzt erfüllt werden müsse. "Und das werden wir auch schaffen."
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