Klimakonferenz in Ägypten: Baerbock rechnet mit Verlängerung

    Klimakonferenz in Ägypten:COP27: Baerbock rechnet mit Verlängerung

    ZDF-Reporterin Winnie Heescher
    von Winnie Heescher
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    Außenministerin Annalena Baerbock wird nun für Deutschland bei der Klimakonferenz verhandeln. Sie geht von einer Verlängerung aus, zu viele Fragen sind noch offen.

    Annalena Baerbock am 16.11.2022 in Scharm El Scheich .
    Übernimmt jetzt die Verhandlungen für Deutschland: Annalena Baerbock.
    Quelle: dpa

    Klimakonferenzen haben ihre eigene Dramaturgie: Sie beginnen meistens mit einer Depression, laufen einige Tage am Abgrund, um dann mit einer Enttäuschung, wie Kopenhagen 2009, oder einem Überraschungserfolg, wie Paris 2015, zu enden.
    In Scharm el Scheich ist noch nicht klar, wohin die Konferenz sich entwickelt und ob sie tatsächlich wie geplant am Freitag endet. "Heute ist Mittwoch und ein Mittwoch in der zweiten Woche ist immer so, dass es alles andere als einfach ist. Und ich habe meinen Koffer jedenfalls nicht spitz auf Freitagnachmittag gepackt", sagt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die am Nachmittag in Ägypten angekommen ist.

    ZDF-Themenschwerpunkt zur Energiekrise
    Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design

    Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.

    Baerbock gibt sich quasi mit Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Klinke in die Hand. Früher waren es die Umweltministerinnen, die für Deutschland auf den Klimakonferenzen verhandelten. Die Ampel hat sich neu aufgestellt, hat das Thema aufgesplittert auf die unterschiedlichen Ressorts. Ob das die deutsche Verhandlungsposition stärkt oder schwächt, wird sich noch zeigen. Annalena Baerbock wird ab Mittwoch für Deutschland sprechen und verhandeln.

    Brise Hoffnung vom G20

    Eine leichte Brise Hoffnung weht aus Bali vom G20-Gipfel zur COP27 hinüber, das ist den deutschen Delegierten in Scharm el Scheich anzumerken. Immerhin haben sich die G20 zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad bekannt. "Das ist zwar ein eher defensives Ergebnis, weil es lediglich frühere Beschlüsse bekräftigt", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, der die UN-Klimakonferenzen seit Jahrzehnten vor Ort beobachtet.

    Aber angesichts einer veränderten weltpolitischen Situation ist es ein wichtiges Signal.

    Christoph Bals, politischer Geschäftsführer Germanwatch

    Doch bislang ist das 1,5 Grad-Limit noch Rhetorik. Was fehlt, sind Zahlen, Daten und Zusagen, wer wie viele Emissionen verbindlich bis wann einspart. 
    "Die Textentwürfe, die bislang zirkulieren, sehen aus wie Stichwortzettel zum Einkaufen", kritisiert ein Verhandlungsteilnehmer. Die ägyptische Präsidentschaft, die den Vorsitz dieser Konferenz hat und dafür verantwortlich ist, dass spätestens Donnerstag früh ein Entwurf für ein Abschlussdokument vorliegt, ist in großem Zeitverzug.

    Streit um Entschädigungszahlungen

    Ein großer Streitpunkt verbirgt sich weiterhin hinter den drei Wörtern "Loss and Damage": Es sind die Forderungen armer Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika nach Schadensersatz. Sie erwarten, dass die Industrieländer einen Geldtopf einrichten, der ihre Verluste ausgleicht - wenn Dürre, Überschwemmungen oder Stürme ihre Länder verwüsten. Phänomene, die sich wegen des Klimawandels häufen. Und sie erwarten, dass dieser Geldtopf gut gefüllt wird. Durch einen Fonds oder eine - so heißt es im Verhandlungsdeutsch - "Fazilität".
    "Ich weiß nicht, ob sie kommen wird und ich weiß auch gar nicht, ob das jetzt der richtige Moment ist", gibt sich Außenministerin Baerbock zögerlich. Sie sagt aber auch, es sei wichtig, "das Thema anzufassen und neue Finanzierungsinstrumente zu schaffen".
    Was keiner der Verhandler*innen öffentlich sagt: Ein fest zugesagter Geldtopf sorgt in Industrieländern für Sorgen, in ein Fass ohne Boden einzuzahlen und womöglich den Falschen Geld zukommen zu lassen - nicht der notleidenden Bevölkerung, sondern undemokratischen Regimen.

    Neubauer kritisiert "fossiles Theater" auf Klimakonferenz

    Klimaaktivist*innen kritisieren, dass die Klimakonferenz längst gekippt ist: "Wir spielen das Theater um fossile Brennstoffe, zu dem diese COP geworden ist, nicht mit", sagt Luisa Neubauer. Sie fordert, dass der notwendige Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle konkret in die Abschlussresolution der Konferenz aufgenommen wird, was bislang nicht geschehen ist. Der Druck der Öllobby zeigt sich auf dieser COP besonders.
    Annalena Baerbock verspricht:

    Wir machen uns dafür stark, dass diese COP ein klares Signal für den Abschied vom fossilen Zeitalter und eine schnellere Reduktion der Emissionen setzt.

    Annalena Baerbock, Bundesaußenministerin

    Stark machen klingt gut, sie wird sich als deutsche Chefverhandlerin daran messen lassen müssen, dass diese Klimakonferenz nicht hinter die anderen zurückfällt.
    Am Ende der Klimakonferenz, wann auch immer das sein wird.
    Winnie Heescher arbeitet im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin und berichtet für das ZDF aus Scharm el Scheich.

    ZDFheute-KlimaRadar
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    von Moritz Zajonz
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