Russische Top-Generäle: Experte sieht "Säuberungsaktionen"

    Interview

    Russische Generäle verschwunden:Experte geht von "Säuberungsaktionen" aus

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    Zwei russische Top-Generäle sind seit dem Wagner-Aufstand verschwunden. Politologe Meister geht davon aus, dass es "Säuberungsaktionen" gab. "Putin muss durchgreifen", sagte er.

    Stefan Meister
    Stefan Meister, Russland-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, im ZDF-Morgenmagazin30.06.2023 | 4:47 min
    Seit dem Aufstand der Wagner-Söldner sind die beiden russischen Top-Generäle - der Generalstabschef der Streitkräfte, Waleri Gerassimow, und Sergej Surowikin, der Gerassimows Stellvertreter als Kommandeur des Militäreinsatzes in der Ukraine ist - nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht.
    Russland-Experte Stefan Meister geht davon aus, dass es "Säuberungsaktionen" im russischen Sicherheitsapparat gegeben hat. "Wir wissen nicht genau, weshalb sie verschwunden sind", sagte Meister im ZDF-Morgenmagazin. "Wir haben das immer wieder erlebt, dass Personen verschwinden und dann wieder auftauchen."

    Ich gehe davon aus, dass es "Säuberungsaktionen" geben wird.

    Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Meister: Bestimmte Leute wussten davon

    Gerade Surowikin sei ein Verbündeter von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, so Meister. "In der Hinsicht ist davon auszugehen, dass er ein Ziel sein wird." Er gehe davon aus, dass es auch in anderen Bereichen des Sicherheitsapparates "Säuberungen" geben werde.

    Putin muss durchgreifen und muss zeigen, dass er doch der starke Mann ist.

    Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Wladimir Putin
    Bei beiden verschwundenen Generälen wird spekuliert, dass sie von Prigoschins Aufstand-Plänen wussten.30.06.2023 | 1:01 min
    Es sei offensichtlich, dass "bestimmte Leute davon wussten, und dass entweder Putin nicht informiert oder sehr spät informiert worden ist", sagte der Osteuropa-Experte im ZDF weiter. "Wir wissen, dass der Sicherheitsapparat oder zumindest Teile davon mit Prigoschin sympathisieren. Aus russischer Sicht müsse ein "Exempel statuiert werden".
    Meister geht allerdings nicht davon aus, dass dies massive Auswirkungen auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben könnten.
    [Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog.]

    Begeisterung für Prigoschin: "Nerv getroffen"

    Prigoschin habe den Nerv der russischen Gesellschaft getroffen, die in Teilen nicht einverstanden sei mit dem Krieg und dem oligarchischen System, so Meister weiter. "Da ist ja so ein Deckel drauf auf der Gesllschaft: Da sind massive Repressionen, die Leute können nicht wirklich sagen, was sie denken und fühlen."

    Und wir sehen, dass da plötzlich ein Kanal da war und auch eine gewisse Begeisterung ausgelöst hat.

    Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Dies bedeute jedoch nicht, dass Prigoschin "eine entscheidende politische Figur sein wird oder auch gewesen ist". Aber er habe "etwas kanalisiert in der Gesellschaft, was nicht ausgedrückt werden kann".

    Und wir sehen, dass diese Begeisterung, diese Unterstützung für Putin eben zum Teil doch nur konstruiert ist und dann doch nicht so stark ist, wie die Umfragen immer wieder zeigen wollen.

    Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

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    Meister: "Prigoschin ist nicht sicher in Belarus"

    Prigoschin, der sich derzeit in Belarus aufhalte, sei dort nicht sicher, sagte Meister weiter. Belarus stehe unter der Kontrolle des russischen Geheimdienstes und des Militärs, Machthaber Alexander Lukaschenko sei nicht mehr souverän mit Belarus.

    Prigoschin ist nicht sicher in Belarus, weil russische Sicherheitskräfte das Land in großen Teilen kontrollieren.

    Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Er könne sich vorstellen, dass Prigoschin nicht auf Dauer in Belarus bleibe, sondern nach Afrika gehen werde, sagte der Osteuropa-Experte.

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