Experte über Ukraine-Hilfe: "Nicht das letzte" Waffenpaket
Interview
Militärexperte im ZDF:Mölling: "Nicht das letzte Paket" für Ukraine
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Verteidigungsexperte Mölling ist sich sicher, dass die Ukraine noch in den nächsten Jahren Unterstützung braucht. Dies sei die "Herausforderung, vor der Gesamteuropa" stehen würde.
Die Ukraine müsse "weiterhin über die nächsten Jahre unterstützt werden", so Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik.15.05.2023 | 5:53 min
Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hat das neue militärische Hilfspaket im Umfang von 2,7 Milliarden Euro, das die Bundesregierung der Ukraine zugesagt hat, als eine gute Unterstützung bezeichnet. "Wenn es jetzt schnell kommt, hilft es natürlich besonders gut", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.
Er sagte aber zugleich, dass die Ukraine in den nächsten Jahren auf weitere Hilfe angewiesen sein werde:
"Wir sind im Grunde in einer Phase, wo die Ukraine irgendwann mal von einem akuten Kriegszustand in einen Verteidigungs-, in einen Abschreckungszustand gehen muss", erklärte der Verteidigungsexperte.
Die Ukraine müsse "weiterhin kontinuierlich über die nächsten Jahre, wahrscheinlich sogar Jahrzehnte unterstützt werden", so Mölling. "Das ist die Herausforderung, vor der Deutschland, aber Gesamteuropa eigentlich, steht".
Bei seiner Stippvisite in Deutschland hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bundesregierung auch um weitere Unterstützung beim Aufbau einer "Kampfjet-Koalition" gebeten. Wie zielführend eine solche europäische Kampfjet-Allianz für die Ukraine wäre, hängt laut Christian Mölling von den genauen Forderungen der Ukraine ab.
Eine "super gemischte" Flugzeugflotte sei "logistisch gesehen die Hölle". Zudem seien Flugzeuge "unheimlich teuer" in der Versorgung.
Der Verteidigungsexperte stellt klar: Ohne Munition - zumindest in den Bereichen Artillerie und Infanterie - nutzen Waffen "gar nichts". "Es braucht die Munition", macht Mölling deutlich und spricht von der Suche nach "kreativen Lösungen".
Man müsse sich von dem Gedanken verabschieden, Munition für die Ukraine nur in Europa und von europäischen Herstellern zu beschaffen. "Das muss aus meiner Sicht ziemlich egal sein", sagt Mölling.
Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Ob die Gegenoffensive der Ukraine noch vorbereitet wird oder schon begonnen hat, sei ein Blick in die Glaskugel, so Mölling. Generell sei der Übergang zu einer Offensive eher schleichend. Aber: "Sie ist auf alle Fälle noch nicht voll im Gange".
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg der Frühjahrsoffensive sei allerdings letzte Woche bekannt geworden: Die Ukraine habe "endlich" Marschflugkörper mit langer Reichweite geliefert bekommen," erklärt Christian Mölling.
Dadurch müssten sich die russischen Truppen möglicherweise früher ergeben. "Sodass man einen Teil der Linien gar nicht durchbrechen muss, zumindest nicht gegen die Kampfkraft der russischen Verbände", erklärt Mölling weiter.
"Sie können niemanden zu einem Frieden zwingen, weder Putin noch die Ukraine", sagt Christian Mölling über mögliche Friedensverhandlungen. "Wichtig sei, dass das, was nachher als Endstatus herauskommt, nicht nur morgen, sondern auch übermorgen noch gilt."
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.