Färöer bei der EM: Ein Handball-Märchen aus dem Nordatlantik

    Färöer stellen EM auf den Kopf:Ein Handball-Märchen aus dem Nordatlantik

    von Erik Eggers
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    Schaffen die Färöer nach dem Remis gegen Mitfavorit Norwegen bei der Handball-EM den nächsten Coup? Unmöglich wäre es nicht, denn die Stärke der Färöer hat gute Gründe.

    Handball-EM 2024, Norwegen - Färöer Inseln am 13.01.2024: Trondur Mikkelsen (links) und Elias Ellefsen a Skipagotu, der den Treffer zum Unentschieden erzielte, jubeln kurz vor Abpfiff in Richtung der Färöer-Fans.
    Der größte Moment in der Handball-Geschichte der Färöer und eine der größten Überraschungen im Welthandball überhaupt: Das 26:26 des Teams aus dem Nordatlantik gegen Norwegen. Elias Ellefsen a Skipagotu lässt sich von Mitspieler Trondur Mikkelsen (links) und den Färöer-Fans für sein entscheidendes Tor feiern.
    Quelle: Imago / Mix1

    Einmal noch wird "Tú alfagra land mítt" in der Berliner Arena ertönen, die Hymne der Färöer-Inseln. "Oh, Du mein schönes Land" heißt der Titel. "Du herzliebes Land mein / mein teuerstes Gut! / Im Winter von Schnee fein / im Sommer so gut / du ziehst mich so innig / und dicht an die Brust", so beginnt das Stück, das die 5.000 Fans von den Inseln dann inbrünstig schmettern werden.

    Echter Gesang soll Färöer Hymne vom Band unterdrücken

    Die Hymne vom Band wird aber auch beim Spiel gegen die Polen (18 Uhr / ZDF-Livestream) kaum zu hören sein. Und das ist gewollt.
    "Die Verantwortlichen des Teams hatten darum gebeten, den Ton leise zu stellen, weil die Bank und die Spieler den Gesang ihrer Fans unbedingt hören wollten", erzählt Bernd Kühn vom Berliner EM-Organisationskomitee. "Diesem Wunsch hat die EHF entsprochen."

    1. Slowenien 64:54  4:0
    2. Norwegen 58:47 3:1
    3. Färöer 55:58 1:3
    4. Polen 46:64 0:4

    Mit einem deutlichen Sieg könnten die Färöer sogar in die Hauptrunde einziehen. In diesem Fall müsste aber Norwegen gegen Slowenien entsprechend hoch verlieren.

    Färöer schon zum Auftakt stark

    Der Gesang ihrer Fans hat die Handballer aus dem Nordatlantik ganz offensichtlich beseelt. Der krasse Außenseiter, dessen Teilnahme schon eine Überraschung war, hatte schon im ersten Spiel die Slowenen vor große Probleme gestellt. Am Ende verlor das Team von Trainer Peter Bredsdorff-Larson knapp mit 29:32.
    Berlin: Handball: EM, Färöer - Norwegen, Vorrunde, Gruppe D, 2. Spieltag, Fans der Mannschaft der Faröer Inseln begrüßen die Spieler mit leuchtenden Smartphones.
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    Als Spielmacher Elias Ellefsen á Skipagøtu dann gegen Norwegen mit dem Schlusspfiff das 26:26-Remis besiegelte, sorgte er auf den Tribünen für ekstatischen Jubel - der bisher emotionalste Moment dieser Europameisterschaft.

    Knapp zehn Prozent der Einwohner sind in Berlin

    Das Remis gegen einen der Turnierfavoriten darf man getrost als eine der größten Überraschungen in der Handballgeschichte verbuchen. Schließlich haben die Färöer, diese zwischen Island und Schottland gelegene Inselgruppe, nur gut 54.000 Einwohner. Allein in Deutschland gibt es über 170 Städte, in denen mehr Einwohner registriert sind.
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    Das Geheimnis des färingischen Handballwunders ist einerseits auf den starken dänischen Einfluss zurückzuführen - Trainer Bredsdorff-Larsen etwa ist Däne. Auf der anderen Seite profitierten die Spieler, die heute die EM rocken, in ihrer Jugend von sehr guten Trainingsbedingungen. "Wenn wir Handball spielen wollten, dann sind wir einfach in die Halle gegangen", erzählt Ellefsen á Skipagøtu.

    Färöer-Spieler bei Top-Klubs

    Der 21 Jahre alte Spielmacher ist nicht der einzige Färinger, den es in die skandinavischen Akademien zog, um Profi zu werden. Längst hat er den Sprung in die Weltspitze geschafft: Seit Sommer 2023 steht er beim THW Kiel unter Vertrag und spielt in der Champions League.
    Ellefsen á Skipagøtu ist schon der dritte Färinger in der besten Liga der Welt: Rechtsaußen Hakun West av Teigum kämpft mit den Füchsen Berlin um die Deutsche Meisterschaft. Auf der gleichen Position ist Johan Hansen bei der SG Flensburg-Handewitt unterwegs. Er wurde auf den Färöern in Torshavn geboren wurde, spielt aber für Dänemark.

    18-Jähriges Top-Talent

    Nicht ausgeschlossen, dass bald auch Olí Mittún in der Bundesliga aufläuft. Der 18-Jährige, ein Cousin von Ellefsen á Skipagøtu, gilt als eines der größten Rückraumtalente Europas. Auch Mittún, dessen individuelle Stärke unübersehbar ist, zählt schon zu den Stammkräften der Färinger.
    Die jungen Handballer von den Schafsinseln dürften demnächst sicher öfter an großen Turnieren teilnehmen. Und wenn nicht alles täuscht, dürfte die Zukunft des färingischen Handballs golden sein, selbst wenn es dem Team nicht gelingen sollte, sich für die Hauptrunde in Hamburg zu qualifizieren.

    "Armada" von Kinderwägen bei Färöer-Fans

    Denn die stets friedlichen Fans aus Torshavn, unter ihnen auch Ministerpräsident Aksel V. Johannesen, feiern in Berlin mit der gesamten Familie. Schon die Jüngsten werden ganz offensichtlich im Handball sozialisiert. "Ich habe noch nie so viele Kinderwagen bei uns in der Arena gesehen", sagt Organisator Kühn. "Das ist eine ganze Armada."
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