Story
Geothermie:Energiekrise: Lösung Erdwärme?
von Manfred Kessler
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Die Energiekrise mit explodierenden Kosten für Strom und Gas treibt die Suche nach Alternativen voran. Geothermie gilt als sauber und praktisch unerschöpflich. Ist sie die Lösung?
Familie Conring setzt auf Geothermie. Nach monatelangem Warten wegen Lieferengpässen und Genehmigungen, darf jetzt vor dem 30 Jahre alten Eigenheim gebohrt werden.17.11.2022 | 1:47 min
Forscher des Fraunhofer-Instituts sind zuversichtlich, dass Geothermie maßgeblich zur Deckung des Energiebedarfs beitragen kann. 25 Prozent des hiesigen Wärmebedarfs könnte dadurch gedeckt werden, so ihr Fazit.
"Den höchsten Wirkungsgrad hat die oberflächennahe Geothermie, also Bohrungen in circa 100 Metern Tiefe, aus denen die Wärme gewonnen wird", sagt Marek Miara vom Fraunhofer Institut ISE in Freiburg. Seit Jahren sammeln die Experten dort Daten. Hierfür haben sie 300 Häuser mit Sonden verkabelt.
Island deckt Wärmebedarf weitgehend über Geothermie
Ein Paradies für Geothermie ist Island. Die Vulkaninsel im Nordatlantik bietet aufgrund seiner besonderen geologischen Verhältnisse ideale Bedingungen. Das heiße Erdinnere liegt direkt unter der Oberfläche. Die Isländer nutzen die schier unendliche Energie zum Heizen ihrer Wohnungen und zur Erzeugung von Strom.
Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design
Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.
So kann das Land mit heißem Thermalwasser mittlerweile 90 Prozent seines Wärmebedarfs decken. Auch die Industrie greift auf diese günstige und emissionsfreie Energiequelle zurück. Der größte Stromverbraucher des Landes, eine Aluminiumschmelze, macht diese Vorteile zur Grundlage seines Geschäftsmodells – und kann weiter günstig produzieren, während Metallschmelzen in Europa ihre Produktion drosseln oder komplett einstellen müssen.
08.11.2022 | 0:37 min
In Mitteleuropa nimmt die Temperatur der Erde im Schnitt um rund drei Grad pro 100 Meter Tiefe zu. Geothermie kann die Erdwärme auf unterschiedliche Art nutzbar machen: Bei der tiefen Geothermie mit Bohrtiefen von mehr als 400 Metern wird Thermalwasser mit bis zu 150 Grad Celsius aus tiefen Erdschichten in Strom oder Wärme verwandelt. Bei der oberflächennahen Geothermie mit geringeren Bohrtiefen werden Wärmepumpen genutzt, mit deren Hilfe Einzelgebäude oder Wärmenetze beheizt werden.
Bundesweit sind - Stand Sommer - etwa 40 tiefe Geothermieanlagen in Betrieb und mehr als 440.000 oberflächennahe Erdwärme-Systeme. Mit 1,3 Terawattstunden klimaneutraler Wärme pro Jahr trage die Technologie schon jetzt zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen bei, so der Bundesverbandes Erneuerbare Energien im Juni. Allerdings ist der Beitrag der Tiefengeothermie zur Strom- und Wärmeversorgung bislang überschaubar: Die Anlagen decken laut Bundeswirtschaftsministerium nur 0,03 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland, in Wärmenetzen sind es 0,5 Prozent der Wärme.
Quelle: dpa
Bundesweit sind - Stand Sommer - etwa 40 tiefe Geothermieanlagen in Betrieb und mehr als 440.000 oberflächennahe Erdwärme-Systeme. Mit 1,3 Terawattstunden klimaneutraler Wärme pro Jahr trage die Technologie schon jetzt zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen bei, so der Bundesverbandes Erneuerbare Energien im Juni. Allerdings ist der Beitrag der Tiefengeothermie zur Strom- und Wärmeversorgung bislang überschaubar: Die Anlagen decken laut Bundeswirtschaftsministerium nur 0,03 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland, in Wärmenetzen sind es 0,5 Prozent der Wärme.
Quelle: dpa
Vor allem Privathaushalte nutzen Erdwärme
In Deutschland sind es vor allem Privathaushalte wie der von Jürgen Conring in Senden bei Münster, die sich für Erdwärme interessieren: Bei ihm steht ein großer Bohrturm in der Einfahrt. Er will mit Erdwärme heizen und erhält endlich seine langersehnte Wärmepumpe.
Große Nachfrage: Wärmepumpen06.09.2022 | 7:30 min
Fast ein Jahr lang müssen Kunden inzwischen darauf warten. Auf rund 160 Meter Tiefe bohrt die Firma, um dort genügend Wärme zu gewinnen, damit das ganze Einfamilienhaus beheizt werden kann. Das Besondere: Die Conrings wohnen in einem sogenannten "Bestandsbau", ein Haus, das 1993 gebaut wurde. Auch das geht inzwischen, dank moderner Wärmetauscher.
Interesse der Energieversorger an Geothermie wächst
Neben Privathaushalten sind auch immer mehr Energieversorger an Erdwärme interessiert. Sie bohren viel tiefer als private Hausbesitzer und holen aus 1.000 bis 4.000 Metern Tiefe Thermalwasser an die Oberfläche, das dann zur Wärmegewinnung genutzt wird. Rund um München stehen bereits über 20 dieser Wärmekraftwerke. In Unterhaching versorgt ein solches Kraftwerk derzeit 1.700 Haushalte.
Eine Wärmepumpe funktioniert ähnlich wie ein Kühlschrank - nur umgekehrt. Während der Kühlschrank dem Innenraum Wärme entzieht und diese nach außen abgibt, zieht eine Wärmepumpe je nach Bauart Außenwärme aus Boden, Wasser oder Luft. Der Vorteil: Es muss nur vergleichsweise wenig elektrischer Strom für den Antrieb aufgewandt werden.
Eine Wärmepumpenanlage besteht aus drei Teilen: Der Wärmequellenanlage, der eigentlichen Wärmepumpe und dem Verteil- und Speichersystem. Zunächst wird in der Wärmequellenanlage mit der Umweltwärme eine Flüssigkeit, meist eine Mischung aus Wasser und Frostschutzmittel, erwärmt. Dies ist auch bei kalten Außentemperaturen kein Problem: Ab einer Tiefe von rund 15 Metern herrschen das ganze Jahr über konstant etwa zehn Grad Celsius, Grundwasser hat eine Temperatur von sieben bis 14 Grad. Über die Wärmequellenanlage wird diese Wärmeenergie entnommen und in die eigentliche Wärmepumpe transportiert.
In der Wärmepumpe zirkuliert ein Kältemittel, das bereits bei niedrigen Temperaturen verdampft. Durch einen Kompressor wird der Kältemitteldampf verdichtet und erhitzt sich damit weiter - der gleiche physikalische Effekt wie bei einer Fahrradpumpe, die beim Pumpen ebenfalls heiß wird. Anschließend kondensiert das heiße Kältemittelgas in einem sogenannten Verflüssiger, gibt seine Wärme an die Heizanlage des Hauses ab und beginnt den Kreislauf in flüssiger Form erneut.
Die Heizanlage des Hauses, in der zumeist Wasser zirkuliert, nimmt die Wärme aus der Wärmepumpe auf und verteilt sie im Haus. Dabei gilt: Je niedriger die Heiztemperatur, desto effektiver die Wärmepumpe. Als besonders geeignet gelten deshalb Fußbodenheizungen - sie benötigen aufgrund der großen Fläche nur eine niedrige Vorlauftemperatur. Eine Wärmepumpe kann so eine einzige Kilowattstunde Strom in ungefähr vier bis sechs Kilowattstunden Wärme verwandeln.
Quelle: AFP
Eine Wärmepumpenanlage besteht aus drei Teilen: Der Wärmequellenanlage, der eigentlichen Wärmepumpe und dem Verteil- und Speichersystem. Zunächst wird in der Wärmequellenanlage mit der Umweltwärme eine Flüssigkeit, meist eine Mischung aus Wasser und Frostschutzmittel, erwärmt. Dies ist auch bei kalten Außentemperaturen kein Problem: Ab einer Tiefe von rund 15 Metern herrschen das ganze Jahr über konstant etwa zehn Grad Celsius, Grundwasser hat eine Temperatur von sieben bis 14 Grad. Über die Wärmequellenanlage wird diese Wärmeenergie entnommen und in die eigentliche Wärmepumpe transportiert.
In der Wärmepumpe zirkuliert ein Kältemittel, das bereits bei niedrigen Temperaturen verdampft. Durch einen Kompressor wird der Kältemitteldampf verdichtet und erhitzt sich damit weiter - der gleiche physikalische Effekt wie bei einer Fahrradpumpe, die beim Pumpen ebenfalls heiß wird. Anschließend kondensiert das heiße Kältemittelgas in einem sogenannten Verflüssiger, gibt seine Wärme an die Heizanlage des Hauses ab und beginnt den Kreislauf in flüssiger Form erneut.
Die Heizanlage des Hauses, in der zumeist Wasser zirkuliert, nimmt die Wärme aus der Wärmepumpe auf und verteilt sie im Haus. Dabei gilt: Je niedriger die Heiztemperatur, desto effektiver die Wärmepumpe. Als besonders geeignet gelten deshalb Fußbodenheizungen - sie benötigen aufgrund der großen Fläche nur eine niedrige Vorlauftemperatur. Eine Wärmepumpe kann so eine einzige Kilowattstunde Strom in ungefähr vier bis sechs Kilowattstunden Wärme verwandeln.
Quelle: AFP
Die Betreiber erleben wegen explodierender Gaspreise eine hohe Nachfrage. "Wir haben bislang 75 Häuser pro Jahr angeschlossen, derzeit fragen uns 200 an", berichtet Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching. Um immer mehr Haushalte an das Fernwärmenetz anzuschließen, wird in Unterhaching gerade viel gebaggert.
Mehrere Unfälle bei Geothermie-Bohrungen
Doch die Energie aus der Tiefe erlitt in Deutschland immer wieder Rückschläge: Mehrere Unfälle und durch die Bohrungen ausgelöste Erdbeben führten zu Bohrstopps. Eine Bürgerinitiative im Raum Kehl lehnt Tiefengeothermie inzwischen völlig ab. Der sensiblen Oberrheingraben sei bereits eine natürliche Erdbebenzone.
Im badischen Graben-Neudorf soll die sogenannte Geothermie Wärme für die Region Karlsruhe liefern. Die Methode ist umstritten. Nach Fehlbohrungen im badischen Staufen hatte es massive Schäden an Häusern gegeben.24.09.2022 | 4:39 min
Die Bürger befürchten zusätzliche Erschütterungen, eine Beschädigung von Gebäuden durch Rissbildung und eine Minderung des Wohnwertes. Immer wieder wurden nach Tiefenbohrungen auf französischer Seite Erdbeben bis zu einer Stärke von 2,3 gemessen.
Die Bundesregierung sieht vor allem die Chancen der Geothermie. Ihr Ziel: Jährlich sollen 500.000 Häuser mit Wärmepumpen ausgestattet werden. Angesichts von Lieferengpässen und Personalmangel im Handwerk halten Experten das für sehr ehrgeizig.
Mafred Kessler ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.
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