Gegentrends beim Klima:Sechs Klima-Entwicklungen, die hoffen lassen
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Die Klimakrise schreitet voran: steigende Temperaturen, Hochwasser, Dürren, Gletscherschmelzen. In einigen Lebensbereichen gibt es aber erste Gegentrends.
In manchen Bereichen gibt positive Signale beim Klimaschutz.
Quelle: dpa
Angesichts von Überschwemmungen, Dürren und schmelzender Gletscher kann leicht die Hoffnung schwinden, dass der menschengemachte Klimawandel noch zu bremsen ist.
Doch es gibt Signale, die Hoffnung geben können - wenn auch nicht gerade zahlreich, so Klimaforscher Mojib Latif im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei habe Deutschland als große Industrienation eine Vorbildrolle und - auch wenn die weltweite Bilanz ein anderes Bild zeige - tatsächlich schon "einiges erreicht".
Erneuerbare Energien
Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) brachte die damalige rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 die Energiewende auf den Weg. Das EEG regelt seither den Ausbau und die Förderung der erneuerbaren Energien in Deutschland. Sie sollen langfristig zum wichtigsten Energieträger werden.
"Dank dem EEG boomen sie heute und sind konkurrenzlos billig, auch mit Blick auf die Erzeugungskosten, ganz zu schweigen von den Folgekosten fossiler Energieträger."
Beim Ausbau sei noch ein weiter Weg zu gehen, aber er sei sichtbar. "Die Hoffnung wäre, dass die Politik jetzt so schnell die Rahmenbedingungen verändert, dass die Industrie sieht: Es gibt keinen anderen Weg als den der erneuerbaren Energien," betont Latif.
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Fleischproduktion
Die Fleischproduktion in Deutschland ist nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr gesunken - sie lag mit 7,0 Millionen Tonnen gut acht Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2021.
Die rückläufige Produktion dürfte mit den überdurchschnittlich gestiegenen Preisen zu tun haben wie auch mit der seit Jahren sinkenden Fleischlust der Deutschen.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch betont, der Fleischkonsum sinke zwar, sei aber nach wie vor viel zu hoch für Klima, Gesundheit und Tierwohl.
Immerhin: Im vergangenen Jahr seien pro Person 52 Kilogramm Fleisch verzehrt worden, rund 4,2 Kilogramm weniger als im Vorjahr, teilte das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) Anfang April mit, gestützt auf vorläufige Zahlen - der niedrigste Stand seit 1989.
Renaturierung
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) verweist auf das Aktionsprogramm "Natürlicher Klimaschutz". Darin stellt die Bundesregierung vier Milliarden Euro zur Verfügung - mehr als jemals zuvor in diesem Bereich - für die Renaturierung von Auen, Wäldern, Mooren oder Flusslandschaften.
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Weltweit werden noch immer Jahr für Jahr riesige Waldflächen vernichtet. Von der UN-Organisationen für Agrar (FAO) heißt es, die Entwaldung sei in den letzten Jahren weitergegangen, werde aber langsamer: Zwischen 2015 und 2020 wurde demnach die jährliche Abholzungsrate auf zehn Millionen Hektar geschätzt, im Vergleich zu jährlich 12 Millionen Hektar in den fünf Jahren zuvor.
Balkonkraftwerke
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) plant, den Bau von Solaranlagen zu beschleunigen. Erleichterungen soll es etwa für den Betrieb sogenannter Balkonkraftwerke geben, die es Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, mit einem Solarmodul auf dem eigenen Balkon selbst unkompliziert Strom zu erzeugen.
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Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagt: "Durch Balkonkraftwerke bekommt man plötzlich eine ganz andere Einstellung zu Stromerzeugung und Stromverbrauch. Sie sind für die Energiewende auch ein ganz entscheidender psychologischer Faktor, da Menschen selbst zum Teil der Energiewende werden und das bewusst erleben."
Verpackungen
In Deutschland fällt laut Umweltbundesamt im europaweiten Vergleich besonders viel Verpackungsmüll an; der Branchenverband Unverpackt zeigt sich trotzdem hoffnungsvoll: Das Bewusstsein für und die Nachfrage nach den Attributen unverpackt, bio und regional steige, deshalb "blicken wir optimistisch in die Zukunft", erklärt Projektkoordinatorin Lisa Schulze.
In dem Verband waren nach eigenen Angaben im März 274 geöffnete Unverpackt-Läden Mitglieder. In einem herausfordernden Umfeld sei die Zahl derzeit zwar rückläufig, der Verband habe aber 115 Mitglieder mit dem Status "Laden in Planung", "so dass wir mit weiteren Ladeneröffnungen rechnen können".
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Finanzindustrie
In der Finanzindustrie habe das Umdenken längst begonnen, sagt Klimaforscher Latif. Wo große Finanzdienstleister Geld anlegten, sei mit Blick auf die Energiewende sehr wichtig. In erneuerbare Energien zu investieren, sei profitabel, fossile Brennstoffe hingegen würden immer weniger profitabel.
"Wenn die Finanzbranche durch politische Rahmenbedingungen Sicherheit hätte", erklärt Latif, "dann gäbe es meiner Einschätzung nach kein Halten mehr. Der dem Kapitalismus innewohnende Wettbewerb könnte die Energiewende massiv beschleunigen."
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