Masken-Prozess um Andrea Tandler: Wohl mehrere Jahre Haft

    Prozess um Andrea Tandler:Masken-Affäre: Wohl mehr als vier Jahre Haft

    Peter Aumeier
    von Peter Aumeier, München
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    Andrea Tandler hatte 48,3 Millionen für die Vermittlung von Corona-Masken bekommen, aber nicht entsprechend Steuern gezahlt. Nun wird sie wohl mehr als vier Jahre in Haft kommen.

    04.10.2023, Bayern, München: Die Angeklagte Andrea Tandler (3.v.r) steht zu Prozessbeginn an ihrem Platz im Gerichtssaal vor ihren beiden Anwältinnen Cheyenne Blum (2.v.r) und Sabine Stetter (r).
    Im Jahr 2020 verdiente Andrea Tandler mit der Maskenvermittlung an Bund und Länder Millionen. Im Oktober startete der Prozess wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung.04.10.2023 | 1:40 min
    Es ist bereits kurz nach neun Uhr, als die Hauptangeklagte Andrea Tandler im Gerichtssaal im Münchner Strafjustizzentrum Platz nimmt. Dunkelblaues Kleid, dunkle Turnschuhe, die Hände übereinander gefaltet. So wird die Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler die nächste Stunde nahezu regungslos sitzen.
    Nur einmal schließt sie lange die Augen. Es passiert, als die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer Tandler vorwirft, es sei ihr darum gegangen, "möglichst wenig oder gar keine Steuern zu zahlen." Bewusst habe die Angeklagte den Namen ihres bekannten Vaters eingesetzt: "Der Name Tandler war ein Türöffner", sagt die Staatsanwältin: "Frau Tandler war ein Werbeprofi, sie wusste das."
    Bereits zu diesem Zeitpunkt ist klar, wie der Prozess voraussichtlich zu Ende gehen wird: mit einem Urteil, das Haftstrafen für Tandler und auch ihren Partner vorsehen wird.

    Tandler und Mitangeklagter müssen mit mehreren Jahren Haft rechnen

    Am letzten Verhandlungstag Anfang Dezember war es zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und den Verteidigern zu einem "Verständigungsgespräch", also einem sogenannten Deal gekommen. Unter Tränen hatte Tandler zuvor in der Verhandlung eigene Fehler eingestanden und damit den Weg für ein solches Verfahren möglich gemacht. Denn ohne ein Geständnis kann es auch keine Verständigung zwischen Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten geben.
    Tandler muss nun mit einer Strafe von vier Jahren und drei Monaten bis vier Jahren und neun Monaten rechnen. Für ihren Partner nannte die Vorsitzende Richterin einen Strafrahmen von drei Jahren und sechs Monaten bis vier Jahren. Dass beide zu den genannten Vorwürfen stehen, hatten die Verteidiger an diesem Prozesstag nochmals deutlich gemacht. Zudem sei die ausstehende Steuerschuld im vollen Umfang von den Beschuldigten beglichen worden. Wie viel Geld genau gezahlt wurde, blieb jedoch unklar.
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    Gericht will auf moralische Bewertung der Provisionszahlungen verzichten

    Konkret wurde Tandler vorgeworfen, die Provisionen rechtswidrig nicht als Einzelperson, sondern über eine Firma versteuert zu haben. Dadurch musste sie insgesamt deutlich weniger Steuern zahlen. Zudem soll ihr ehemaliger Partner und Mitangeklagter die Hälfte der Gesellschaftsanteile der damals neu gegründeten GmbH erhalten haben, obwohl er zuvor nichts eingebracht habe - darauf gründete der Vorwurf der Schenkungssteuerhinterziehung.
    Andrea Tandler hatte zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 für einen Schweizer Maskenlieferanten Geschäfte mit verschiedenen Behörden des Bundes und der Länder vermittelt. Dafür flossen - was für sich genommen legal ist - Provisionszahlungen von fast 50 Millionen Euro.
    Die Staatsanwaltschaft wirft Andrea Tandler und ihrem Partner aber vor, die Provisionen nicht korrekt versteuert und sich dadurch strafbar gemacht zu haben. Eine moralische Bewertung der Provisionszahlungen - das hatte ein Gerichtssprecher schon zu Beginn des Prozesses klar gemacht - würde bei diesem Verfahren jedoch nicht stattfinden.

    Verteidigerin: Tandler hat Fehler "eingesehen" - Kritik an öffentlicher Diskussion

    In Ihrem Plädoyer machte Tandlers Verteidigerin Sabine Stetter noch einmal klar:

    Meine Mandantin hat eingesehen, dass sie Fehler gemacht hat. Und sie hat sich mehrfach entschuldigt.

    Sabine Stetter, Anwältin von Andrea Tandler

    Kritisch ging sie jedoch auf die öffentliche Diskussion rund um ihre Mandantin ein: Tandler habe unzählige Drohungen, auch Morddrohungen erhalten.
    Zudem sei sie in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim ohne jede Rücksicht auf ihre inneren Erkrankungen behandelt worden. Selbst bei medizinischen Untersuchungen seien ihr die Hände mit Kabelbinder zusammengebunden gewesen. In Bezug auf Tandlers bekannten Vater sagte sie: "Dafür, dass sie in diese Familie hinein geboren wurde, kann sie nichts."
    Mit dem endgültigen Urteil wird am kommenden Freitag gerechnet.
    Peter Aumeier ist Redakteur im ZDF-Landesstudio München.

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